Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Bekannte Gesichter und Überraschungskandidaten
Vier Frauen und vier Männer sollen dem stockenden Wahlkampf der Union fachliche Tiefe geben. Jetzt kann spekuliert werden, wer aus der Gruppe im Falle eines Wahlsieges für ein Ministeramt in Frage kommen könnte
1 Karin Prien Sie war eine der Ersten, die Armin Laschet aufgefordert haben, als Kanzlerkandidat anzutreten. Und sie hat sich auch für ihn in die Bresche geworfen, als die Stimmung kippte und viele Unionsleute – zumindest vorübergehend – ins Lager von Markus Söder gewechselt sind. Doch es ist nicht nur diese Loyalität zu Laschet, die sich auszahlen könnte. Die Rechtsanwältin hat sich zudem als Bildungsministerin in Kiel profiliert. Zuvor war die verheiratete Mutter dreier Kinder bereits Abgeordnete in der Hamburger Bürgerschaft. Prien ist in den Niederlanden aufgewachsen. Ihre jüdischen Großeltern waren in den 30er Jahren dorthin geflohen.
2 Peter Neumann Der gebürtige Würzburger gilt international als einer der profiliertesten Terror-Experten. Der 46-Jährige baute am ehrwürdigen King’s College in London ein Zentrum zur TerrorismusForschung auf. Neumann ist im Laschet-Kosmos kein Unbekannter: 2017 beriet er den Ministerpräsidenten von NRW – das Bundesland gilt als Schwerpunkt der Islamistenszene. Zuletzt machte Neumann von sich reden, weil er – wie auch Laschet – die Einrichtung eines nationalen Sicherheitsrates gefordert hat. Darin sollen Erkenntnisse unterschiedlicher Behörden und Ministerien zusammenlaufen. Könnte der gelernte Journalist Minister werden? Neumann äußert sich nicht konkret, sagt aber, er sei bereit, Verantwortung zu übernehmen.
3 Dorothee Bär Wahrscheinlich wird Dorothee Bär bis zum Rentenalter auf das Flugtaxi angesprochen werden. Als das die meisten Deutschen noch für eine Spinnerei hielten, machte sich die gebürtige Bambergerin Gedanken über eine scheinbar utopische Zukunft der Mobilität. Kaum jemand in der Union ist so aktiv in den sozialen Netzwerken. Manche Kolleginnen und Kollegen belächeln das bisweilen schrille Auftreten der 43-Jährigen im Netz. Aber es verschafft der CSU-Frau Aufmerksamkeit. Und als erste Staatsministerin für Digitalisierung gehört die Präsenz auf Instagram oder Twitter zum Markenprofil. Als Staatssekretärin im Verkehrsministerium wurde Dorothee Bär enge Vertraute des damaligen Ministers Alexander Dobrindt. Nach dem Weggang von Ilse Aigner und Gerda Hasselfeldt gilt die prominenteste weibliche Stimme der CSU in Berlin. Ihr Mann Oliver ist Landrat im oberfränkischen Hof. 4 Andreas Jung Er soll für Armin Laschet das Klima retten. Der 46-Jährige aus Konstanz (BadenWürttemberg) engagiert sich seit Jahren für den Umweltschutz – und kann sich auch eine schwarz-grüne Koalition vorstellen. Erst in diesem Jahr hatte er die Aufgabe, für seine Partei in Stuttgart die Verhandlungen für das schwarz-grüne Bündnis mitzuführen. Der Jurist schrieb zudem am Klimakonzept der Union mit, setzte dabei starke Akzente. Andreas Jung ist CDU/CSU-Fraktionsvize im Bundestag und Vorsitzender der CDU-Landesgruppe Baden-Württemberg im Bundestag. 5 Barbara Klepsch Ein Wahlkampfteam kann natürlich nicht ohne sozialpolitische Expertise auskommen. Diese Rolle soll die Sächsin Barbara Klepsch übernehmen. Die einzige Ostdeutsche in dem Beraterkreis ist seit Dezember 2019 Kulturministerin im Kabinett des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU). Ihre Kompetenzen auf dem Gebiet „Soziales und gleichwertige Lebensverhältnisse“, so ihr Aufgabenbereich im Team, hat sich die 56-jährige verheiratete Mutter eines Kindes von 2014 bis Ende 2019 als Sozialministerin erworben. In dieser Zeit schnürte die frühere Oberbürgermeisterin ihres Geburtsortes Annaberg-Buchholz ein ehrgeiziges Paket gegen den Pflegenotstand.
6 Joe Chialo Als Mann für „Kreativwirtschaft und Innovation“stößt der Berliner Musikmanager Joe Chialo ins „Team Laschet“. Chialo wurde 1970 in Bonn in eine Diplomatenfamilie hineingeboren, seine Eltern kommen aus Tansania. Nach seinem Abitur absolvierte er eine Ausbildung zum Fräser, bevor er in die Musikbranche wechselte. Der 51-Jährige ist bestens vernetzt in der quirligen Kulturszene Berlins. Chialo ist zudem ein politischer Kopf, der für die CDU im Berliner Stadtteil Spandau als Kandidat für den Bundestag kandidiert.
7 Silvia Breher Die 48-Jährige gilt als große Hoffnung in der CDU. Zwar dürfte die stellvertretende Parteivorsitzende mit der auffälligen Frisur deutschlandweit vielen unbekannt sein, doch in ihrer Heimat Niedersachsen gilt sie als volksnah und beliebt, sammelt bei Wahlen Top-Ergebnisse und erhielt damit den Spitznamen „ErststimmenKönigin“. Breher soll die CDU vor allem auf dem Feld der Frauen- und Familienpolitik stärken. Die Juristin ist selbst Mutter von drei Kindern. Im Zukunftsteam von Laschet soll die Bauerstochter zuständig sein für „Familie und Generationen“.
8 Friedrich Merz Eigentlich schien die politische Karriere von Friedrich Merz schon am Ende. Bei der Bundestagswahl 2009 kandidierte Merz nicht mehr, kümmerte sich stattdessen um seine Anwaltskanzlei und ging in die Wirtschaft, etwa zum amerikanischen Vermögensverwalter Blackrock. Immer wieder sorgte der Vater von drei Kindern, der mit einer Juristin verheiratet ist, für Wirbel – etwa, als er im Herbst 2019 das Erscheinungsbild der Bundesregierung als „grottenschlecht“bezeichnete. Merz unterlag 2020 im Rennen um den CDU-Vorsitz gegen Laschet, seither versucht dieser, seinen Gegenspieler einzubinden, um auch die konservativen Mitglieder zufriedenzustellen. Merz soll für Wirtschaftskompetenz stehen, er möchte gerne Wirtschaftsminister werden.