Augsburger Allgemeine (Land Nord)
ÖVP feiert Kurz
Der Bundeskanzler bekommt Rückhalt für seine restriktive Politik
St. Pölten In den eigenen Reihen ist Österreichs Bundeskanzler unangefochten. Sebastian Kurz ist am Samstag mit einer überragenden Mehrheit als Chef der konservativen ÖVP wiedergewählt worden. Auf dem Bundesparteitag in St. Pölten holte er 99,4 Prozent der Stimmen. Obwohl seine Koalition mit den Grünen nicht gerade harmonisch läuft und sich Kurz und einige seiner Vertrauten mit juristischen Ermittlungen herumschlagen müssen, steht die ÖVP hinter dem 35-Jährigen. In seiner Parteitagsrede stilisierte er sich als Zielscheibe der Opposition und als Verfechter eines harten Kurses in der Migrationspolitik. Der Kanzler sprach die laufenden Ermittlungen gegen ihn wegen einer möglichen falschen Zeugenaussage an, die er vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu Korruption gemacht haben soll. Die Anzeige sei das Ergebnis einer immer aggressiveren Oppositionspolitik. Es habe Tage gegeben, wo er „alles infrage gestellt“habe. Doch er werde weitermachen: „Die Erfahrung hat mich eigentlich noch belastbarer gemacht. Sie hat mich stärker gemacht, und sie hat mich noch entschlossener gemacht.“
Kurz schwor die ÖVP auf eine restriktive Flüchtlingspolitik ein. „Für eine Demokratie ist es extrem entscheidend, wer hier lebt und woran die Menschen glauben“, sagte er. Aus Verantwortung für das Land dürften nicht mehr Menschen aufgenommen werden als integriert werden können, sagte er auch im Hinblick auf die Situation in Afghanistan. Zuletzt hatte er sich trotz der dramatischen Situation nach der Machtübernahme der Taliban dagegen ausgesprochen, Flüchtlingen aus dem Land Schutz zu gewähren. Für sein Bündnis mit den Grünen wird das zur Belastungsprobe.
Seit Kurz die Konservativen anführt, hat die Partei zwei Parlamentswahlen gewonnen. Laut einer Umfrage von Anfang August liegt die ÖVP derzeit mit 35 Prozent weit vor den oppositionellen Sozialdemokraten und der rechten FPÖ, die beide auf jeweils rund 20 Prozent kommen. Die Grünen stagnieren bei zwölf Prozent.