Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Jakober Zollhaus soll zum Stadtteiltreff werden
Eine Nachbarschaftsinitiative erfüllt das historische Gebäude mit Leben. Jetzt steht die Sanierung des 120 Jahre alten Hauses bevor. Es gibt noch weitere Bauprojekte in der Jakobervorstadt
Das kleine Häuschen im Schatten des Jakobertors hat eine wechselvolle Vergangenheit hinter sich: Vor 120 Jahren erbaut, diente es als Wärmestube und Anlaufstelle für Suchtgefährdete, als Mütterberatungsstelle, lange Zeit als Kiosk, später als Lager für die Dultbeschicker und Geschäftsstelle eines historischen Vereins. Als Zollhaus, wie das Gebäude offiziell heißt, wurde es aber offenbar nie genutzt. Dies alles hat die Nachbarschaftsinitiative Jakober Zollhaus bei ihren Recherchen für eine kleine Ausstellung herausgefunden.
Die Gruppe engagierter Bürgerinnen und Bürger aus der Jakobervorstadt will aber nicht nur in Archiven stöbern, sondern hat auch Großes vor mit dem kleinen Zollhaus: Sie will dort einen StadtteilTreff mit sozialen und kulturellen Angeboten schaffen. Den Grundstein dafür legen Bettina Neidlinger, Gertrud Steinle, Martin Stettnisch und weitere Aktive seit rund einem Jahr. Täglich schauen sie nach dem Büchertauschregal, das im Frontfenster eingerichtet wurde, sortieren aus und bestücken es neu. Wer Lesefutter haben möchte, braucht nur die Scheibe zur Seite schieben und kann sich dann bedienen oder Bücher aus dem eigenen Bestand dazustellen. Das Angebot werde sehr gut angenommen und sei im Gegensatz zum Bücherschrank im Hofgarten das ganze Jahr öffentlich zugänglich, betonen die Initiatoren.
Mit einer Kleidertauschbörse, kreativen Aktionen für Kinder oder Ausstellungen beleben die Ehrenamtler das Gebäude und machen es zum Treffpunkt fürs Viertel. Wegen Corona hat sie in den vergangenen Monaten vor der Tür stattgefunden. Ohne Wasser und Strom ist es ohnehin nicht besonders wirtlich im Inneren. Auch der alte Ofen, der im vorderen Teil des rund 50 Quadratmeter großen Gebäudes steht, macht nicht den Eindruck einer adäquaten Heizmöglichkeit. In absehbarer Zeit könnte mehr Komfort ins Zollhaus einkehren. Denn es soll mithilfe des Städtebauförderprogramms Soziale Stadt, in das vor einigen Jahren die Jakobervorstadt-Nord aufgenommen wurde, zum lang ersehnten Stadtteiltreff umgebaut werden.
Dieses Ziel steht auch auf der Agenda von Quartiersmanagerin Susanne Flynn, die von den Bürgerinnen und Bürgern aus der Jakobervorstadt Ideen für die künftige Nutzung sammelte. Nach den Vorstellungen der Nachbarschaftsinitiative soll das Zollhaus für unterschiedliche Zwecke genutzt werden. Unter anderem können sich die Aktiven dort einen Treffpunkt, ein Infocafé, kleine Konzerte oder Ausstellungen vorstellen. Zunächst aber suchen sie eine wetterfeste Interimslösung für das Büchertauschregal, um das beliebte Angebot während der Renovierungsphase aufrechterhalten zu können.
Bis die Handwerker im Zollhaus anrücken, dürfte allerdings noch einige Zeit verstreichen. Laut Helmut Seibold vom Stadtplanungsamt wird für das Gebäude gerade das Sanierungskonzept erarbeitet. Planung und Ausschreibung dürften noch das kommende Jahr in Anspruch nehmen, sodass die Renovierung 2023 beginnen könnte. Das kleine Gebäude gehört der Stadt und steht wie sein Umfeld unter Ensembleschutz. „Arbeiten an der Fassade müssen daher mit der Denkmalpflege abgestimmt werden“, sagt Seibold. Klar sei indes, dass das Zollhaus künftig über Strom und Wasser verfügen und im hinteren Bereich eine Teeküche sowie ein WC bekommen soll. Aus dem vorderen Bereich, der momentan noch durch eine Wand zweigeteilt ist, könnte ein größerer Raum werden. Für die Baukosten gibt es laut Stadtplanung nur eine grobe Schätzung- rund 300.000 Euro. Über Städtebaufördermittel sind bis zu 60 Prozent Zuschuss zu erwarten.
Vom Programm Soziale Stadt profitiert auch der Spielplatz Am Bogen. Das Areal im Umfeld der Pilgerhausstraße ist seit Längerem ein Problempunkt und soll nun zu einem attraktiven Spiel- und Freizeitangebot für die Jakobervorstadt mit Südsee-Flair werden. Der Baubeginn könnte noch im Herbst erfolgen, die Fertigstellung im nächsten Frühjahr, so Seibold. Wenn es der Stadt gelinge, die angrenzenden Garagen zu erwerben, könnte der Treffpunkt in einem zweiten Schritt noch erweitert werden.
Auch der Bolzplatz bei der Grundschule St. Max in der Nähe der Kahnfahrt könnte zu einem Anziehungspunkt in der Jakobervorstadt werden. Laut Stadtplanung ist vorgesehen, diesen inklusive eines ungenutzten Bereichs auf dem Schulgelände (zusammen rund 7000 Quadratmeter) in einen Quartierspark umzuwandeln. Demnächst werde sich ein Planungsbüro dieser Aufgabe widmen, wie auch beim SüdseeSpielplatz sollen Wünsche und Anregungen der künftigen Nutzerinnen und Nutzer mit einfließen.
Großes Interesse herrscht im Viertel an der künftigen Gestaltung des Areals der Augusta-Brauerei. Wie berichtet, will die Eigentümerfamilie Engelsmann auf dem seit zehn Jahren brachliegenden Gelände 100 bis 120 Wohnungen errichten. Die Stadt sei im Austausch mit der Familie. Wann das Projekt startet, sei noch nicht klar, da die für die Wohnungen nötige Änderung des Bebauungsplans eine gewisse Zeit in Anspruch nehme, sagt Seibold.