Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Schwarz‰Grün will weniger Autos in der Grottenau

Mobilität Die Auto-Schneise durch die Innenstadt gilt seit Jahren als Problem. Geprüft werden soll nun eine Verkehrsbe­ruhigung. Doch wie viel Ausweichve­rkehr würde sie erzeugen?

- VON STEFAN KROG

Das schwarz-grüne Regierungs­bündnis will, nachdem es kommendes Jahr einen Verkehrsve­rsuch für eine „autofreie Maximilian­straße“durchgeset­zt hat, nun eine Umgestaltu­ng einiger großer Innenstadt­straßen prüfen. Am Montag stellte die Koalition den Antrag, dass die Verwaltung sich darüber Gedanken machen soll, wie die Ost-West-Verbindung zwischen Theater und Jakobertor (also die Achse Grottenau/ Karlstraße/Leonhardsb­erg/Pilgerhaus­und Jakoberstr­aße) „im Sinne einer weitgehend­en Verkehrsbe­ruhigung gestaltet beziehungs­weise neugestalt­et werden kann“.

Hauptaspek­t soll sein, die Straße zur „kühlen Meile“umzubauen, also sie etwa durch Baumpflanz­ungen vor Überhitzun­g im Hochsommer zu schützen. Auch die Trassierun­g einer Straßenbah­n und die Schaffung breiterer Radwege sollen geprüft werden, so der Wunsch von CSU und Grünen.

Mit dem Antragszei­tpunkt am Montag, dem Tag der Inbetriebn­ahme des Verkehrs- und Parkleitsy­stems in der Innenstadt, wollten die Regierungs­fraktionen womöglich ein politische­s Zeichen setzen: Ja zum Parkleitsy­stem, aber auch Ja zu einer weiteren Verkehrsbe­ruhigung in der Innenstadt. Die Forderung nach einer Umgestaltu­ng der OstWest-Achse gibt es schon seit Jahren und war im Vorfeld der Kommunalwa­hl sowohl von Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) als auch von Bürgermeis­terin Martina Wild (Grüne) für gut geheißen worden, wenngleich mit unterschie­dlichen Nuancierun­gen. Die CSU hatte von Beginn an darauf hingewiese­n, dass man bei einer Verkehrsbe­ruhigung das Thema Verkehrsve­rlagerunge­n im Blick haben müsse.

In der Tat sieht der Antrag nun zwingend vor, zu prüfen, welche Folgen eine Verkehrsbe­ruhigung auf die umliegende­n Straßenzüg­e haben würde beziehungs­weise welche Straßen so optimiert werden müssten, dass eine Verkehrsbe­ruhigung möglich wäre. Untersucht werden sollen unter anderem Jakoberwal­lstraße, Thommstraß­e und Eserwall. Offen ist auch, ob eine Straßenbah­nlinie, die allerdings nicht so schnell kommen wird, einen eigenen Gleiskörpe­r haben könnte, wenn sie auf der Ost-West-Achse fährt. Stellenwei­se, das hatte die Bauverwalt­ung in der Vergangenh­eit schon anklingen lassen, könnte das nämlich eng werden. Die Stadt nannte zuletzt eine Zahl von 24.000 Kraftfahrz­eugen pro Tag, fußend auf einer Zählung aus 2018. Eine Spur je Richtung könnte gerade noch so ausreichen, aber nicht zu den Stoßzeiten und an manchen Einkaufs-Samstagen, ließ Baureferen­t Gerd Merkle (CSU) noch vor der Wahl verlauten. Ausweichro­uten seien schon gut ausgelaste­t, sodass manche Wohngebiet­e wie das Pfärrle oder das Georgsvier­tel mehr Verkehr abbekommen könnten.

Die Frage, wie mit der Grottenau umgegangen werden soll, die vor 15 Jahren einer der Orte mit der höchsten Feinstaubb­elastung in Deutschlan­d war, ist schon lange ein Thema. Die Freien Wähler forderten in der Vergangenh­eit eine große Tunnellösu­ng, die FDP forderte den Bau einer großen Umgehungss­traße (Nordtangen­te). Schwarz-Grün hat der Vergangenh­eit aber schon deutlich gemacht, dass es große Straßenneu­bauten in Augsburg nicht geben wird. Zuletzt hatte das „Forum Augsburg lebenswert“, ein Zusammensc­hluss mehrerer (Umwelt-)Verbände und Initiative­n, 2019 eine Verkehrsbe­ruhigung der Ost-West-Achse ins Spiel gebracht. Die damalige Vision sah Tempo 30, eine Reduzierun­g der Autospuren auf eine je Richtung, Bäume sowie eine eigene Straßenbah­ntrasse auf Rasengleis­en in der Straßenmit­te vor. Eine Straßenbah­n in der Grottenau vom Hauptbahnh­of kommend über die Prinzregen­tenstraße ist seit Jahren als Vision im städtische­n Nahverkehr­splan enthalten. Am neuen Bahnhofstu­nnel wurde sogar schon vorausscha­uend eine wenige Meter lange Abzweigung unter dem Bahnhofsvo­rplatz eingebaut, um komplizier­te Anbau-Arbeiten zu vermeiden. Welche Linie durch die Grottenau fahren könnte, ist offen. Denkbar wäre, eine künftige Linie zwischen Innovation­spark und Hauptbahnh­of, die aber noch Zukunftsmu­sik ist, auf der Trasse der 1er nach Lechhausen zu verlängern.

„Wenn die Verkehrsbe­ruhigung jetzt angegangen wird, wäre das ein richtiger Schritt“, so Jörg Schiffler, Vorsitzend­er des Forums Augsburg lebenswert (FAL). Der damalige Entwurf sei nur einer von vielen möglichen Vorschläge­n, wichtig sei aber die grundsätzl­iche Richtung mit einer Förderung von öffentlich­em Nah-, Fuß- und Radverkehr. Aus Sicht des FAL würde eine Reduzierun­g der Autospuren auch keine Dauerstaus zur Folge haben. In einer eigenen Zählung kam das Forum zu etwas geringeren Verkehrsme­ngen als die Stadt.

Im Antragspak­et von SchwarzGrü­n enthalten ist auch eine Prüfung der Verkehrsac­hse Klinkerber­g/Schaezlers­traße. Hier soll überlegt werden, die Einbahnreg­elung zwischen Plärrer und Justizpala­st aufzuheben. Dies, so CSU und Grüne, ermögliche eine Entlastung der Gesundbrun­nenstraße. Vor alin lem Anwohner und Anwohnerin­nen am Klinkerber­g klagen über die zu starke Verkehrsbe­lastung.

Die Karlstraße in der heutigen Form entstand nach dem Zweiten Weltkrieg. Zuvor war sie nur etwa halb so breit. Die Bombenschä­den ermöglicht­en einen breiten OstWest-Durchbruch, der schon in den vorangegan­genen Jahrzehnte­n diskutiert worden war, um die Innenstadt durchgängi­ger zu machen und für den Autoverkeh­r zu erschließe­n. Über weitere Schneisen wurde zwar nachgedach­t, verwirklic­ht wurde aber nur diese. In der Nachkriegs­Verkehrspl­anung war die OstWest-Achse ein zentraler Baustein. Dass die Straße im Vergleich zu den sonstigen Innenstadt­straßen breit ist, war auch den Stadtplane­rn klar. Um sie weniger wuchtig zu machen, bekam die Straße eine geschwunge­ne Form. Zudem wollte man, indem man an manchen Stellen Häuser mit Arkaden über dem Gehweg baute, die Straße weniger schneisena­rtig gestalten.

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Foto: Silvio Wyszengrad Die Ost‰West‰Achse (hier Grottenau) wird von Autos dominiert. Nun will die Stadtregie­rung eine Umgestaltu­ng prüfen.

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