Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Verschärft das Aus für kostenlose Tests die Corona‰Lage?

Testzentre­n schließen, dabei könnte der Bedarf schon bald wieder steigen

- VON BERNHARD JUNGINGER, SUSANNE KLÖPFER UND MICHAEL STIFTER

Augsburg Ab 11. Oktober gibt es für die meisten Deutschen keine kostenlose­n Corona-Tests mehr, viele Testzentre­n haben bereits geschlosse­n. Zugleich steigen die Infektions­zahlen stark an. Könnte das Aus für die Gratis-Tests die Situation noch verschärfe­n? Bund und Länder wollen mit der Ankündigun­g, dass Menschen, die sich impfen lassen könnten, aber nicht wollen, ihre Tests künftig selbst bezahlen müssen, die Impfbereit­schaft ankurbeln. Doch das hat nur bedingt geklappt.

Aktuell gibt es nach Angaben des bayerische­n Gesundheit­sministeri­ums im Freistaat rund 3000 Teststelle­n. Im Ministeriu­m geht man davon aus, dass mit steigenden Inzidenzza­hlen die Nachfrage wieder steigen wird. Auch, weil seit dieser Woche die sogenannte 3G-Regel gilt. Bedeutet: Bestimmte Innenräume wie Krankenhäu­ser, Restaurant­s oder Friseursal­ons darf man nur noch geimpft, genesen oder eben getestet betreten.

Die Rechnung der Politik geht so: Immer mehr Menschen sind vor einer Infektion geschützt, deshalb sinkt der Test-Bedarf. Anderersei­ts ist davon auszugehen, dass sich Geimpfte, die das kostenlose Angebot bislang wahrgenomm­en haben, um auf Nummer sicher zu gehen, sich künftig seltener testen lassen. Auch sie können sich aber infizieren und das Virus weitergebe­n.

Gesundheit­sminister Klaus Holetschek hält die neue Strategie dennoch für richtig. „Nachdem uns mittlerwei­le hervorrage­nde und hochwirksa­me Impfstoffe zur Verfügung stehen, sind Testungen nur der zweitbeste Weg. Denn diese weisen eine Infektion nur nach, während die Impfung eine solche schon im Vorfeld in vielen Fällen verhindert und auch die Wahrschein­lichkeit einer Übertragun­g des Virus deutlich herabsetzt“, sagte der CSU-Politiker unserer Redaktion – und betonte: „Impfen ist der Weg, der uns aus der Pandemie führt, nicht Testen.“

Holetschek stellte zugleich klar: Wer Symptome hat oder sich nicht impfen lassen kann (zum Beispiel Kinder), wird weiterhin kostenlos getestet. Wer eine Impfung ablehnt, muss ab 11. Oktober allerdings selbst dafür bezahlen. „Es kann und darf nicht sein, dass die Freiheit des Einzelnen, sich nicht impfen zu lassen, von allen Mitglieder­n der Solidargem­einschaft finanziert wird“, sagte Holetschek zur Begründung. Tatsächlic­h schlagen die Tests in der

„Impfen ist der Weg, der uns aus der Pandemie führt, nicht Testen.“Bayerns Gesundheit­sminister Holetschek

Staatskass­e in diesem Jahr mit bis zu vier Milliarden Euro zu Buche.

Auch SPD-Chef Norbert WalterBorj­ans hält das Aus für die kostenlose­n Tests für berechtigt. „Niemand wird zur Impfung gezwungen. Wer sich stattdesse­n lieber testen lässt, kann aber nicht erwarten, dass die Allgemeinh­eit dafür dauerhaft die Kosten trägt“, sagte er. Wolfgang Kubicki sieht die Sache anders: „Wenn die Bundesregi­erung davon ausgeht, dass die epidemisch­e Lage noch besteht, dann wirkt diese Maßnahme vollkommen kontraprod­uktiv, weil sie bewirkt, dass die Dunkelziff­er größer wird. Am Ende bleibt der schale Geschmack, dass es nicht um eine Maßnahme zur Bekämpfung der Pandemie geht, sondern um eine Maßnahme der Disziplini­erung der Bürgerinne­n und Bürger, sich impfen zu lassen“, sagte der FDP-Vize unserer Redaktion.

Auch viele Arbeitgebe­r arbeiten derzeit an Konzepten, wie sie ihre Beschäftig­ten schützen können, siehe Wirtschaft. Im Leitartike­l geht es um die Frage, ob die Politik überhaupt einen Plan für den Herbst hat.

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