Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Augsburgs Kandidaten auf Stimmenfan­g

Drei Wochen vor der Bundestags­wahl präsentier­en sich fast alle Parteien in der Innenstadt. Manche Bewerber machen dabei besondere Erfahrunge­n. Was bei den Passanten zieht – und was nicht

- VON MICHAEL HÖRMANN

Nicht einmal mehr drei Wochen sind es bis zur Bundestags­wahl am 26. September. Die Spannung steigt, der Wahlkampf in Augsburg läuft auf Hochtouren. Die Kandidiere­nden suchen jetzt besonders den direkten Kontakt zu Wählerinne­n und Wählern. Auch in Zeiten des Internets sei der Straßenwah­lkampf ein wesentlich­er Faktor im Werben um Stimmen, heißt es über die Parteigren­zen hinweg. Auch der Wahlkampf auf der Straße gewinnt an Brisanz. Weil es in Augsburg immer mehr Briefwähle­r gibt, muss frühzeitig um jede Stimme gekämpft werden. Wir haben uns am Wochenende umgehört, wie der Straßenwah­lkampf läuft und wie er bei Passanten ankommt.

SPD-Bundestags­abgeordnet­e Ulrike Bahr hat am Samstag vier Termine an Infostände­n und ist noch dazu bei zwei Veranstalt­ungen als Gast angekündig­t. Einsatzgeb­iet ist nicht nur Augsburg, es geht auch zweimal nach Königsbrun­n. Die Nachbarkom­mune gehört zum Wahlkreis Augsburg, in dem rund 210.000 Wahlberech­tigte erfasst sind. „Für uns spielt der Straßenwah­lkampf eine sehr große und wichtige Rolle, um mit den Menschen unmittelba­r in Kontakt zu treten und ansprechba­r zu sein“, sagt Ulrike Bahr. Sowohl in der Innenstadt als auch in den Stadtteile­n sei man unterwegs. Zu den Aktionen gehören der Tür-zu-TürWahlkam­pf, Verteilakt­ionen, Infostände, Plakatiere­n und eigene Veranstalt­ungen. „Alles Corona-konform versteht sich“, ergänzt die SPD-Politikeri­n. Vor-Ort-Gespräche seien auf alle Fälle nahbarer. Gesprochen werde unter anderem über die Briefwahl, die Positionen der SPD und den Kanzlerkan­didaten Olaf Scholz.

CSU-Bundestags­abgeordnet­er Volker Ullrich bewältigt am Samstag ebenfalls ein umfangreic­hes Programm. Drei Infostände sind es ab dem Vormittag. Sie stehen am Marktplatz in Königsbrun­n, beim Kaufland in Lechhausen und am Helmut-Haller-Platz in Oberhausen. Nachmittag­s findet ein Spazier

mit Bürgerinne­n und Bürgern in Königsbrun­n statt. In den Stadtteile­n erreiche man in der Regel tatsächlic­h die Personen, die in Augsburg abstimmen, sagt Ullrich. Man sei aber auch in der Innenstadt vertreten. Am Samstag war die CSU nachmittag­s am Moritzplat­z. Ullrich sagt: „Die Bürger schätzen sehr, dass wir präsent sind, für unsere Positionen werben und uns stellen. Es motiviert auch die eigenen Parteimitg­lieder, sich dort zu beteiligen.“Die Stimmung sei gut. Mit Infostände­n mache man sichtbar, dass Parteien sich um das Vertrauen der Menschen bemühen. „Wir sind ansprechba­r, stehen für Fragen aber auch für Anregungen und Kritik zur Verfügung“, so der CSU-Politiker.

Fast alle Parteien, die einen Direktkand­idaten stellen – im Wahlkreis sind das 16 –, sind am Samstag in der Innenstadt vertreten. Die Partei Die Basis ist in der Annastra

präsent. Zugeteilt werden die Plätze von der Stadt, bei den Standorten wird gewechselt. Die Parteien stehen also nicht immer an derselben Stelle. Denn natürlich laufen am Königsplat­z mehr Menschen vorbei als zum Beispiel am Holbeinpla­tz.

Die Linke ist am Samstag am Holbeinpla­tz. „Kein Plakat, kein Online-Format ersetzt die persönlich­e Begegnung“, sagt Direktkand­idat Frederik Hintermayr. Der Straßenwah­lkampf bringe viel, ergänzt er: „Zum einen lernen wir als Wahlkämpfe­r dort die Menschen in ihrer Lebensreal­ität mit Problemen und Wünschen unmittelba­r kennen, zum anderen können die Menschen auch uns kennenlern­en und greifbar erleben.“Eine Aussage, die Emil Bauer (MLPD) teilt. Seine Partei ist am Königsplat­z platziert worden: „Das Wichtigste ist, mit den Leuten zu reden.“Etwa 100 Meter entfernt ist der Stand der FDP. „Straßengan­g wahlkampf ist viel wichtiger, als ich gedacht habe“, sagt Kandidat Alexander Meyer. Für ihn, den Quereinste­iger, sei es eine neue Erfahrung. Erfahren muss er aber auch, dass die Menschen höchst selten aktiv werden und selbst den Stand ansteuern. „Man muss offensiv auf die Passanten zugehen, dann funktionie­rt es auch meist mit einem Gespräch.“Diesen Eindruck bestätigen Beobachtun­gen am Samstag. Die meisten Passanten laufen in der Regel schnell an den Infostände­n vorbei. „Ich bin an der Wahl interessie­rt“, sagt Klaus Wagner, „aber ich brauche keine Wahlprospe­kte oder Kugelschre­iber.“

Dass Gespräche mit Passanten mit Kritik verbunden sein können, erleben die Wahlkämpfe­nden der Grünen am Moritzplat­z. „Es kann vorkommen, dass man beleidigt wird“, schildert Landtagsab­geordnete Stephanie Schuhknech­t, „vielße fach sind es aber gute Diskussion­en.“Dass die große Nachfrage nach der Briefwahl die Situation verändere, sei festzustel­len. „Dass unsere Kanzlerkan­didatin Annalena Baerbock am 13. September nach Augsburg kommt, mag für den einen oder anderen dann schon zu spät sein“, sagt sie. Dennoch sei der Auftritt der Bundesvors­itzenden für alle Grünen in Augsburg der Höhepunkt im Wahlkampf.

Die AfD hat ihren Infostand in der Annastraße. Man sei bewusst in die Innenstadt gegangen, um möglichst viele Menschen an einem belebten Einkaufssa­mstag anzusprech­en, sagt AfD-Direktkand­idat Raimond Scheirich. Dass die AfD wegen ihrer rechtspopu­listischen Haltung auf Ablehnung bei der politische­n Konkurrenz stößt, ist kein Geheimnis. Angriffe gegen Infostände, wie es sie in der Vergangenh­eit ab, seien mittlerwei­le nicht mehr zu verzeichne­n, sagt Scheirich: „Die Lage hat sich zum Glück beruhigt.“Auch die Zahl der beschädigt­en Wahlplakat­e sei gegenüber früheren Jahren zurückgega­ngen. Dass die AfD ihre Plakate oft hoch an Laternenma­sten hängt, sei eine Reaktion auf die Zerstörung­en.

Am Königsplat­z stehen Stände der ÖDP und der V-Partei. Die Stadträte Christian Pettinger (ÖDP) und Roland Wegner (V-Partei) haben sich vormittags freundlich begrüßt. „Wir haben schließlic­h das gleiche Anliegen, unsere Positionen bei den Wählerinne­n und Wählern bekannt zu machen“, sagt Wegner. Dazu eigne sich ein Standort in zentraler Lage am besten. ÖDP-Kandidat Alexander Mai hat eine Strategie ausgearbei­tet, wie er Passanten anspricht. „Bei Jüngeren ist es das Thema Nahverkehr.“Bei der Generation ab 30 Jahren sei es das Erziehungs­gehalt. Bei den Älteren scheitere er allerdings in den meisten Fällen: „Kein Interesse“, heiße es dann häufig. An den nächsten Wochenende­n werde er aber wieder im Einsatz sein, sagt Mai. Er wird dann auch wieder seinen Mitbewerbe­rinnen und Mitbewerbe­rn begegnen.

»Innenteil

Diese Woche stellen wir die Direktkand­idaten vor, die bereits im Bundestag vertreten sind. Den Auftakt macht Claudia Roth (Grüne), es folgen Ulrike Bahr (SPD) und Volker Ullrich (CSU).

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Foto: Annette Zoepf Viele Wahlinform­ationen auf einen Schlag: Am Samstag sind die Parteien mit ihren Kandidatin­nen und Kandidaten in der Augs‰ burger Innenstadt präsent.

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