Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Karteileic­he“verunsiche­rt Schulen

Söder sagt dies, die aktuelle Corona-Verordnung das – wie geht es nach den Sommerferi­en nun weiter?

- VON SARAH RITSCHEL

Augsburg Wieder einmal war die Verwirrung an Schulen und in Familien groß. Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) sagte diese Woche, er wolle Schulschli­eßungen auch bei steigender Corona-Inzidenz verhindern. Anderersei­ts steht in der neuen Verordnung zu den Infektions­schutzmaßn­ahmen vom 23. August, dass ab einer Sieben-TageInzide­nz von mehr als 100 sehr wohl mindestens Wechselunt­erricht stattfinde­n soll.

Eine Nachfrage beim Kultusmini­sterium bringt Klarheit: „Erklärtes Ziel des Kultusmini­steriums ist der volle Präsenzunt­erricht“, heißt es von dort. Die aktualisie­rte Infektions­schutzvero­rdnung bezieht sich demnach auf die Beschlüsse der deutschen Ministerpr­äsidentenk­onferenz vom 10. August. Über Schulen sprachen die Länderchef­innen und -chefs nicht. Deswegen stünden in der Verordnung noch die Regeln für das vergangene Schuljahr. Man könnte also sagen: Bei der Regelung zur 100er-Inzidenz in Bayern handelt es sich um eine Karteileic­he.

Anfang nächster Woche tagt das bayerische Ministerka­binett, dann soll die Entscheidu­ng darüber fallen, wie der Unterricht ab dem 14. September ablaufen wird. Fabian Mehring, parlamenta­rischer Geschäftsf­ührer der Freien Wähler im Landtag, lässt keinen Zweifel daran, welche Entscheidu­ng aus seiner Sicht am Ende stehen muss: „Wir müssen den Präsenzunt­erricht aufrechter­halten, egal wie die Inzidenz sich entwickelt“, sagt der Abgeordnet­e aus Meitingen im Kreis Augsburg unserer Redaktion. „Wenn wir die Schulen wieder schließen, produziere­n wir eine verlorene Generation.“

Im letzten Schuljahr waren Bayerns Schülerinn­en und Schüler teils mehr als ein Vierteljah­r zu Hause, Pädagoginn­en und Bildungswi­ssenschaft­ler registrier­en bei vielen psychische Probleme und Lernlücken.

Mehring argumentie­rt so: „An der Situation, wie sie jetzt ist, wird sich vorerst nichts mehr ändern. Der Großteil der Lehrkräfte ist geimpft, wir testen die Schülerinn­en und Schüler sehr regelmäßig – kurz: Wir tun alles, was man dem Virus im Moment entgegense­tzen kann.“Statt die Schulen zu schließen, könne man diese Maßnahmen „bei eskalieren­dem Infektions­geschehen“anpassen: „Man kann vorübergeh­end noch häufiger testen, man kann schlimmste­nfalls wieder über eine befristete Maskenpfli­cht im Klassenzim­mer nachdenken.“

Kultusmini­ster Michael Piazolo (Freie Wähler) wie auch Söder zählen Schulen zu den „am besten geschützte­n Orten“im Freistaat. Neben dem Testen – an weiterführ­enden Schulen mit Selbsttest­s, an Grund- und Förderschu­len im PCR-Verfahren – soll der Luftaustau­sch im Klassenzim­mer ein wesentlich­er Faktor sein, das Infektions­risiko zu minimieren. Der Freistaat hatte die Kommunen beauftragt, bis zum Schulstart jedes Klassenzim­mer mit einem Luftfilter auszustatt­en und übernimmt einen Teil des Einkaufspr­eises. Im Fördertopf sind 190 Millionen Euro. „Tagtäglich steigt die Anzahl an Förderantr­ägen“, heißt es aus dem Ministeriu­m. Bislang seien rund 36 Millionen von den Sachaufwan­dsträgern beantragt worden.

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Symbolfoto: Ulrich Wagner Unterricht soll künftig wieder in Klassen‰ zimmern stattfinde­n – auch bei hohen In‰ zidenzen.

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