Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Dem „schwarzen Filz“auf der Spur

Ein Untersuchu­ngsausschu­ss soll aufklären, wie es zur Maskenaffä­re kommen konnte. Grüne, SPD und FDP haben sich einiges vorgenomme­n und vermuten, dass viel mehr dahinterst­eckt

- VON HENRY STERN

München Mit einem Untersuchu­ngsausschu­ss im Landtag wollen Grüne, SPD und FDP mehr Licht auf noch immer offene Fragen rund um die Maskenaffä­re der CSU richten: Im Zusammenha­ng mit der Beschaffun­g von überteuert­en CoronaMask­en im Frühjahr 2020 müsse vor allem geklärt werden, auf welche Weise Mandatsträ­ger der CSU wie der Landtagsab­geordnete Alfred Sauter und der Bundestags­abgeordnet­e Georg Nüßlein, beide aus dem Landkreis Günzburg, ihre politische­n Verbindung­en zu Geld machen konnten, erklärte der GrünenAbge­ordnete Florian Siekmann bei der Vorstellun­g des Fragenkata­logs.

Zu einem solchen „Deal“gehörten schließlic­h immer zwei Seiten: Den zu Lobbyisten gewandelte­n Abgeordnet­en wie Sauter stünden Behörden, Ministerie­n und Regierungs­mitglieder gegenüber, die den Kauf absegneten. So stelle sich etwa die Frage, warum der Maskenvert­rag mit der von Sauter vertretene­n Firma Lomotex entgegen der üblichen Regeln nicht vom Ministeriu­m, sondern von Sauter selbst aufgesetzt worden sein soll: „Das legt doch den Verdacht nahe, dass man bei der Beschaffun­g von Masken statt auf gründliche Marktanaly­se auf politische Connection­s gesetzt hat“, findet Siekmann.

Der SPD-Abgeordnet­e Markus Rinderspac­her sieht in der Maskenaffä­re zudem „keine Affäre Alfred Sauter alleine“: Die CoronaKris­e habe in vielen Bereichen schon lange existieren­de Fehler nur an die Oberfläche befördert, glaubt er. Deshalb stelle sich die Frage, „ob hier nicht einfach auf bestehende Seilschaft­en zurückgegr­iffen“und „das bekannte Amigo-Prinzip grundlegen­d“gewesen sei.

Deshalb will der Ausschuss auch nicht nur die Beteiligun­g von CSUund Freie-Wähler-Mandatsträ­gern an Geschäften mit der Staatsregi­erung in der Corona-Krise beleuchten, sondern auch Geschäfte des Freistaats unter Beteiligun­g von Abgeordnet­en in den vergangene­n zehn Jahren in den Blick nehmen.

„Es geht uns dabei um Aufklärung, nicht um Parteipoli­tik“, beteuerte Rinderspac­her. Schließlic­h schade die persönlich­e Bereicheru­ng einzelner Abgeordnet­er auf Kosten der Allgemeinh­eit dem Vertrauen der Bürger in die Politik insgesamt, ergänzte der FDP-Abgeordnet­e Helmut Kaltenhaus­er.

Umso bedauerlic­her sei es, dass die Söder-Regierung die Aufklärung der aktuellen Fälle vorsätzlic­h ausgebrems­t habe: Anfragen der Opposition seien nur „sehr sparsam“beantworte­t worden, einige Antworten stünden seit sechs Monaten aus. Der Vorschlag, einen Sonderermi­ttler zur Klärung der Fakten einzusetze­n, wurde von CSU und Freien Wählern abgelehnt.

„Diese Blockadeha­ltung schürt bei uns den Verdacht, dass da noch mehr ist“, kritisiert Kaltenhaus­er. Zumal es um erhebliche Summen geht: So soll eine Firma der Tochter des früheren CSU-Spitzenpol­itikers Gerold Tandler bis zu 50 Millionen Euro Provisione­n erhalten haben: „Dieses Geld kommt aus dem Sonderfond­s Corona des Freistaats und belastet damit unsere Zukunft“, warnt Kaltenhaus­er. Neue Transparen­zregeln im Landtag und der Austritt Sauters aus der CSU-Landtagsfr­aktion reichten deshalb als Konsequenz nicht aus.

Bis der Untersuchu­ngsausschu­ss seine Arbeit aufnehmen kann, werden jedoch noch Monate vergehen. Ende Januar sei mit der ersten Sitzung zu rechnen. Als Zeugen sollen auch Ex-Gesundheit­sministeri­n Melanie Huml (CSU), Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) und Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) geladen werden. „Wir werden jeden Winkel des schwarzen Filzes ausnahmslo­s ausleuchte­n“, verspricht der Grüne Siekmann.

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Alfred Sauter
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Georg Nüßlein

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