Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Schadstoffe in der Luft, nein danke!
Fängt schon beim Bauen an. Bernhard Jakob erklärt, worauf man achten sollte
Das Achten auf die Gesundheit ist einer der großen Megatrends des heutigen Zeitalters. Dabei sind die Einflüsse auf das menschliche Wohlbefinden sehr vielfältig. Risiken verbergen sich nicht nur in unserem Ess- und Bewegungsverhalten, sondern lauern bereits in unseren eigenen vier Wänden.
So gewinnt das Thema Gesundheit zunehmend auch beim Bauen an Relevanz. Welche schwerwiegenden Folgen schadstoffbelastete Luft in Innenräumen für das menschliche Wohlbefinden hat, weiß Bernhard Jakob, Geschäftsführer der asset bauen wohnen gmbh. Im Interview erklärt er, was ein Gebäude „wohngesund“macht.
„Gesundes Wohnen und Bauen“: Herr Jakob, was verstehen Sie darunter?
Bernhard Jakob: Gesundes Bauen heißt für mich, ein Stück weit das gesamte Denken am Bau umzustellen. Dabei geht es um sämtliche Baustoffe, die auf geringe Emissionen geprüft sind, aber auch um verantwortungsvolles Verhalten bei der richtigen Verarbeitung auf der Baustelle. Denn gesundes Bauen geht weit über die Verwendung wohngesunder Produkte hinaus, es umfasst zum Beispiel auch intensive Handwerkerschulungen.
Wie ist bei Ihnen die Idee entstanden, „wohngesund“zu bauen?
Jakob: Als Bauleiter bin ich früher regelmäßig mit den verschiedenen Schadstoff-Ausdünstungen auf Baustellen in Berührung gekommen. Über die Jahre habe ich mich dann immer mehr mit dem Thema Wohngesundheit auseinandergesetzt.
Energieeffizientes Bauen ist für uns schon länger ein wichtiges Thema und Wohngesundheit hängt damit ja eng zusammen. Man sollte sich meiner Meinung nach unbedingt Gedanken über die richtigen Baustoffe machen. Schließlich verbringen wir den Großteil unseres Lebens in Gebäuden und atmen dort jeden Tag Tausende Liter Luft ein.
Woran wird die Wohngesundheit an einem Gebäude festgemacht?
Jakob: Über Raumluftmessungen wird das Vorhandensein von Emissionen überprüft. Unabhängige Gutachter beurteilen dann die Werte und so kann die „Wohngesundheit“attestiert werden.
Wichtig ist aber, dass man in Bezug auf die Raumgestaltung differenziert. Ein Beispiel dafür ist der Baustoff Holz: Man könnte meinen, dass Holzfenster weitaus gesünder sind als Fenster aus Kunststoff. Dass Holz oft mit Lacken und Lasuren behandelt wird und dabei Schadstoffe ausströmen können, sollte jedoch nicht unterschätzt werden. Dementsprechend müssen auch ökologische Produkte auf das Emissionspotential geprüft werden.
Qualitätssiegel gewinnen immer mehr an Bedeutung. Aus welchem Grund steigt der Wunsch nach einer Immobilie mit einem „BauGesund-Zertifikat“?
Jakob: Es gibt inzwischen Dutzende Gütezertifikate für emissionsarme Bauprodukte. Das „BauGesund-Siegel“fasst jedoch alle relevanten Aspekte für gesundes Wohnen, Arbeiten und Leben zusammen. Das ist der Grund, warum immer mehr Menschen auf das Siegel vertrauen. Bis ein Produkt als „baugesund“gekennzeichnet wird, muss zunächst eine sorgfältige und ganzheitliche Überprüfung durchgeführt werden.
Wo sehen Sie die Gefahren des „ungesunden“Bauens?
Jakob: Durch die steigenden Anforderungen zur Energieeinsparung wird die Gebäudehülle immer luftdichter ausgeführt. Wird dann jedoch nicht ausreichend gelüftet, können sich chemische und biologische Stoffe in der Raumluft anreichern, die im Innenraum freigesetzt werden. Formaldehyd und VOC, also flüchtige, organische Verbindungen, zählen zu den typischsten Belastungen in der Raumluft.
In zu hoher Konzentration nehmen Menschen diese in Form von Müdigkeit oder Unwohlsein wahr. Auch Allergien können eine direkte Folge sein. Werden jedoch emissionsarme Bauprodukte verwendet und wird verstärkt gelüftet, kann man dem entgegenwirken.
In Friedberg entstand im Jahr 2017 Deutschlands erste EffizienzhausPlus-Siedlung, die auch die Kriterien des gesunden Bauens erfüllt. Inwieweit bringt dieses Projekt die Nachhaltigkeit in der Region Augsburg voran?
Jakob: Die Häuser dieser Siedlung produzieren mehr Energie, als deren Bewohner im Jahresdurchschnitt verbrauchen. Das Projekt leistet damit einen Beitrag zur Weiterentwicklung des emissionsarmen und energieeffizienten Wohnungsbaus am Standort Augsburg. Betrachtet man das Gesamtjahr, ergibt sich so für die Effizienzhäuser Plus eine Energieunabhängigkeit von circa 70 Prozent.
Hier ist ein Best-Practice-Projekt entstanden, das beispielhaft für die wirtschaftliche Umsetzung des Energiestandards „Effizienzhaus Plus“steht. Außerdem wurde die Siedlung ausschließlich mit lokalen Partnern abgestimmt sowie realisiert und hat damit einen Beitrag zur regionalen Wertschöpfung geleistet. A3/pm/bif