Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Verlorene Melodie
Wolfram Oettl mit Klaviermusik
Er ist in vielen Foren, Gesellschaften, Festivals (Donaueschingen) vertreten, Pianist (einschließlich Free Jazz), studierte Harmonielehre, Komposition, Philosophie, entwickelte den Loop Generator. Er ist dem Musiktheater verpflichtet, das von der Puppenoper Wien („Haydn in der Hölle“) bis zu „Der Golem“, „I Hate Mozart“und dem Avantgarde-Projekt „ParZeeFool“(Wien, Berlin) reicht. Er unterrichtet als Professor an der Uni Graz Musiktheorie, Harmonielehre, Kontrapunkt. Bernhard Lang (*1957), als Musiker „ein weites Feld“, ist nicht eindeutig zu fassen.
Jetzt kann man es versuchen. Der Augsburger Wolfram Oettl hat das Album „Werke für Klavier“eingespielt, das Aufhorchen lässt – wenn man geduldig und auch länger hineinhört, was sich hier lohnt: „3 Intermezzi“sowie ein Zyklus, der sich seit 2007 mit verschiedenen Bereichen der Musikgeschichte beschäftigt. Er heißt „Monadologie“, angelehnt an Leibniz’ System, der das Wesen der Welt mit den einfachen Bauteilen der Monaden (Leib/Seele) erklärt. Die „Monadologie „Seven Last Words of Hasan“befasst sich mit Haydns „Sieben letzten Worten unseres Erlösers am Kreuz“, ist radikalerweise im Titel mit dem Text des Dichters William S. Burroughs über den mittelalterlichen, grausamen Missionar Hasan-e Sabba konfrontiert.
Herausgekommen ist ein Strudel, eine Schlange von unendlich sich windenden, verharrenden, brütenden Splittern und Gesten des frommen Haydn-Werks, deren Mutationen einen nicht fest zumachenden Charakter erzeugen, in denen sich Assoziationen einer alten und neuen Welt mischen – ein musikalischer Zustand, den man nach Marcel Proust mit „Auf der Suche nach der verlorenen Melodie“bezeichnen könnte, in dem „Alles fließt“(Heraklit).
Im Grund ebenso erscheinen die davon unabhängigen „Intermezzi“, in deren erstem Erscheinungsbild man das Thema des scharfen Auftakts von Beethovens letzter Klaviersonate op. 111 erkennen könnte. Computergenerierte, algorithmische Bauteile bestimmen die beiden kleineren Intermezzi. Wolfram Oettl spielt dies alles mit klaren Konturen – und beim MehrfachHören stellt sich durchaus ein delirierend-mäanderndes MysterienErlebnis ein.