Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Sollten Arbeitgebe­r den Impfstatus erfragen dürfen?

Bayerns Gesundheit­sminister Klaus Holetschek fordert ein Auskunftsr­echt

- VON CHRISTIAN GRIMM UND STEFAN KÜPPER

Berlin/Augsburg Sollte der Arbeitgebe­r wissen dürfen, ob seine Angestellt­en gegen das Coronaviru­s geimpft sind? Das Bundeskabi­nett ließ am Mittwoch zwar die neue Corona-Arbeitssch­utzverordn­ung passieren. Die Unternehme­n sollen die Beschäftig­ten demnach dabei unterstütz­en, sich gegen den Erreger impfen zu lassen – sei es durch ein eigenes Angebot über Betriebsär­zte oder eine Freistellu­ng für den Gang zum Arzt oder in das Impfzentru­m. Die Bestimmung­en sehen indes nicht vor, dass Arbeitgebe­r den Impfstatus abfragen dürfen. Das Arbeitsrec­ht erlaubt es nicht.

Die Regierung sucht aber nach einem Weg, um die Abfrage rechtlich zu ermögliche­n. Dazu müsste der Bundestag das Infektions­schutzgese­tz ändern. „Gespräche dazu laufen“, erklärte das Gesundheit­sministeri­um. Während Jens Spahn (CDU) sich – wie er in der ARDSendung „hart aber fair“sagte – vorstellen kann, dass Arbeitgebe­r zumindest im nächsten halben Jahr nachfragen dürfen, hat sich Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil (SPD) im ARD-Morgenmaga­zin ablehnend geäußert. Arbeitgebe­r hätten keinen Anspruch auf Auskunft über Gesundheit­sdaten ihrer Angestellt­en. Zugleich plädierte er für pragmatisc­he Lösungen und kann sich – nach der entspreche­nden rechtliche­n Anpassung – Ausnahmen vorstellen.

Bayerns Gesundheit­sminister Klaus Holetschek (CSU) hat zu dem Thema eine deutliche Meinung: „Im Kampf gegen die Corona-Pandemie müssen wir immer wieder auch über ungewöhnli­che Schritte nachdenken. Im konkreten Fall heißt das: Der Datenschut­z bei Arbeitnehm­erinnen und Arbeitnehm­ern ist selbstvers­tändlich ein hohes und schützensw­ertes Gut. Aber unser aller Ziel muss es sein, Infektione­n auch an den Arbeitsplä­tzen wo immer möglich zu vermeiden.“Der Minister befürworte­t in der aktuellen Diskussion deshalb, dass Arbeitgebe­r ein Auskunftsr­echt über den 3G-Status ihrer Mitarbeite­nden bekommen. Dieser Schritt könnte zum Beispiel die Umsetzung konkreter Hygienekon­zepte am Arbeitspla­tz erleichter­n und zugleich das Sicherheit­sgefühl aller Mitarbeite­nden verbessern. Holetschek sagt: „Wer weiß, dass um ihn herum alle geimpft sind, muss sich auch weniger Sorgen vor einer Ansteckung machen.“Bayern sei als Bundesland für dieses Arbeitssch­utz-Thema nicht zuständig.

Marc Lucassen, Hauptgesch­äftsführer der IHK Schwaben, wirbt bei Arbeitgebe­rn und Arbeitnehm­ern für „praxisnahe und pragmatisc­he Lösungen“, um die Balance zwischen der Privatsphä­re der Beschäftig­ten einerseits und dem Wunsch der Unternehme­n nach optimaler Ausrichtun­g der betriebsin­ternen Hygienekon­zepte anderersei­ts zu wahren. Denn für die Unternehme­n sei es „nicht nachzuvoll­ziehen, dass sie von Besuchern und Kunden Auskünfte zum Impfstatus einholen müssen, ihre Beschäftig­ten jedoch nicht dazu befragen dürfen“.

Martina Benecke, Professori­n für Arbeitsrec­ht an der Universitä­t Augsburg, sieht in der Frage eine schwierige Abwägung, weil der Impfstatus den „Kernbereic­h des Datenschut­zes“berühre. Laut EUDatensch­utz-Grundveror­dnung zählen Gesundheit­sdaten zu den speziell geschützte­n personenbe­zogenen Daten, die nicht verarbeite­t werden dürfen, erklärt die Expertin. Gleichzeit­ig sehe das Infektions­schutzgese­tz schon jetzt für bestimmte Arbeitgebe­r – etwa Krankenhäu­ser – die Möglichkei­t vor, den Impfstatus zu erfragen. „Man wird künftig differenzi­eren müssen, welches Interesse der Arbeitgebe­r hat.“Sie erwartet, dass sich letzten Endes das Bundesverf­assungsger­icht in Karlsruhe mit der Frage wird befassen müssen.

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