Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die Linke taugt nicht als Schreckges­penst

Die Partei ist viel zu klein, um in einer möglichen Koalition das Land tiefgreife­nd zu verändern. Die Kampagne der Union ist daher sinnlos

- VON CHRISTIAN GRIMM chg@augsburger‰allgemeine.de

Angela Merkel als letzte Hoffnung. In der Spitze von CDU und CSU macht sich Furcht breit, dass es nach 16 Jahren an der Macht demnächst wieder heißt, sich in der Opposition wiederzufi­nden. „Opposition ist Mist“, sagte einst SPD-Urgestein Franz Münteferin­g. Und wenn das für die SPD gilt, dann gilt es für CDU und CSU erst recht. Sie definieren sich als Regierungs­parteien, die die Richtung bestimmen wollen, und zwar nicht als Juniorpart­ner, sondern als die am Steuerrad.

Weil die Lage ernst ist und ihnen das Ruder zu entgleiten droht, soll die Kanzlerin den Wahlkampf retten. Sie ist nun auch in die offene Flanke von SPD-Kanzlerkan­didat Olaf Scholz gestoßen, der ein Bündnis mit der Linksparte­i nicht ausschließ­en will. Mit ihr, Merkel, hätte es das nicht gegeben. Muss

Kanzlerkan­didat Armin Laschet mehr Merkel wagen? Die Antwort ist ja, aber nicht zu viel.

Merkel ist trotz der umstritten­en Corona-Politik und des Desasters in Afghanista­n die beliebtest­e Politikeri­n des Landes. Die Menschen vertrauen ihr und selbst die, die sie nicht wählen, sagen, die macht keinen Quatsch. Armin Laschet weiß aber um die Gefahr, die ihm droht, wenn Merkel plötzlich auf den Marktplätz­en dieser Republik auftreten würde. Er selbst, der in den Umfragen geschrumpf­t ist, drohte völlig verzwergt zu werden. Deshalb wird sich die Kanzlerin zeigen, aber sehr dosiert. Vielleicht wird sie dabei noch einmal die Kommuniste­nfurcht bedienen, die eigentlich vor jeder Bundestags­wahl fröhliche Urständ feiert. Die Frage ist, ob sie dieses Mal tatsächlic­h noch einmal funktionie­rt, um die Wählerinne­n und Wähler zur Union zu treiben.

Die Linke steht in den Umfragen bei sechs bis sieben Prozent. Sie hat in vielen Bundesländ­ern mitregiert und stellt in Thüringen mit Bodo Ramelow den Ministerpr­äsidenten.

Die Planwirtsc­haft ist dort jedenfalls noch nicht zurückgeke­hrt. Dass eine derart kleine Linke den Austritt aus der Nato in einem Koalitions­vertrag verankern könnte, ist völlig ausgeschlo­ssen. Versteift sich die Union dennoch darauf, wie einst eine Rote-SockenKamp­agne zu fahren, könnte diese schnell zusammenbr­echen, wenn Scholz tatsächlic­h sagt, „Ich mache es nicht.“Die Luft wäre raus und das stärkste Argument fiele weg.

Erfolgvers­prechender ist es daher für Laschet, auf die eigenen Kernthemen zu setzen. SPD und Grüne sind tatsächlic­h verwundbar, zum Beispiel bei der Sicherheit. Scholz und Annalena Baerbock sprechen sich zwar für eine stärkere Bundeswehr aus, aber in weiten Teilen ihrer Parteien wird das Militär skeptisch gesehen oder rundheraus abgelehnt. Gleiches gilt für die Polizei.

Mobilisier­en lässt sich auch bei der Steuerpoli­tik, wenn am Ausgang einer schweren Wirtschaft­skrise die Steuern für Unternehme­n erhöht werden sollen. Oder bei den Staatsfina­nzen. Die Grünen planen eine dezidierte Abkehr von der Schuldenbr­emse, bei der SPD gibt es mit Parteichef Norbert WalterBorj­ans einen Advokaten dessen. Die Schwarze Null war in der Vergangenh­eit ein Gewinnerth­ema der Union, das eng mit ihrem Altmeister Wolfgang Schäuble verknüpft ist. Damit könnte auch Merkel wuchern, wenn sie jetzt noch einmal als Wahlkämpfe­rin in die Bütt steigt für ihre Union.

Armin Laschet hat erkannt, dass er kämpfen muss, weil sein ursprüngli­cher Plan einer Kampagne ohne Reibung nicht mehr aufgeht. Die drei Themenbere­iche muss er bespielen, um zumindest seine eigene Klientel abzuholen. Bei den geringen Abständen zwischen CDU, CSU und SPD könnte das am Ende reichen. So bizarr es auch klingt: Um Kanzler zu werden, reichen zum Ende der Ära Merkel 25 Prozent.

Finanzen, Sicherheit und Steuern – das sind die Themen

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