Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Unterbaar braut künftig Wertinger Bier
Das „Bier mit Kultcharakter“soll es weiterhin geben – zumindest zwei Schwanenbräu-Sorten. Warum Fritz Carry nach 600-jähriger Tradition das Brauen in der Zusamstadt beendet.
Was passiert mit dem Wertinger Schwanenbräu – der Brauerei und vor allem dem Bier? Seit Ende vergangenen Jahres ist klar, dass Fritz Carry das Bierbrauen in der Zusamstadt einstellen wird. Den letzten Sud hat er längst angesetzt. An diesem Donnerstag wird er die letzten Flaschen Helles und Kellerbier in seiner Brauerei in der Wertinger Schmidgasse abfüllen. In die Wehmut mischt sich Freude. Denn zumindest diese beiden beliebtesten Wertinger Biersorten wird es weiterhin geben.
Malz, Hopfen, Hefe, wie viel von was und von welchen Rohstofflieferanten.
Dazu Zeitabläufe und Temperaturführungen – so entsteht ein komplettes Rezept. Für jedes einzelne Bier jeder Brauerei. Während des Gärungsprozesses kontrolliert der Brauer immer wieder
sein Bier, greift gegebenenfalls ein, so dass letztendlich Würze, Geschmack und Kohlesäuregehalt munden – Nuancenabweichungen inbegriffen.
So hat auch Fritz Carry seine Biere
jahrzehntelang kreiert: ein Dunkles und ein Helles, ein Pils und ein Spezial, ein Festbier zu Weihnachten und eins zum Wertinger Volksfest, dazu sein Kellerbier. Allesamt exklusive Wertinger Biere, die in den Getränkemärkten und Gaststätten der Zusamstadt und der nahen Umgebung – in Lauingen und Höchstädt, Meitingen und Altenmünster – zu finden waren. Anfragen gab es auch darüber hinaus. Doch stieß Carry mit seinen Kapazitäten immer wieder an seine Grenzen. „Wir waren chronisch ausverkauft.“So behielt das Schwanenbräu-Bier stets seine Exklusivität in der Region Wertingen. Und das soll auch weiterhin so bleiben. Ursprünglich hatte der 64-Jährige vor, noch zwei Jahre länger aktiv im Sudhaus zu stehen. „Doch wir hätten jetzt technisch hinten und vorne sanieren müssen“, erklärt er. „Das ist der Hauptgrund, warum wir schon früher aufhören.“Über 600 Jahre besteht die Brauerei inmitten der Zusamstadt. Fritz Carry hatte sie 1981 von seinem Urgroßvater, Großvater und Vater übernommen. Künftig wird das Bier in Baar gebraut, in Wertingen aber weiterhin über Fritz Carry an seine „bunte Mischung von Kleinkunden“vertrieben.
„Wir übernehmen exakt das Rezept von Carry“, erklärt der Unterbaarer Geschäftsführer Franz Freiherr Groß von Trockau, „und er hat weiterhin seine Finger drauf.“Geschmacklich
soll und wird sich somit nichts ändern. Wobei alle Drei daran erinnern, dass das Brauen von Bier eine Handwerkskunst und kein computergesteuerter Vorgang ist. Entscheidend sei, dass das Wertinger Bier ein vollkommen anderes Produkt sei als das Unterbaarer, betont Freiherr Groß von Trockau – angefangen von der Flaschenform bis zum Inhalt. Jeden, der es nicht glaubt, lädt er ein zu probieren. Seit vielen Jahren arbeiten die beiden Brauereien bereits zusammen. Ob ein Bier verschwinde oder nicht, entscheide letztendlich der Verbraucher, betont Freiherr Groß von Trockau. „Solange die Nachfrage da ist, wird produziert.“