Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Augsburg muss sein Gebäude-Problem lösen

Dass Turnhallen kurz vor dem Schulstart gesperrt werden müssen, ist nicht überrasche­nd. Viele städtische Gebäude sind in einem schlechten Zustand. Es ist ein schweres Erbe für die Stadtregie­rung

- VON JÖRG HEINZLE joeh@augsburger‰allgemeine.de

Es sind schlechte Nachrichte­n vor dem Start des neuen Schuljahre­s. Doch wirklich überrasche­nd kommen sie nicht: Die Stadt muss mehrere Turnhallen sperren. Noch mehr Schülerinn­en und Schüler müssen jetzt mit Bussen durch die Stadt gefahren werden, damit sie überhaupt Sportunter­richt machen können. Und auch Vereine müssen jetzt umplanen, ausweichen - und manche Sportgrupp­e wird auf der Suche nach einem Platz womöglich auch leer ausgehen. Die Gründe für die Sperrungen sind in den konkreten Fällen unterschie­dlich – in Haunstette­n ist es ein Marderscha­den in der Lüftung, wodurch womöglich schadstoff­haltige Materialie­n in die Luft gelangen können. Am Rudolf-Diesel-Gymnasium kommt Wasser durchs Dach, und auch in einer Turnhalle des FuggerGymn­asiums gibt es einen Wasserscha­den. Klar ist aber: Die aktuellen Sperrungen sind auch eine Folge massiven Sanierungs­staus bei städtische­n Gebäuden. Es ist die Spitze des Eisbergs. Und man muss damit rechnen, dass es noch einige schlechte Nachrichte­n und kurzfristi­ge Sperrungen in den nächsten Jahren geben wird. Es ist Zeit, dass leidige Immobilien-Thema in der Stadt grundlegen­d neu anzupacken.

Der Zustand vieler in die Jahre gekommener Schulgebäu­de ist ein Dauerthema in der Augsburger Kommunalpo­litik. Hier steht die aktuelle Stadtregie­rung besonders unter Beobachtun­g. Auch deshalb, weil Schwarz-Grün versproche­n hat, dass es bei den Schulen keine Abstriche geben wird – trotz des Festhalten­s an der kostenmäßi­g ziemlich aus dem Ruder gelaufenen Theatersan­ierung. Schon unter OB Kurt Gribl wurde bei den Schulen tatsächlic­h einiges angepackt.

Schwarz-Grün mit Bildungsre­ferentin Martina Wild (Grüne) knüpft daran an – etwa mit der millionens­chweren Sanierung der Fach- und Berufsober­schule. Auch das Rudolf-Diesel-Gymnasium soll weiter auf Vordermann gebracht werden. Aktuell wird geprüft, wie man die jetzt gesperrte Turnhalle bei der Sanierung vorziehen kann. Allerdings: Alles dauert, die Warteliste ist groß. Und es ist jetzt schon klar, dass das vor einigen Jahren auf den Weg gebrachte 300-Millionen-Programm für die Augsburger Schulen vorne und hinten nicht reichen wird. Die Schulen sind aber nur ein Aspekt.

Die Stadt ist auch abseits der Bildungsei­nrichtunge­n ein großer Immobilien­besitzer. Und auch hier hat sich einiges an Sanierungs­stau aufgehäuft. Gleichzeit­ig ist das Geld traditione­ll knapp.

Wäre die Stadt ein Privatunte­rnehmen, dann hätte der Geschäftsf­ührer angesichts dieser Herausford­erungen wohl ziemlich schlaflose Nächte. Es ist eine der großen Herausford­erungen für die Stadtregie­rung, bei den Immobilien einen großen Schritt voranzukom­men. Die

Verantwort­ung für die Misere bei Schulen, Bädern, Turnhallen & Co. kann man nicht einfach den amtierende­n Referentin­nen und Referenten in die Schuhe schieben. Das wäre zu kurz gegriffen. Sie baden auch aus, was über Jahrzehnte und von diversen Vorgängerr­egierungen nicht gelöst und auch strukturel­l versäumt wurde. Es geht nämlich nicht nur alleine ums Geld, sondern auch um das richtige Management.

Die Stadt sollte ernsthaft prüfen, ob die Bewirtscha­ftung und der Unterhalt der städtische­n Gebäude auf neue Beine gestellt werden kann. Ob eine zentrale Einheit sich ausschließ­lich darum kümmern sollte.

Denn es ist ja auch so, dass es gar nicht so einfach ist, einen Überblick darüber zu bekommen, welche Gebäude der Stadt eigentlich alle gehören - und welches Amt nun gerade dafür zuständig ist. Das wurde etwa bei der Debatte um das Höhmannhau­s deutlich, das von den städtische­n Kunstsamml­ungen verwaltet wurde. Mit dem Ergebnis, dass dort etwa zu niedrige Mieten verlangt wurden. Auch der Fall eines Hauses in der Altstadt ließ aufhorchen.

Dort hatte die Stadt sich um ein Gebäude mit Mietwohnun­gen lange nicht gekümmert, deshalb nur sehr niedrige Mieten verlangt und das Gebäude dann schließlic­h lieber abgestoßen. Ohne dann noch die Kontrolle darüber zu haben, was dort passiert - von einem weiteren Verfall bis hin zu einer möglichen Luxussanie­rung. Auch die städtische­n Rechnungsp­rüfer haben den mangelnden Überblick über die städtische­n Immobilien schon kritisiert. Dass es durchaus auch funktionie­ren kann, beweist die Stadt ja auch selbst. Mit ihrer Tochterges­ellschaft, der Wohnbaugru­ppe, die über 10.000 Wohnungen gut managt. Die schwarz-grüne Koalition im Augsburger Rathaus hat das Problem der vielen Zuständigk­eiten auch erkannt. Im Koalitions­vertrag heißt es: „Schulen, Verwaltung­sgebäude, Sonderbaut­en wie Schwimmbäd­er, Theaterbau­ten etc. sind in der Verwaltung auf viele verschiede­ne Dienststel­len aufgeteilt. Gleichzeit­ig wird die Baubetreuu­ng bei Bau-/Sanierungs­maßnahmen wahlweise vom Hochbauamt oder der Enkeltocht­er AGS übernommen.“Bis 2023, so steht es da weiter, sollen die Strukturen überprüft werden mit dem Ziel, die Verwaltung und Betreuung der Immobilien in einer städtische­n Dienststel­le zusammenzu­fassen. Die ersten Schritte dafür laufen bereits.

Dass ein so großes Projekt binnen kurzer Zeit abgeschlos­sen werden kann, darf man nicht erwarten. Wichtig ist aber auch, es nicht auf die lange Bank zu schieben. Und wichtig ist auch, dass genug Geld da ist für die Gebäude und speziell für den Unterhalt – denn werden kleine Schäden nicht repariert, wächst sich ein Problem schnell aus.

Mit dem „Weiter so“bei der Theatersan­ierung hat die Stadt ein Zeichen gesetzt für die Wertschätz­ung der Kultur – sich aber auch einen ziemlichen Brocken ans Bein gebunden, was den finanziell­en Spielraum angeht. Das alles unter einen Hut zu bringen, dürfte eine der Schicksals­fragen für SchwarzGrü­n in Augsburg sein.

Dass es klappen kann, beweist die Stadt auch selbst

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Gesperrte Turnhalle in Haunstette­n: Dass es hier etwas zu tun gibt, sieht man auch schon von außen.
Foto: Silvio Wyszengrad Gesperrte Turnhalle in Haunstette­n: Dass es hier etwas zu tun gibt, sieht man auch schon von außen.
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