Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Mutmaßliche Vergewaltigung: So laufen die Ermittlungen
Vier junge Augsburger sitzen nach wie vor in Untersuchungshaft. Aus welchem Umfeld kommen die Verdächtigen?
Es soll auf einer privaten Party passiert sein, Anfang August in Augsburg. Offenbar hatten zwei Brüder aus Augsburg Freundinnen und Freunde zu einer Gartenparty in das elterliche Haus eingeladen. Die Eltern, die sich zu der Zeit im Urlaub befanden, hatten ihren Kindern das Fest erlaubt. Wie die Polizei berichtet, floss an jenem Abend jede Menge Alkohol. In der Nacht soll es dann zu dem Übergriff auf eine 15-Jährige gekommen sein. Vier junge Männer im Alter von 16 und 17 Jahren, darunter die beiden Brüder, stehen im Verdacht, den alkoholisierten Zustand des Mädchens ausgenutzt und sexuelle Handlungen an ihr ausgeübt haben, so schildert es, wie bereits berichtet, die Polizei. Seitdem sitzen die Tatverdächtigen wegen des dringenden Verdachts der Vergewaltigung in
Untersuchungshaft. Vor welchem Hintergrund soll die Tat passiert sein?
Die Verdächtigen kämen alle aus intakten Familien, sagt Anwältin Alexandra Gutmeyr, die einen der vier jungen Augsburger vertritt. Strafverteidiger Ulrich Swoboda, Michael Menzel und Hannes Maletzke, die die anderen drei Mandanten anwaltlich betreuen, betonen auch, dass es sich hier um kein „Milieu im klassischen Sinne“, sondern um ein gutbürgerliches Umfeld handele. Sogar das Wort „spießig“fällt. Die Eltern der jungen Männer seien gut situiert. Einer der Tatverdächtigen gehe noch zur Schule, die anderen machten eine Ausbildung.
Bei der Feier unter Freunden und Bekannten wurde wohl ordentlich Alkohol getrunken. Das 15-jährige Mädchen, das aus dem Ostallgäu stammt, hatte offenbar mit einem der beiden Brüder eine Zeit lang eine Beziehung.
Nach Berichten der Polizei hatte sich die Jugendliche im Lauf der Partynacht in die Wohnung zurückgezogen. Zu dem Zeitpunkt sei sie bereits deutlich alkoholisiert gewesen und von anderen Jugendlichen animiert worden, weiter zu trinken, hieß es weiter in dem Bericht. Aufgrund des starken Alkoholkonsums sei das Mädchen nicht mehr in der Lage einer „freien Willensbestimmung“gewesen, formulierten es die Ermittler. Diesen Zustand sollen die vier Jugendlichen dann ausgenutzt haben, so der Verdacht. Das Mädchen habe erst am nächsten Tag die Geschehnisse realisiert. Sie fuhr mit dem Zug nach Hause und begab sich dort in ärztliche Behandlung. Dann wurde die örtliche Polizeiinspektion informiert und die Ermittlungen kamen ins Rollen.
Die Staatsanwaltschaft Augsburg gibt bislang keine weiteren Details zu dem Fall bekannt, man wolle die Ermittlungen nicht gefährden, so ein Sprecher. So bleibt es nach wie vor unklar, ob die vier Tatverdächtigen die Jugendliche absichtlich betrunken machten. Seit den Festnahmen Anfang August sollen nach Informationen unserer Redaktion noch weitere Hausdurchsuchungen durchgeführt worden sein. Partygäste wurden befragt, die Vernehmungen sind noch nicht abgeschlossen. „Es wird sicherlich auch noch Nachvernehmungen des mutmaßlichen Opfers geben“– davon geht ein Strafverteidiger aus.
Unter den Anwälten ist man teils entsetzt, wie in den sozialen Medien wie Facebook auf die Meldung der Festnahmen reagiert wurde. Verteidiger Michael Menzel spricht von einer „Hetzjagd sondergleichen“. Man müsse doch erst einmal die Ermittlungen abwarten, schließlich gehe es hier um Jugendliche. Die Sache sei noch sehr undurchsichtig, es war eine Menge Alkohol im Spiel, meint Anwaltskollege Hannes Maletzke. Die Eltern seines Mandanten machten sich große Sorgen. Es sei das erste Mal, dass gegen ihren Sohn ermittelt werde. Die vier jungen Männer befinden sich in unterschiedlichen Justizvollzugsanstalten.