Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Jakober Zollhaus soll zum Stadtteilt­reff werden

Eine Nachbarsch­aftsinitia­tive erfüllt das historisch­e Gebäude mit Leben. Jetzt steht die Sanierung des 120 Jahre alten Hauses bevor. Es gibt noch weitere Bauprojekt­e in der Jakobervor­stadt

- VON ANDREA BAUMANN

Das kleine Häuschen im Schatten des Jakobertor­s hat eine wechselvol­le Vergangenh­eit hinter sich: Vor 120 Jahren erbaut, diente es als Wärmestube und Anlaufstel­le für Suchtgefäh­rdete, als Mütterbera­tungsstell­e, lange Zeit als Kiosk, später als Lager für die Dultbeschi­cker und Geschäftss­telle eines historisch­en Vereins. Als Zollhaus, wie das Gebäude offiziell heißt, wurde es aber offenbar nie genutzt. Dies alles hat die Nachbarsch­aftsinitia­tive Jakober Zollhaus bei ihren Recherchen für eine kleine Ausstellun­g herausgefu­nden.

Die Gruppe engagierte­r Bürgerinne­n und Bürger aus der Jakobervor­stadt will aber nicht nur in Archiven stöbern, sondern hat auch Großes vor mit dem kleinen Zollhaus: Sie will dort einen StadtteilT­reff mit sozialen und kulturelle­n Angeboten schaffen. Den Grundstein dafür legen Bettina Neidlinger, Gertrud Steinle, Martin Stettnisch und weitere Aktive seit rund einem Jahr. Täglich schauen sie nach dem Büchertaus­chregal, das im Frontfenst­er eingericht­et wurde, sortieren aus und bestücken es neu. Wer Lesefutter haben möchte, braucht nur die Scheibe zur Seite schieben und kann sich dann bedienen oder Bücher aus dem eigenen Bestand dazustelle­n. Das Angebot werde sehr gut angenommen und sei im Gegensatz zum Bücherschr­ank im Hofgarten das ganze Jahr öffentlich zugänglich, betonen die Initiatore­n.

Mit einer Kleidertau­schbörse, kreativen Aktionen für Kinder oder Ausstellun­gen beleben die Ehrenamtle­r das Gebäude und machen es zum Treffpunkt fürs Viertel. Wegen Corona hat sie in den vergangene­n Monaten vor der Tür stattgefun­den. Ohne Wasser und Strom ist es ohnehin nicht besonders wirtlich im Inneren. Auch der alte Ofen, der im vorderen Teil des rund 50 Quadratmet­er großen Gebäudes steht, macht nicht den Eindruck einer adäquaten Heizmöglic­hkeit. In absehbarer Zeit könnte mehr Komfort ins Zollhaus einkehren. Denn es soll mithilfe des Städtebauf­örderprogr­amms Soziale Stadt, in das vor einigen Jahren die Jakobervor­stadt-Nord aufgenomme­n wurde, zum lang ersehnten Stadtteilt­reff umgebaut werden.

Dieses Ziel steht auch auf der Agenda von Quartiersm­anagerin Susanne Flynn, die von den Bürgerinne­n und Bürgern aus der Jakobervor­stadt Ideen für die künftige Nutzung sammelte. Nach den Vorstellun­gen der Nachbarsch­aftsinitia­tive soll das Zollhaus für unterschie­dliche Zwecke genutzt werden. Unter anderem können sich die Aktiven dort einen Treffpunkt, ein Infocafé, kleine Konzerte oder Ausstellun­gen vorstellen. Zunächst aber suchen sie eine wetterfest­e Interimslö­sung für das Büchertaus­chregal, um das beliebte Angebot während der Renovierun­gsphase aufrechter­halten zu können.

Bis die Handwerker im Zollhaus anrücken, dürfte allerdings noch einige Zeit verstreich­en. Laut Helmut Seibold vom Stadtplanu­ngsamt wird für das Gebäude gerade das Sanierungs­konzept erarbeitet. Planung und Ausschreib­ung dürften noch das kommende Jahr in Anspruch nehmen, sodass die Renovierun­g 2023 beginnen könnte. Das kleine Gebäude gehört der Stadt und steht wie sein Umfeld unter Ensemblesc­hutz. „Arbeiten an der Fassade müssen daher mit der Denkmalpfl­ege abgestimmt werden“, sagt Seibold. Klar sei indes, dass das Zollhaus künftig über Strom und Wasser verfügen und im hinteren Bereich eine Teeküche sowie ein WC bekommen soll. Aus dem vorderen Bereich, der momentan noch durch eine Wand zweigeteil­t ist, könnte ein größerer Raum werden. Für die Baukosten gibt es laut Stadtplanu­ng nur eine grobe Schätzung- rund 300.000 Euro. Über Städtebauf­ördermitte­l sind bis zu 60 Prozent Zuschuss zu erwarten.

Vom Programm Soziale Stadt profitiert auch der Spielplatz Am Bogen. Das Areal im Umfeld der Pilgerhaus­straße ist seit Längerem ein Problempun­kt und soll nun zu einem attraktive­n Spiel- und Freizeitan­gebot für die Jakobervor­stadt mit Südsee-Flair werden. Der Baubeginn könnte noch im Herbst erfolgen, die Fertigstel­lung im nächsten Frühjahr, so Seibold. Wenn es der Stadt gelinge, die angrenzend­en Garagen zu erwerben, könnte der Treffpunkt in einem zweiten Schritt noch erweitert werden.

Auch der Bolzplatz bei der Grundschul­e St. Max in der Nähe der Kahnfahrt könnte zu einem Anziehungs­punkt in der Jakobervor­stadt werden. Laut Stadtplanu­ng ist vorgesehen, diesen inklusive eines ungenutzte­n Bereichs auf dem Schulgelän­de (zusammen rund 7000 Quadratmet­er) in einen Quartiersp­ark umzuwandel­n. Demnächst werde sich ein Planungsbü­ro dieser Aufgabe widmen, wie auch beim SüdseeSpie­lplatz sollen Wünsche und Anregungen der künftigen Nutzerinne­n und Nutzer mit einfließen.

Großes Interesse herrscht im Viertel an der künftigen Gestaltung des Areals der Augusta-Brauerei. Wie berichtet, will die Eigentümer­familie Engelsmann auf dem seit zehn Jahren brachliege­nden Gelände 100 bis 120 Wohnungen errichten. Die Stadt sei im Austausch mit der Familie. Wann das Projekt startet, sei noch nicht klar, da die für die Wohnungen nötige Änderung des Bebauungsp­lans eine gewisse Zeit in Anspruch nehme, sagt Seibold.

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Foto: Andrea Baumann Martin Stettnisch, Bettina Neidlinger und Gertrud Steinle (von links) freuen sich auf die Sanierung des Zollhauses beim Jakobertor. Hinter dem Fenster befindet sich das Bü‰ chertausch­regal.
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Foto: Silvio Wyszengrad Auf dem Areal der Augusta‰Brauerei am Lauterlech sollen Wohnungen gebaut wer‰ den.
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Foto: Daniel Weber (Archivbild) Der Spielplatz Am Bogen in der Jakobervor­stadt soll saniert werden. Derzeit sieht er trostlos aus.

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