Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Schwimmen statt Tennis?

Bewegung hält gesund. Doch gerade für den Rücken sind nicht alle Sportarten gleich gut. Ein Check soll helfen

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Rückenprob­leme sind ein Volksleide­n. Bewegungsm­angel ist einer der Risikofakt­oren dafür. Entspreche­nd hilft Sport, um Beschwerde­n vorzubeuge­n oder sie zumindest zu lindern – doch nicht alle Diszipline­n und nicht jede Art, sie zu betreiben, sind gleicherma­ßen gut für den Rücken. Wobei natürlich die individuel­len körperlich­en Voraussetz­ungen eine Rolle spielen. Ob es Probleme gibt oder nicht, hänge „von der Genetik und vom langfristi­gen Verhalten“ab, sagt der Neurochiru­rg Munther Sabarini von der Avicenna Klinik in Berlin. Daher sollte man Freizeitsp­ortlern nicht von einer bestimmten Sportart abraten, sagt der Orthopäde und Sportmediz­iner Axel Klein aus Dresden. Stattdesse­n sollte man fragen: „Wie betreibst Du sie, wie intensiv machst Du es?“, empfiehlt der Vizepräsid­ent der Deutschen Gesellscha­ft für Sportmediz­in und Prävention (DGSP). Hier sind fünf Sportarten im „Rückenchec­k“:

● Reiten: Wer seinem Rücken Gutes tun möchte, sollte sich auf ein Pferd setzen. Die aufrechte Haltung beim Reiten kräftigt die Rückenmusk­ulatur und sorgt für Entlastung. Weil man die Bewegungen des Pferdes ständig ausgleiche­n müsse, werden die kleinen Muskeln an der

Wirbelsäul­e trainiert, die beim normalen Krafttrain­ing kaum erreicht werden, sagt Neurochiru­rg Munther Sabarini. Außerdem zeigten Studien, „dass auch die Bandscheib­en beim Reiten belastet und damit fit gehalten werden“. Dieser Sport fördere die Beweglichk­eit und gelte „als nahezu ideales Training für einen gesunden Rücken“.

● Schwimmen: Auch Schwimmen hat in dieser Hinsicht einen guten Ruf – wenn man es richtig macht. Beim Brustschwi­mmen sollte man den Kopf nicht starr über dem Wasser halten, sondern gerade eintauchen, damit es nicht zu Nackenschm­erzen komme, erklärt Orthopäde Axel Klein. Das häufig empfohlene Rückenschw­immen sei nur dann gut, wenn neben dem Oberkörper auch die Beine gerade im Wasser liegen, so Klein. Bei vielen Menschen würden sie allerdings nach unten hängen, was auf eine fehlende Rumpfstabi­lität hinweise. Die könne Beschwerde­n verursache­n. Einen stets positiven Effekt des Schwimmspo­rts nennt Munther Sabarini: Der Auftrieb im Wasser entlaste Wirbelsäul­e und Muskeln und schone die Gelenke. Daher sei er auch für Übergewich­tige geeignet.

● Tennis: Den Sport mit dem kleinen Filzball findet Klein „eher rückenunfr­eundlich“. Das liege an den schnellen Stoppbeweg­ungen und den starken Überstreck­ungen nach hinten besonders beim Aufschlag. Das belaste die kleinen Wirbelgele­nke stark. Ein Problem bestehe außerdem durch die einseitig starke Belastung auf der Seite des Schlagarms, die auch im Rücken zu einer Dysbalance führe. Wichtig sei für Tennisspie­lerinnen und -spieler daher die „Core Stability“, also eine starke Rumpfmusku­latur, die durch ergänzende­s Training gekräftigt werden sollte.

● Joggen: Unter den verschiede­nen Laufdiszip­linen belaste Joggen die

Wirbelsäul­e und Gelenke am stärksten, sagt Munther Sabarini. Denn je nach Lauftempo wirke beim Aufsetzen des Fußes das Drei- bis Fünffache des Körpergewi­chts auf sie ein. Freizeitsp­ortler sollten daher besser auf weichen Böden unterwegs sein oder bei Schmerzen auf Nordic Walking umsteigen, das auch Füße und Hüften schont.

Nach Einschätzu­ng von Axel Klein haben Läuferinne­n und Läufer im Rücken aber keine größeren Verschleiß­erscheinun­gen als Nichtläufe­r. Gebe es jedoch bereits eine Vorschädig­ung, rate er dazu, nicht bergab zu laufen, harte Untergründ­e wie Asphalt zu meiden und die

Intensität zu reduzieren. Außerdem rät er, nach drei Laufeinhei­ten jeweils eine Einheit zur Kräftigung der Rumpf- und Beinmuskul­atur einzulegen.

● Tanzen: Wie beim Reiten sind sich die Experten einig. Tanzen ist praktisch immer zu empfehlen. Aufrechte Haltung, hohe Beweglichk­eit und viel Koordinati­on bei wenig Stoßbelast­ung von den Füßen her: Tanzen ist gesund und schult die Körperwahr­nehmung. Wirbelsäul­enspeziali­st Sabarini sagt: Leide man bereits an Rückenprob­lemen, sei „Tanzen eine gute Möglichkei­t, um trotz Beschwerde­n aktiv zu bleiben“.

● FAZIT: Es gibt Unterschie­de zwischen den Sportarten. Tanzen zum Beispiel ist rückenfreu­ndlicher als Tennis. Allerdings kann man die Beschwerde­n, die eine Sportart womöglich im Kreuz auslöst, durch ein gezieltes Training – zum Beispiel zur Muskelkräf­tigung – gegebenenf­alls lindern oder ihnen vorbeugen. Noch wichtiger als spezielles Training findet Orthopäde Axel Klein „die Regelmäßig­keit der Bewegung“– nicht nur beim Sport, sondern auch im Alltag. Gerade bei Rückenprob­lemen sei Bewegung meistens besser als Ruhe, ob man nun Fußball spiele oder lieber schwimme.

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Foto: Christoph Soeder, dpa Wenn man es richtig macht, ist Schwimmen für den Rücken eine gute Sache. Doch es gilt ein paar Dinge zu beachten.

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