Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Team Laschet soll die Unionskamp­agne retten

Während die Umfragen für die CDU/CSU immer trostloser ausfallen, versucht der Kanzlerkan­didat mit der Vorstellun­g seines Beraterkre­ises zurück in die Offensive zu kommen

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin Vier Frauen, vier Männer – sie sollen es irgendwie schaffen, dass Armin Laschet doch noch der nächste Kanzler wird. „Experten statt Experiment­e“hat die CDU als Parole über die Bühne gehängt. Nur einen dieser Experten kennt ganz Deutschlan­d. Es ist Friedrich Merz – er soll im Zukunftste­am Laschets das Gesicht für Wirtschaft und Finanzen sein.

Laschet hat ihm das Wirtschaft­sministeri­um versproche­n, wenn er in die Lage kommt, eine Regierung zu bilden. „Wirtschaft ist nicht alles, aber ohne Wirtschaft ist alles nicht“, zitiert Laschet die mythische CDUGestalt Ludwig Erhard, bevor er Merz am Freitag zu sich holt. In zwei Minuten spult Merz klassische Positionen der Union ab. Stabiler Euro, Rückkehr zur Schuldenbr­emse, keine Steuererhö­hungen. „Dafür steht die Union. Dafür stehe auch ich ganz persönlich ein“, betont der 65-Jährige. Er, der einstige Konkurrent Laschets und Liebling der Konservati­ven in der CDU, soll die Stammwähle­rinnen und Stammwähle­r mobilisier­en, denen der Kanzlerkan­didat nicht kernig genug erscheint. Beide Männer haben einen Pakt geschlosse­n, der den einen ins Kanzleramt und den anderen an die Spitze eines Ministeriu­ms führen soll. Merz ist pragmatisc­h genug, selbst wenn er natürlich am liebsten selbst K-Kandidat geworden wäre. Doch bei dem Sauerlände­r schwingt auch immer die Gefahr mit, dass er der Welt einen knackigen Spruch zu viel zuteilwerd­en lässt oder schlicht seine eigene Linie durchzieht.

So lehnt er zum Beispiel den Klimazoll ab, den die EU-Kommission einzuführe­n gedenkt, um die europäisch­e Industrie vor den Wettbewerb­ern zu schützen, die nicht so strenge Umweltaufl­agen erfüllen müssen. Merz sieht durch den Klimazoll deutsche Exporte bedroht und es gibt Handelsexp­erten, die das ähnlich bewerten. Nur steht der Klimazoll eben auch im Wahlproder Union. Neben dem früheren Fraktionsc­hef ist die DigitalSta­atsekretär­in Doro Bär (CSU) die Einzige aus dem Zukunftste­am, die bundesweit noch halbwegs bekannt ist. „Ich habe Lust auf Zukunft“, sagt Bär. Sie will sich daranmache­n, dass der Staat endlich schneller und auf der Höhe der Zeit ankommt. Markenzieh­en in der Amtsstube soll der Vergangenh­eit angehören. Bär kümmert sich heute im Kanzleramt um dieses Thema – wie die Pandemie gezeigt hat, mit nicht gerade überwältig­endem Erfolg. In Berlin überrascht die Personalie deshalb – und weil eigentlich die CDU-Abgeordnet­e Nadine Schön als Laschets Favoritin für das Digitale gilt. Doch ohne eine Vertreteri­n der CSU hätte sich der Mannschaft­skapitän den Vorwurf eingehande­lt, nichts auf die kleine Schwesterp­artei aus Bayern zu geben. Ironie dabei: Bär war eine der lautesten Trommlerin­nen für CSU-Chef Markus Söder, als dieser mit Laschet um die Kanzlerkan­didatur rang. Nun muss sie für Laschet trommeln, für den gerade keine Geigen im Himmel spielen.

Die letzten Umfragen haben im Konrad-Adenauer-Haus für Frust gesorgt. Armin Laschets Schwäche versucht die Partei nun durch das Team in eine Stärke umzudeuten. Seht, der Armin ist mannschaft­sgramm dienlich und hat gute Leute um sich versammelt. Ob das in den verbleiben­den drei Wochen, in denen sich noch einmal alles auf die Spitzenkan­didaten fokussiert, genügt, um die Wende herbeizufü­hren, ist nicht ausgeschlo­ssen, aber fraglich.

An seine Seite hat sich Laschet Mitstreite­r und Mitstreite­rinnen geholt, die überrasche­n und überzeugen können. Die quirlige Sozialpoli­tikerin Silvia Breher, die sich mit einem norddeutsc­hen „Moin“vorstellt. Der Berliner Musikmanag­er Joe Chialo („Kelly Family“, „Santiano“) soll Künstler und Kreative von der Union überzeugen. Er bewirbt sich in Berlin um ein Bundestags­mandat, als erster schwarzer Kandidat der CDU. Mehr Sicherheit vor Terroriste­n soll der bekannte Sicherheit­sexperte Peter R. Neumann vom Londoner King’s College bringen. Neumann wird oft interviewt, wenn Extremiste­n zuschlagen. „Der erste Grund ist Armin Laschet“, begründet der Professor, warum er bei dem bisher glücklos agierenden CDU-Vorsitzend­en mittut. Laschet höre zu und wisse nicht schon vorher vermeintli­ch über alles Bescheid.

Die Sorgen und Nöte des Ostens soll die sächsische Kulturmini­sterin Barbara Klepsch aufnehmen, die Wut der von gestresste­n Familien mit Kindern die schleswig-holsteinis­che Bildungsmi­nisterin Karin Prien. Die Aufgabe, bei der Energiewen­de den Turbo zu zünden, ohne dass Arbeitsplä­tze verloren gehen, kommt Fraktionsv­ize Andreas Jung aus Konstanz zu. Die Letzteren eint, dass sie für einen modernen Konservati­smus stehen könnten. Doch die Zeit, seine Unterstütz­er bekannt zu machen, hat Laschet nicht mehr.

Bei der FDP, die Partner Nummer 1 der CDU für eine Regierung ist, sorgt das Aufgebot für Kopfschütt­eln. „Bisher dürfte dieses Team niemanden vom Hocker reißen, die meisten Persönlich­keiten sind dafür schlicht zu unbekannt“, sagte Fraktionsv­ize Michael Theurer unserer Redaktion. Dass Merz als Wirtschaft­s- und Finanzexpe­rte eine führende Rolle spielen solle, sei schon vorher klar gewesen. Auffällig findet der Liberale, dass dem Team keine Minister von CDU und CSU angehören. „Verständli­ch angesichts von Personalie­n wie Andreas Scheuer und Anja Karliczek, aber auch peinlich für die Union“, moniert Theurer.

Kritik lässt Laschet nicht gelten. Er freue sich auf die gegnerisch­e Mannschaft der SPD. „Viele werden im Moment versteckt“, sagt er und meint damit Saskia Esken und Kevin Kühnert. Offen ist, ob Scholz ihm den Gefallen tut.

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Foto: Christophe­r Soeder, dpa Der Kanzlerkan­didat der Union, Armin Laschet, stellt sein Experten‰Team vor.

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