Augsburger Allgemeine (Land Nord)
KluftingerAutor schreibt Theaterstück über Hiesel
Bühne Matthäus Klostermayr steht 2022 auf der Bühne: In Altusried kommt es zu einer ungewöhnlichen Begegnung, die sich Volker Klüpfel ausgedacht hat
Altusried Mit dem kauzigen Kommissar Kluftinger wurde er bekannt: Volker Klüpfel entwickelte vor Jahren mit seinem schreibenden Freund Michael Kobr die Allgäuer Kultfigur. Die Kriminalromane der Erfolgsautoren rangieren regelmäßig auf bundesweiten Bestsellerlisten. Klüpfel hat jetzt die Seiten gewechselt: Statt Verbrecher zu jagen, beschäftigt er sich mit Räubern. Er hat sich intensiv mit dem Bayerischen Hiesel befasst und mit seinen Recherchen das Theaterstück „Schiller und der bayerische Hiasl: Wir Räuber“geschrieben. Es wird vom 18. Juni bis 21. August 2022 auf der Freilichtbühne Altusried gezeigt. Bis zu 60.000 Zuschauer werden bei den geplanten 27 Vorstellungen erwartet.
Wie sind Sie auf Hiasl gekommen? Volker Klüpfel: Regisseurin Jana Vetten und ich waren auf der Suche nach einem
Thema für das nächste Freilichtspiel. Sie hatte die Idee, dass ein Räuberstück gut für Altusried passen würde. Sie wollte allerdings nicht Schillers „Räuber“. So kamen wir auf den Hiasl, der in Altusried 1879 schon einmal gespielt wurde. Klar war dann: Das neue Stück muss zeitgemäß sein. Interessant ist, dass Hiasls Schicksal Vorlage für Schillers Räuber gewesen sein soll. Deshalb lasse ich im Stück Schiller auf Hiasl treffen. Ein Dreh, den man so nicht kennt.
Was macht den Mythos Hiesel für Sie aus?
Klüpfel: Matthäus Klostermayr war eine Figur, die es geschafft hat, als Verbrecher zum Helden zu mutieren. Er wurde als Volksheld gefeiert. Wenn man sich aber näher mit ihm befasst, dann sieht man: Er war unglaublich brutal, kaltblütig und eitel. Was ebenfalls unglaublich ist: Er hat im Prozess alle verraten. Er hat alle Namen genannt. Er kannte da kein Heimatland.
Was erwartet die Zuschauer in Altusried?
Klüpfel: Ein richtiges Spektakel. Wir bringen alle paar Jahre ein großes Stück auf die Bühne. Da wirken 500 bis 600 Menschen an der Produktion mit. Auf der Bühne spielen bis zu 300 Menschen. Das Stück bestimmt das ganze Dorfleben. Die Proben haben bereits begonnen. Auch das Bühnenbild wird schon entworfen.
Wie lange dauerten Ihre Recherchen zu dem Stück?
Klüpfel: Sehr lange. Das waren vier oder fünf Monate. Das Schreiben dauerte dann ein halbes Jahr. Man muss alles über seinen Protagonisten wissen und dann wieder vergessen, um einen funktionierenden Weg durch das Stück zu finden. Die Figur muss am Ende trotz aller Details, die man als Autor nach der Recherche weiß, erkennbar sein.
Was unterscheidet das Schreiben eines Theaterstücks vom Schreiben einer Krimikomödie?
Klüpfel: Der extreme Unterschied ist, dass im Theaterstück im Grunde jede Information aus den Dialogen
kommen muss. Manchmal muss ein Satz reichen, um eine psychische Verletzung oder ein Trauma anzudeuten, das jemand mit sich herumträgt. Im Buch könnte ich dafür zwei Seiten verwenden. Ich habe viel weniger Zeit und Platz, um etwas deutlich zu machen. Aber es muss deutlich werden – das war für mich die Herausforderung.
Wie kam es eigentlich zum Ausflug in
die schwäbische Geschichte? Brauchen Sie eine Erholung von Kluftinger? Klüpfel: Nein. Es war eher zwangsläufig, dass ich einmal ein Stück für die Freilichtspiele schreibe. Ich spiele seit 1980 in Altusried mit. Und ich arbeite als Autor – da lag es nahe, meine Profession mit meiner Leidenschaft zusammenzubringen. Außerdem kenne ich die Anforderungen, die ein Stück in Altusried mit sich bringt. Zum Beispiel muss die
Reiterei vorkommen. Man muss auch die Bühne kennen und wissen, was möglich ist.
Würde sich Kluftinger auch mit dem alten Stoff um den Bayerischen Hiesel befassen?
Klüpfel: Viel lieber als mit einer Netflix-Serie. Der Kluftinger steckt auch im neuen Stück: Er ist ja wie ich ein begeisterter Freilichtspieler. Es gibt im Stück wie in unseren Krimikomödien auch viel Humor, auch wenn alles zum Ende hin eine tragische Wendung nimmt.
»Freilichtspiel Altusried Rund 180 Spieler beteiligen sich an der Inszenierung von Jana Vetten. In der Hauptrolle des Hiasl ist Roland Wintergerst zu erleben. Otto Kutzer ist sein Gegenspieler, Premierleutnant Schedel, und Florian Jungbold gibt sich als Friedrich Schiller. Weitere größere Sprechrollen haben Martina Schmidt-Klüpfel (Hiasls Geliebte Monika Baumiller), Sieglinde Mayr (Burgauerin) sowie Lukas Düll und Florian Geißelmann (Bube). Cornelius Borgolte komponiert die Musik, die moderne und Volksliedelemente verbindet.