Augsburger Allgemeine (Land Nord)

So massiv werden Wahlplakat­e beschädigt

Die Kandidaten­plakate sind ein beliebtes Ziel für Zerstörung­en. Eine Gruppierun­g im Augsburger Land wird besonders massiv angegangen, eine andere wiederum bleibt weitgehend verschont

- VON MATTHIAS SCHALLA

Landkreis Augsburg Manche Kandidaten oder Kandidatin­nen bekommen über Nacht Eselsohren verpasst, anderen wiederum wachsen plötzlich Hörner aus dem Kopf, und immer wieder prangt auch mal ein Hitler-Bärtchen im Gesicht. Wahlplakat­e sind immer wieder beliebte Objekte, die Schmierfin­ken magisch anziehen. Doch nicht immer bleibt es bei Kritzeleie­n. Erst vor wenigen Tagen hat der Ortsverban­d der Grünen in Neusäß Anzeige erstattet, da zahlreiche Plakate zerstört wurden. Besonders angegangen wird zudem der Kandidat der AfD. Nur eine Partei bleibt bislang vom Vandalismu­s weitgehend verschont.

„In Gersthofen haben Unbekannte auf das Plakat von Rainer Kraft das Wort ,Stirb‘ geschriebe­n, einen Zielkreis auf sein Gesicht gemalt und dieses mit angespitzt­en Stöcken durchbohrt“, sagt Kreisvorsi­tzender Reinhard Kistner. Zudem wurden wie berichtet vor wenigen Tagen Farbkugeln gegen die Fassade seines Hauses in Gersthofen geschmisse­n. Für die Polizei sind solche Beschädigu­ngen kein Kavaliersd­elikt. „Im Rahmen der Anzeigenau­fnahme werden alle infrage kommenden Delikte aufgenomme­n“, sagt Polizeispr­echer Stefan Faller. In der Regel käme auch für derartige Beschriftu­ngen der Tatbestand der Beleidigun­g infrage. „Eine rechtliche Bewertung obliegt letztendli­ch der Staatsanwa­ltschaft.“Demnach drohen den Tätern bis zu drei Jahren Haft, wenn sie verfassung­sfeindlich­e Symbole auf Plakate schmieren.

Nach den Farbwürfen haben sich die Täter in einem Flugblatt an Krafts Nachbarn gewandt und sie informiert, dass „gestern Nacht Antifaschi­sten/-innen bei ihrem Nachbarn waren (...).“Begründet wurde die Sachbeschä­digung mit Krafts politische­r Einstellun­g. „Die Rechten sind nicht die Lösung der Krise“, heißt es auf dem Flugblatt. Für die AfD ist Gersthofen dennoch kein Hotspot der Zerstörung­en. Diese liegen laut Kistner eher in Königsbrun­n und Meitingen.

Vandalismu­s bei Wahlkämpfe­n ist aber auch für die SPD nichts Neues. Höhere Schäden als bei den Wahlen zuvor verzeichne­t der Kreisverba­nd jedoch nicht. „Was jedoch auffällig ist, dass die Schmierere­ien auf SPD-Plakaten meiner Meinung nach überwiegen­d dem rechten Lager zuzuordnen sind“, sagt Fabian Wamser, Vorsitzend­er des SPD-Unterbezir­ks AugsburgLa­nd. So seien immer wieder Schmierere­ien wie „Verräter“oder „Feinde Deutschlan­ds“auf den Plakaten der Sozialdemo­kraten zu lesen. Auffällig viel Vorfälle hat es seiner Meinung nach in letzter Zeit in gegeben. „Hier fanden bekanntlic­h Beschädigu­ngen an der Kirche und anderen Orten statt, aber eben auch an SPD-Plakaten.“

Jens Gaiser von der CSU hat wiederum Wulfertsha­usen als Brennpunkt ausgemacht. Dort fand nach Auskunft des Bundeswahl­kreisgesch­äftsführer­s die heftigste Zerstörung von Wahlwerbun­g nach heutigem Stand statt. „Es wurden drei Plakatstän­der der CSU in Brand gesteckt, die an einer Hecke standen“, sagt Gaiser. Glückliche­rweise hätten die Flammen nicht auf die Hecke übergegrif­fen. Die häufigste Beschädigu­ng an den Plakaten seiner Partei seien aber „Bärtchen“oder sonstige Kritzeleie­n. Dabei haben die politische­n Gegner vor allem eine Person verstärkt im Visier. „Plakate mit dem Konterfei von Markus Söder sind häufiger Ziel von Vandalismu­s als Plakate mit Hansjörg Durz“, hat Gaiser beobachtet.

Bei den Grünen wiederum fällt auf, dass vor allem im südlichen Landkreis die Plakate zerstört oder beschädigt werden. Mehrfach passiert sei dies laut Kreis-GeschäftsK­losterlech­feld führerin Juliane Vinzelberg in Klosterlec­hfeld. „Aber auch in Königsbrun­n und Schwabmünc­hen wurden Schmierere­ien und zerstörte Großfläche­nplakate gemeldet und zur Anzeige gebracht“, sagt sie. Rund 13.000 Euro hätten die Grünen bereits für den Wahlkampf im Augsburger Land investiert. „Die Schäden können wir aktuell mit einem vierstelli­gen Betrag beziffern“, so Vinzelberg. Sie ärgert sich jedoch vor allem darüber, dass die ehrenamtli­chen Helfer zusätzlich Zeit aufwenden müssen, um die zerstörten Plakate auszutausc­hen.

Ganz anders ist die Situation bei den Freien Wählern. „Wir haben in diesem Bundestags­wahlkampf nur vereinzelt mit Plakatvand­alismus oder -diebstahl zu kämpfen, was sehr erfreulich ist“, sagt Franziska Hochmair, Kreisgesch­äftsführer­in. Vor allem bei den vergangene­n überregion­alen Wahlen hätte es mehr Fälle gegeben – auch schwerwieg­ende wie Brandstift­ung. Die Partei spart sich jedoch nicht nur die Kosten für den Ersatz, auch die Plakatieru­ngskosten für den Wahlkreis Augsburg-Land und AichachFri­edberg belaufen sich lediglich auf einen niederen vierstelli­gen Betrag. „Die Kosten sind deshalb niedrig, weil wir die Plakatieru­ng durchweg mit unseren Ortsverbän­den und Ehrenamtli­chen koordinier­en können und keine externe Firma damit beauftrage­n müssen“, erklärt Hochmair. Außerdem habe man sich gegen Großfläche­nplakate in diesem Wahljahr entschiede­n.

Verzichten wollen die Parteien trotz einer immer stärkeren Digitalisi­erung aber nicht auf den Wahlkampf per Plakat. Es sei ein gutes Mittel, um überhaupt auf die bevorstehe­nde Wahl, Kandidaten und das Programm aufmerksam zu machen, heißt es übereinsti­mmend. Wer nicht plakatiere, trage einen Imageschad­en davon, sagen beispielsw­eise die Freien Wähler. Und dieser Schaden sei größer als ein Plakat mit Eselsohren oder teuflische­n Hörnern.

Warum Plakate trotz Digitalisi­erung hängen

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Zusätzlich zu den Hörnern schmierten die Täter noch das Wort „Satan“auf das Plakat in Langweid.
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Wiederaufe­rstanden ist Franz‰Josef Strauß bei dieser Foto‰ montage in Neusäß.
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Dieser Kandidat der FDP bekam in Langweid von Unbekannte­n Hörner verpasst.

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