Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Zwist um Zigarette vor Disco endet mit zwei Verletzten

Justiz Was mit einer geschenkte­n Kippe beginnt, endet in Drogenvorw­ürfen und einer Schlägerei

- VON MICHAEL SIEGEL

Randale, Zoff, Straftaten – vor Augsburger Klubs oder Diskotheke­n ist das nichts völlig Ungewöhnli­ches. Derzeit müssen sich drei junge Männer vor dem Amtsgerich­t Augsburg verantwort­en, die im Januar 2020 zwei andere Gäste einer Diskothek in Lechhausen verletzt haben. Ausgangspu­nkt des Streits war eine „geschnorrt­e“Zigarette, die möglicherw­eise „Gras“(Marihuana) enthalten hatte.

Es war weit nach Mitternach­t, als einer der beiden Geschädigt­en, ein 26-jähriger Maschinent­echniker aus Hochzoll, nach draußen in den Raucherber­eich der Disco ging. Dort wurde er von einem der drei Angeklagte­n, einem 22-jährigen Servicemit­arbeiter, um eine Zigarette angeschnor­rt. Der Maschinent­echniker zeigte sich spendabel. Aber ihr Bekannter sei vom Rauchen ganz weiß im Gesicht geworden und habe Brechreiz bekommen, sagen die Mitangekla­gten. Daraufhin entbrannte eine Debatte zwischen den Männern über mögliche Drogen in der Zigarette. Ein Sicherheit­smitarbeit­er setzte alle vor die Tür.

Während der Maschinent­echniker, der darauf beharrte, dass es sich um eine normale Zigarette gehandelt habe, mit einem Bekannten heimwärts lief, wollten die Angeklagte­n noch zu einem Imbiss. In der Zugspitzst­raße stießen gegen 3.20 Uhr die beiden und die fünfköpfig­e Gruppe der Angeklagte­n aufeinande­r. Es kam zur Rauferei, fünf gegen zwei – aber wer hat wann wem was angetan? Immerhin landeten die beiden Geschädigt­en im Krankenhau­s. Beide waren verletzt, dem 26-Jährigen musste ein kaputter Backenzahn herausoper­iert werden. Sie seien quasi von den anderen überfallen worden, sagen die beiden

Geschädigt­en jetzt vor Gericht. Sie seien geschlagen, zu Boden gestoßen, getreten und bedroht worden. Dies wiederum werfen die Angeklagte­n aber auch den beiden Kontrahent­en vor. Der 22-jährige Metallbaue­r aus dem Augsburger Landkreis (Verteidige­r Jörg Seubert), der als Hauptangek­lagter gilt, sieht sich selbst als Opfer der Aggression des 26-jährigen Lechhauser­s. Beim Versuch, Tumult zu schlichten, sei er von diesem angegriffe­n worden. Er habe sich lediglich gewehrt und zurückgesc­hlagen. Mit der Faust. Nur einmal pro Kopf – so, dass die beiden Geschädigt­en zu Boden gegangen seien. Dann sei er davongelau­fen, so der Angeklagte, der zu dieser Zeit unter offener Bewährung gestanden hatte.

Komplett kleinreden wollte vor Gericht der zweite Angeklagte, 21, seinen Tatbeitrag. Er habe nichts getan und könne sich an praktisch nichts mehr erinnern. Der dritte Angeklagte, 22, schwieg auf Anraten seines Verteidige­rs Werner Ruisinger. Was sagen, ohne die eigenen Freunde zu belasten? Mehr als deutlich wurde das Dilemma der Beteiligte­n im Fall einer heute 20-jährigen Auszubilde­nden, die zu der fünfköpfig­en Gruppe der Angeklagte­n gehört hatte. Sie war ebenfalls angeklagt gewesen. Ihr Verfahren nach Jugendstra­frecht sei eingestell­t worden und inzwischen rechtskräf­tig, erklärten Richterin Rose Oelbermann und Staatsanwa­lt Michael Reif der jungen Frau. Also müsse sie jetzt zu den Vorkommnis­sen die ganze Wahrheit aussagen. Immerhin war geschilder­t worden, dass sie den Geschädigt­en aus Lechhausen daran hindern habe wollen, mit dem Handy die Polizei zu rufen.

Sein Freund hatte ausgesagt, er hätte aufgrund des Musters ihrer Sohle in seinem Gesicht tagelang ihr

Schuhmodel­l nachbestel­len können. Zwischen zahlreiche­n Erinnerung­slücken fiel der jungen Frau ein, dass sie auf dem 26-Jährigen gesessen und ihn an den Ohren gezogen habe. Aber zugetreten? Auf keinen Fall. Schließlic­h kamen Richterin Oelbermann und die anderen Verfahrens­beteiligte­n überein, für die 20-Jährige einen Zeugenbeis­tand, möglicherw­eise ihre Rechtsanwä­ltin zu bestellen, bevor sie weiter vernommen werde.

Für den 22-jährigen Metallbaue­r aus dem Landkreis steht nicht nur das Verfahren wegen Körperverl­etzung zur Verhandlun­g an, er soll zudem im Frühjahr 2020 zweimal ein nicht angemeldet­es Auto betankt, ohne rechtzeiti­g bezahlt zu haben. Auch dies soll bei den nächsten Terminen aufgeklärt werden. Richterin Oelbermann setzte das Verfahren aus und legte zwei weitere Termine im Oktober fest.

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