Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Der König der Anarchie

Ein Streit bei Punk-Legenden und die Widersprüc­he des Lebens

- VON WOLFGANG SCHÜTZ

Jetzt kann man es sich ja leicht machen. Denn das Ganze ist herrlich blöd. Da sind nämlich die Sex Pistols, Punk-Legenden mit nur einem Album vor fast 45 Jahren, aber unsterblic­hen Parolen-Hits wie die Beschwörun­g „Anarchy in the U.K.“und die Lästerung „God Save the Queen“. Der Sänger Johnny Rotten grölte also: Keine Macht für niemand – und vor allem keine Majestät!

Und jetzt: Klingt es wie Ludwig XIV. und sein „L’État, c’est moi!“, wenn der 65-Jährige, bürgerlich John Lydon, sagt: „Ich bin der Leadsänger und Songwriter, Frontman, das Symbol, all das, überhaupt alles!“Absolutism­us im Punk! Ludwig

in Paris sah sich als der Staat, Johnny in London sagt: Die Band, das bin ich! Majestät zeigte sich empört, weil die anderen Sex Pistols, die es halt doch gibt, Songs der Band für eine Kino-Doku über Gitarrist Steve Jones freigaben und Ihro Gnaden Einspruch nun auch vor Gericht scheiterte. Majestätsb­eleidigung? Schön blöd.

Aber das hat auch Tiefe. Musste nicht Jim Morrison verhindern, dass der Rest der Doors einen Song in die Autowerbun­g verkaufte: „Come on, Buick, light my fire“? Und lehnten Die Ärzte nicht die eine Million Mark ab, die Coca-Cola einst Stars zahlte, um sie auf die Dose zu nehmen – im Gegensatz zu den Fantastisc­hen Vier (aber ja schön: die Fantas auf der Cola). Da kann man schon mal nachdenken: Worauf gründet das Wir, das ja vermeintli­ch auch eine Gesellscha­ft zusammenha­lten soll: Wert oder Wohlstand? Und, ja, auch das, Johnny: Wie intolerant sind die, die absolute Toleranz predigen? Aber es führt auch zu den Stones und dem Tod von Charlie Watts, denn: Wer ist die Band? Wäre nicht klar, dass sie ohne Mick Jagger aufhören? Aber ohne Charlie, angeblich doch „die Seele der Stones“, geht es?

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Ludwig XIV.
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Johnny Rotten

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