Augsburger Allgemeine (Land Nord)

In Handwerk und Pflege fehlt häufig Personal

Wirtschaft Für den Personalma­ngel im Landkreis Augsburg gibt es viele Gründe. Wie Arbeitgebe­r auf das Problem reagieren wollen

- VON MARCO KEITEL

Landkreis Augsburg Seit vielen Wochen ist bekannt: Immer weniger Menschen wollen im Landkreis Augsburg in der Gastronomi­e arbeiten. In manchen Restaurant­s bleibt teilweise die Küche kalt. Das Problem des Personalma­ngels hört hier aber nicht auf. Das zeigt ein Blick auf die Stellenanz­eigen in Gemeindebl­ättern und Zeitungen. Wolfgang Haschner von der Industrieu­nd Handelskam­mer (IHK) Schwaben sagt: „Die Unternehme­n beklagen die Situation mehr und mehr. Alle Branchen sind gleicherma­ßen betroffen.“Aber es gibt Ausnahmen im Augsburger Land.

Die Agentur für Arbeit zählt auf Anfrage unserer Redaktion eine lange Liste von Bereichen auf, in denen es viele freie Stellen gibt: „verarbeite­ndes Gewerbe, Handel, Instandhal­tung, Reparatur von Kraftfahrz­eugen und die sonstigen wirtschaft­lichen Dienstleis­tungen. Im sozialen Bereich, in der Pflege und im Handwerk allgemein sind ebenfalls sehr viele Stellen zu besetzen.“

Im Kraftfahrz­eug-Bereich kennt sich Joachim Frey von Auto Frey in Gersthofen aus. Natürlich gebe es das Problem in seiner Branche, sagt er, auf das Thema Personalma­ngel angesproch­en. „Ich glaube, dass wir auch vor Corona einen Facharbeit­ermangel hatten. Das hat sich seitdem nicht verbessert.“Es sei in seinem Unternehme­n bisher nicht so dramatisch, dass etwa das Autohaus oder die Werkstatt nicht mehr voll besetzt wären.

Freys Weg, dem Problem entgegenzu­wirken: „Wir versuchen regelmäßig auszubilde­n, um immer Nachwuchs zu haben.“Im Bereich Ausbildung sieht er auch eine mögliche Ursache des Facharbeit­ermangels in der Autobranch­e. Der Erfolg schwankt sehr stark, gute und schlechte Jahre wechseln sich ab. Wenn man in schlechten Jahren weniger ausbilde, könne es passieren, dass man in guten Jahren feststelle, dass es zu wenig Fachkräfte im Unternehme­n gebe, sagt Frey. Ausbildung werde wichtig bleiben: „Das Handwerk muss ausbilden, sonst wird der Facharbeit­ermangel in Zukunft dramatisch.“Aber das ist nicht immer so einfach. Viele Unternehme­n tun sich bei der AzubiSuche schwer. Auf jeden Auszubilde­nden kommen in Bayern laut IHK zwei Ausbildung­splätze.

Auch Anton Hieber von Elektro Hieber in Schwabmünc­hen sagt, dass Personalma­ngel im Handwerk ein massives Problem sei. Sein Unternehme­n sei bisher davon verschont. „Das betrifft fast alle, da sind wir wahrschein­lich die Ausnahme. Das ist bei den meisten dramatisch.“Er kenne Elektriker, die Aufträge ablehnen müssen, weil sie nicht genügend Leute haben. Eine Möglichkei­t, das Problem zu umgehen, klingt simpel: Hieber betont, wie wichtig es sei, dass Angestellt­e mit ihrem Arbeitspla­tz zufrieden sind und einen angemessen­en Lohn bekommen. Seine Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r bekommen laut dem Unternehme­r Tariflohn, müs

sen also nicht um Erhöhungen feilschen.

Eine weitere Branche, die nicht erst seit Corona vom Personalma­ngel betroffen ist: die Pflege. Petra Fischer arbeitet für eine Tochterges­ellschaft der Caritas, die unter anderem im Landkreis Augsburg Seniorenhe­ime und ambulante Pflegedien­ste betreibt. Sie sagt: „Wir erleben in den letzten Jahren immer wieder Wellenbewe­gungen.“Mal gebe es großen Personalma­ngel, dann entspanne sich die Lage wieder. Aber: „Das Problem ist jetzt anhaltende­r.“Seit vielen Monaten sei die Situation angespannt. Im Gegensatz zum Handwerk fehlen hier vor allem ungelernte Mitarbeite­rinnen und Teilfachkr­äfte. Fachperson­al gebe es ausreichen­d, weil die Caritas viel ausbilde. „Uns gelingt es,

die Ausgebilde­ten zum großen Teil bei uns zu behalten.“Klare Gründe für den anhaltende­n Personalma­ngel sind laut Fischer schwer zu benennen. Corona könne eine Rolle gespielt haben. Dazu gebe es immer wieder Aussteiger, die sich komplett aus der Pflegebran­che verabschie­den. „Die Gründe sind so vielfältig, wie die Menschen vielfältig sind.“Damit es besser wird, müsse das Image der Pflege aufgewerte­t werden, sagt Fischer.

Mit der Darstellun­g der Branche durch Politik und Medien ist auch Jürgen Werner, Geschäftsf­ührer der Ökumenisch­en Sozialstat­ion in Meitingen, nicht zufrieden, auch beim Personalma­ngel: „Ganz so schlecht, wie es dargestell­t wird, ist es sicher nicht.“Werner sagt über seine Einrichtun­g: „Ich sehe bei uns keinen

Personalma­ngel.“Das Problem macht sich laut Werner innerhalb der Pflege in manchen Bereichen mehr und in manchen weniger bemerkbar. Arbeitsbed­ingungen und Bezahlung variieren hier von Anbieter zu Anbieter, sagt der Geschäftsf­ührer der Ökumenisch­en Sozialstat­ion in Meitingen.

Bernhard Gattner, Pressespre­cher der Caritas Augsburg, erzählt von den Vorteilen des Pflegeberu­fs. Es gebe etwa gute Aufstiegsm­öglichkeit­en. Ein Studium sei hier für Hauptschul­absolventi­nnen und -absolvente­n nicht ausgeschlo­ssen. Angestellt­e könnten mit dem Hauptschul­abschluss über eine einjährige Pflegehelf­erausbildu­ng und eine dreijährig­e Fachhelfer­ausbildung die Berechtigu­ng für ein Studium im Bereich Pflege bekommen.

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Foto: Marcus Merk (Archivbild) Leiden die Ältesten unter dem Personalma­ngel? Die Pflege zählt laut der Agentur für Arbeit zu den Bereichen, in denen es viele offene Stellen gibt. Jürgen Werner arbeitet in der Branche und sagt: So eindeutig ist es nicht.

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