Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Auch Wildtiere brauchen ihren Platz
Große Gebäude ähneln Felswänden. Künstliche Entwässerungsgräben können wie ein Sumpf sein. Der Schotter an Bahndämmen erinnert an Blockschutthalden in den Bergen. Weil Städte Landschaften ähnlich sind, werden sie von bestimmten Wildtierarten schon lange als Sekundär-Lebensraum angenommen. Von Füchsen, Mardern oder bestimmten Greifvögeln genauso, wie von Fledermäusen, Eidechsen oder Insekten. Manchmal können sich wachsende Populationen zum Problem entwickeln. Viel öfter ist aber das Gegenteil der Fall. Bedrohte Arten tun sich immer schwerer, Überlebensinseln im urbanen Umfeld zu finden.
Ob es in Augsburg zu viele Krähen gibt, darüber kann man unterschiedlicher Meinung sein. Normalerweise würden sich die Bestände selbst regulieren, wenn Abfall nicht herumliegt, weggeschlossen und schnell entsorgt wird. Das größere Problem ist aber etwas anderes: Gerade seltene Arten finden immer weniger Lebensraum, weil heute anders gebaut wird als früher. Dächer und Fassaden sind gut abgedichtet, es gibt keine Spalten, Nischen und Schlupflöcher mehr, die beispielsweise Fledermäuse oder Schwalben brauchen. Geschützte Insekten wie Hornissen nisten sich mangels Alternativen in Rollläden-Kästen ein, von wo sie vertrieben werden. Wildbienen finden in modern gestylten oder oft gemähten Grünanlagen keine Nahrung mehr. Die schwindende Artenvielfalt ist damit auch in Augsburg eines der ganz großen Probleme.
Zwar bietet Augsburg mit seinen Parks, Alleen und Stadtbächen, den Heiden und natürlich dem großen Stadtwald noch relativ viele Lebensräume für die Tierwelt. Auch neuere Aktionen, die mehr Blühflächen für Insekten schaffen, sind ein Fortschritt. Zumal sich schon etliche Bürger, Unternehmen, städtische und staatliche Dienststellen daran beteiligen. Gerade hier muss aber noch wesentlich mehr passieren, um eine messbare Wirkung zu erzielen. Leider hat man den Eindruck, dass die Stadt den Naturschutz eher verwaltet. Eine echte Aufbruchstimmung fehlt.