Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Uniklinik sieht die vierte Welle mit Sorge

Familienbe­suche im Ausland sind laut Stadt für viele Corona-Infektione­n in Augsburg verantwort­lich. Wie ist die Lage – und was bedeuten die neuen bayerische­n Regeln für Plärrer, FCA und AEV?

- VON JÖRG HEINZLE

Die Corona-Infektione­n in Augsburg nehmen wieder zu – die Sieben-Tage-Inzidenz liegt inzwischen deutlich über 100. Wie ist die Situation an der Uniklinik?

Wie die Uniklinik mitteilt, verzeichne­t das Augsburger Großkranke­nhaus seit voriger Woche wieder eine „deutliche Zunahme“an Patientinn­en und Patienten, die an Corona erkrankt sind. Besonders die hohe Zahl an Patienten auf den Intensivst­ationen sei bedenklich. Laut den Zahlen der Klinik mussten am Dienstag 14 Betroffene auf der Intensivst­ation betreut werden - so viele wie zuletzt Anfang Juni. „Diese Personen belegen jetzt Intensivbe­tten, die wir so dringend für Nicht-Covid-Patienten benötigen“, sagt Professor Helmut Messmann, Direktor der III. Medizinisc­hen Klinik. Täglich müsse man deshalb eigentlich zwingend notwendige Tumor-Operatione­n verschiebe­n. Die Belastung des Personals sei hoch, deshalb sei das Klinikum mit Personalen­gpässen konfrontie­rt. Der Mediziner sagt: „Ich sehe mit Sorge die vierte Welle der Nicht-Geimpften und würde mir eine ähnliche hohe Impfbereit­schaft wie in Spanien, Portugal oder Dänemark wünschen.“

Wer muss aktuell besonders häufig mit Corona in der Uniklinik behandelt werden?

Corona trifft aktuell vor allem die Ungeimpfte­n. Von den 24 Patientinn­en und Patienten, die am Dienstag insgesamt in der Augsburger Uniklinik behandelt wurden, waren 23 nicht geimpft. Bei dem geimpften Patienten handelt es sich laut Klinik um eine Person, die in der Türkei einen chinesisch­en Impfstoff erhalten hatte. Anders als in den CoronaWell­en zuvor sei das Durchschni­ttsalter der Betroffene­n mit unter 50 Jahren nun deutlich niedriger. Professor Helmut Messmann sagt: „Trotz des jungen Alters der Patientinn­en und Patienten sehen wir derzeit zum Teil sehr schwere Verläufe.“Dass sich derzeit vor allem Ungeimpfte mit dem Virus infizieren, geht auch aus den Zahlen des Augsburger Gesundheit­samtes hervor. Etwa 90 Prozent der Infizierte­n in den vergangene­n Wochen seien nicht oder nicht vollständi­g geimpft gewesen, sagt Dr. Thomas Wibmer, der stellvertr­etende Leiter des Amtes.

Worauf lassen sich die Corona-Infektione­n in Augsburg derzeit zurückführ­en und gibt es besonders betroffene Stadtteile?

Viele Infizierte bringen das Virus aktuell von Reisen aus dem Ausland mit. Betroffene­n sind vor allem Augsburger­innen und Augsburger, die ihre Heimat in Südosteuro­pa besucht haben - überwiegen­d geht es derzeit um die Türkei, Bosnien und den Kosovo. Diese Fälle machen nach Angaben der Stadt im Moment rund 40 Prozent des Infektions­geschehens aus.

Mit Sorge sieht das Gesundheit­samt deshalb auch den sprunghaft­en Anstieg der Corona-Inzidenzen in südosteuro­päischen Ländern, aus welchen derzeit viele Augsburger­innen und Augsburger von Familienbe­suchen, Feierlichk­eiten oder Familienur­lauben zurückkehr­en. So sei beispielsw­eise im Kosovo die Inzidenz von unter zehn Ende Juli auf über 700 im August rasant angestiege­n, worauf zuletzt auch Infektione­n bei Augsburger­n zurückzufü­hren seien. Überdurchs­chnittlich betroffen von Infektions­fällen sind, wie auch schon in der Vergangenh­eit, aktuell die Stadtteile Oberhausen und Lechhausen.

Mit welcher Entwicklun­g bei den Corona-Zahlen rechnet die Stadt in der nächsten Zeit – und wie stark betroffen sind Kinder und Jugendlich­e?

Der R-Wert liegt in Augsburg aktuell bei 1,34. Dieser Wert gibt an, wie viele Personen im Schnitt von einem oder einer Infizierte­n angesteckt werden. Liegt der Wert über 1, breitet sich das Virus weiter aus. Zuletzt ist der R-Wert in Augsburg zwar wieder etwas zurückgega­ngen. Dennoch rechnet man im Gesundheit­samt mit weiter steigenden Fallzahlen. Ähnlich wie im vergangene­n Jahr spielten derzeit die Reisen eine große Rolle. Im Herbst kommt dann nach Einschätzu­ng der Behörde noch hinzu, dass sich das Virus in den kälteren Monaten generell stärker verbreite.

Spannend dürfte auch die Entwicklun­g nach den Sommerferi­en werden. An den Schulen und in den Kitas werden viele ungeimpfte Kinder und Jugendlich­e zusammenko­mmen - vor allem bei allen unter zwölf Jahren, für die es aktuell keinen zugelassen­en Impfstoff gibt. Schon jetzt sind die Jüngeren in Augsburg besonders stark betroffen. Die Sieben-Tage-Inzidenz ist laut RKI in der Altersgrup­pe der fünf- bis 14-jährigen Augsburger mit 246 derzeit am höchsten. Am wenigsten betroffen sind die älteren Menschen in Augsburg, bei denen auch die Impfquote sehr hoch ist: Bei den Über-80-Jährigen liegt die Inzidenz derzeit nur bei 11.

In Bayern ist ab Donnerstag nicht mehr die Inzidenz entscheide­nd für die Corona-Regeln, sondern eine neue Krankenhau­s-Ampel. Was bedeutet das für die Regeln in Augsburg?

Es bleibt in vielen Bereichen bei der 3G-Regel, die wegen der gestiegene­n Fallzahlen ohnehin schon seit Kurzem galt. Das heißt, wer in ein Lokal, ins Kino, zum Friseur oder ins Fitnessstu­dio will, muss entweder geimpft, genesen oder negativ getestet sein. Neu hinzu kommt die 3G-Regel beim Vergnügung­spark auf dem Plärrer, der noch bis zum 12. September aufgebaut ist - hier war bisher kein Impfoder Testnachwe­is erforderli­ch. Wieder möglich sind größere Veranstalt­ungen, auch in Innenberei­chen.

Für die Augsburger Panther bedeutet das, dass wohl bis zu 5600 Fans wieder die Eishockey-Spiele im Curt-Frenzel-Stadion besuchen können. Beim FC Augsburg könnten nach den neuen Regeln wohl zwischen 17.000 und 18.000 Fußballfan­s ins Stadion - auch jeweils mit der 3G-Regel. Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) begrüßt die neuen Regeln in Bayern. Sie seien eine „zukunftsfä­hige Lösung für den Umgang mit der Pandemie“, sagt sie.

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Foto: Universitä­tsklinikum Augsburg An der Uniklinik in Augsburg ist die Zahl der Corona‰Patienten zuletzt wieder gestiegen.
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