Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Gastronomie sucht Helfer
Vielen Betrieben im Landkreis Augsburg mangelt es an Personal. Das erschwert trotz gelockerter Auflagen den Neustart nach der Corona-Pandemie. Woran liegt es?
Vielen Betrieben im Landkreis Augsburg mangelt es an Personal. Das erschwert trotz gelockerter Auflagen den Neustart nach der Pandemie.
Landkreis Augsburg Mit Freunden den Abend im Biergarten ausklingen lassen, zum Jahrestag in ein schickes Restaurant gehen. Seit einigen Monaten ist das im Landkreis Augsburg wieder möglich - wenn auch in beschränktem Rahmen. Der Grund: fehlendes Service- und Küchenpersonal. Im Lockdown mussten viele Gastronomiebetriebe schließen, das Personal wanderte in andere Branchen ab. Die Suche nach neuem Personal gestaltet sich seitdem schwierig. Weniger Plätze oder eingeschränkte Öffnungszeiten in Gaststätten und Restaurants sind die Folge.
So etwa in Gersthofen. Geschäftsführer Sebastian Kahl übernahm den Gasthof Strasser im August 2020 - mitten in der Corona-Pandemie. Einen normalen Betrieb kennt der Gastwirt im Strasser gar nicht. Er und sein Wirtshaus sind vom Personalmangel stark getroffen. „Vier Aushilfen sind in den letzten Monaten gegangen. Das sind 80 Prozent an Personal, das einfach wegfällt“, so Kahl. Sowohl in der Küche als auch im Service sei es sehr schwierig, Personal zu bekommen. Der Betrieb an sich laufe zwar, aber nur mit niedrigeren Kapazitäten. „Und trotzdem hat man schon jetzt nicht genug Mitarbeiter für das Tagesgeschäft“, erklärt der Geschäftsführer. Der Wirtshausbetrieb sei auf etwa 70 Prozent heruntergefahren. Derzeit ist in dem Traditionslokal entweder die Terrasse oder der Innenbereich geöffnet. Um beides gleichzeitig zu öffnen, fehlt das Personal. Der Wirt hofft, dass nächstes Jahr endlich wieder größere Events im Gasthof stattfinden könnten. Zuletzt wurden einige im Festsaal geplante Veranstaltungen storniert.
Mehr Glück hatten Stefanie und Oliver Daute, Pächter des Zusmarshauser Bräustüberls. Das Team habe sich zwar verändert, der Betrieb laufe aber weiterhin gut. „Wir haben einige Mitarbeiter verloren, aber das lag weniger an der Pandemie. Es sind dann auch viele neue junge Leute dazugekommen“, so Stefanie Daute. Um das Personal zu entlasten, wurde in der Wirtsstube ein zusätzlicher Ruhetag eingeführt. Die Angestellten in der Küche konnten durch To-Go-Betrieb auch im Lockdown beschäftigt bleiben, die Probleme beim Personal gebe es eher im Service, erzählt die Pächte
Sie hofft, dass die kommenden Regelungen so ausfielen, dass Gastronomen sie gut und ohne erhebliche finanzielle Einbuße durchsetzen können.
Peter Müller ist Inhaber der Königsbrunner Chocolaterie Müller. Um die 60 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen beschäftigt er derzeit. In den vergangenen anderthalb Jahren haben ihn rund zehn Aushilfskräfte auf eigenen Wunsch verlassen. Seit Juni, dem Zeitpunkt, an dem er das Café nach dem Lockdown wieder öffnen durfte, sucht er händeringend nach neuen Aushilfen. „Wir nehmen so viele, wie wir kriegen können“, erklärt der Gastronom.
Aber warum sind so viele Aushilfskräfte gegangen? Müller sieht die Ursache in der Politik: „Während des Lockdowns wurde gesagt, Personal aus der Gastronomie solle in einen Pflege- oder Dienstleistungsberuf gehen - die Leute wurden abgeworben. Jetzt fehlen sie uns.“
Diese Erfahrung machte auch Bernhard Weis vom Grünen Kranz. Die Belegschaft des Großaitinger Landgasthofs hat sich durch Corona von fünf auf zweieinhalb halbiert. Einen Mitarbeitenden hat Weis an die Altenpflege verloren, denn dort gebe es ein besseres Gehalt und geregeltere Arbeitszeiten als in der Gastrobranche, erklärt er. Ein weiterer Angestellter des Grünen Kranzes hat ebenfalls die Branche gewechselt - zu unsicher sei die Lage in der Gastronomie während der Pandemie gewesen.
Weis erklärt, dass auch ihm neben einem neuen Koch „die typischen Aushilfskräfte“fehlten: „Früher sind noch Studentinnen zum Kellrin. nern gekommen. Von denen erhalten wir gar keine Bewerbungen mehr.“Der Gastronom hat mitbekommen, dass viele, die früher in den Semesterferien gekellnert haben, nun im Impf- oder Testzentrum aushelfen.
Dass das Personal, das aktuell in der Gastronomie fehlt, während der Pandemie in andere Branchen abgewandert ist, beobachtet auch Gabi Dreisbach. Die Königsbrunnerin ist stellvertretende Kreisvorsitzende des bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands und leitet das Königsbrunner Hotel Zeller. Sie sagt: „Noch vor der Corona-Krise haben sich viele Studenten ihren Unterhalt in der Gastronomie verdienen können. Als das wegfiel, mussten sie dann in den Einzelhandel, in den Baumarkt, an Tankstellen oder woandershin.“
Die hohe Nachfrage nach Aushilfen in der Gastronomie bestätigen die Zahlen der Agentur für Arbeit: Im Juli vermeldet die Behörde für den Landkreis Augsburg 33 freie Stellen in der Gastronomie, darunter 23 für Hilfs- und zehn für Fachkräfte. Für den Bereich Speisenzubereitung, wozu auch Köche zählen, gibt es aktuell 46 freie Stellen. Hier sind allerdings mehr Fachkräfte gefragt und nur 17 Hilfskräfte gesucht.
Laut Dreisbach gebe es in der Gastronomie schon seit Jahren Personalmangel: „Es hat jedoch eine neue Dimension erreicht.“Unattraktive Arbeitszeiten mit Abendund Wochenendschichten sind kein Geheimnis. Dreisbach erklärt: „Man muss als Arbeitgeber deshalb Anreize schaffen: mit übertariflichem Gehalt, flexiblen Arbeitszeiten und gutem Arbeitsklima.“