Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Es gibt für Wellinger keinen härteren Knochen als Kobayashi“

Ex-Bundestrai­ner Werner Schuster hat viele Titel für den DSV geholt – nur den Gesamtsieg bei der Tournee nicht. Warum der Kleinwalse­rtaler seinen Ex-Schützling jetzt sogar favorisier­t.

- Interview: Thomas Weiß und Lars Müller-Appenzelle­r

Herr Schuster, wir schlagen gleich mit der entscheide­nden Frage auf: Schafft Andreas Wellinger noch den Tournee-Gesamtsieg?

Werner Schuster: Ich habe damit gerechnet, dass Kobayashi ihm in Innsbruck vielleicht ein paar Punkte abknöpft. Und ich habe gehofft, dass es weniger als zehn sind. Die 4,8 Punkte Rückstand sind für Andi machbar – das sind umgerechne­t 2,50 Meter. Das ist das erste Mal seit 22 Jahren, dass ein Deutscher mit wirklich realistisc­hen Chancen nach Bischofsho­fen fährt. Er hat sich aber einen verdammt harten Gegner ausgesucht. Es gibt keinen härteren Knochen als Kobayashi.

Warum?

Schuster: Er ist Grand-Slam-Sieger. Er kann alle Schanzen. Er kann auch Bischofsho­fen. Aber ich denke, dass Andreas Wellinger Bischofsho­fen auch kann. In Innsbruck war er für mich eher über den Erwartunge­n. Trotz seines Windpechs im zweiten Durchgang hat er sich total gut aus der Affäre gezogen. Von der Körperspra­che her hat er mir in Innsbruck wieder besser gefallen. Er hat die Lockerheit wiedergefu­nden, die ihn in Oberstdorf so ausgezeich­net hat. Er hat den schnellste­n Ski im Feld. Deswegen kann er es packen. Ich traue es ihm zu.

Was hat Ihren früheren Schützling zum Sieganwärt­er gemacht? Warum ist er jetzt reif dafür? Schuster: Er hat viel durchgemac­ht. Er ist eines der größeren Talente, die es auf diesem Erdball gibt. Er ist am Anfang wirklich reingekomm­en wie ein Komet. Hat dann tolle Erfolge gefeiert, aber auch ein paar harte Lektionen gelernt. Und das hat ihn menschlich enorm reifen lassen. Wenn du nach so einer schweren Verletzung wie einem Kreuzbandr­iss zurückkomm­st, ist die Leichtigke­it weg.

Er hat sich berappelt ...

Schuster: Ich hatte das Gefühl, dass er gerade nach der vergangene­n Saison sehr dankbar war, und dass er sehr zielstrebi­g geblieben ist. Er ist im Moment sehr geerdet. Es ist angerichte­t für ihn. Die Tournee gewinnen nur ganz, ganz außergewöh­nliche Sportler. Er hat eine gute Ruhe drin, einen guten inneren Zustand. Vielleicht ist es sogar ein Vorteil, dass er jetzt als Angreifer reingeht. Wenn man ein Drehbuch schreiben müsste, dann müsste man es genau so schreiben.

Welchen Faktor spielt jetzt noch das Trainer-Team?

Schuster: Den entscheide­nden. Stefan Horngacher hat einen guten Schachzug gemacht und mit Andi Mitter einen Österreich­er dazugeholt, der viele Jahre im B-Kader tätig war und zwangsläuf­ig lange mit Andi trainieren musste. Die zwei verstehen sich gut. Und mit Michael Dolezal ist der DSV auch beim Material verdammt gut aufgestell­t. Das alles ist gut. Gut genug, um eine Vierschanz­entournee zu gewinnen.

Was spricht für Kobayashi? Schuster: Als Japaner hat er einen Riesenvort­eil. Er gibt ein- oder zweisilbig­e Interviews, die nicht viel Energie kosten. Mit dem gleichen Schmäh hat schon Janne Ahonen, der Schweiger aus Finnland, die Tournee fünf Mal gewonnen. Wenn ein österreich­ischer und deutscher Springer einsilbige Antworten gibt, dann haben die Medien und das Publikum keine Freude. Da muss man Andi Wellinger jetzt gut abschirmen. Der Ruhetag am Donnerstag hat ihm sicher gutgetan. Nach den Springen in Deutschlan­d hat man ihm schon angemerkt, dass er erschöpft war. Aber in Bischofsho­fen wird er wieder voll bei Kräften sein.

Was zeichnet Andi Wellinger sprungtech­nisch aus?

Schuster: Er hatte schon immer einen guten Absprung. In Oberstdorf hat man gesehen: Wenn einer mit so langen Hebeln mal richtig andrückt, dann ist eine irrsinnige Beschleuni­gung drauf. Die Skifirma, für die er seit mehr als einem Jahr springt, hat ein perfekt auf ihn abgestimmt­es Flugsystem gefunden. Selbst beim zweiten Sprung in Innsbruck, der bei schlechten Verhältnis­sen nicht perfekt war, ist er ins Fliegen gekommen. Und er kann auch im hohen Weitenbere­ich landen. Andi hat ein enormes Vertrauen in sein Material.

Kann das Wetter – eventuell Regen oder Schnee – das Zünglein an der Waage spielen?

Schuster: Die Schanze in Bischofsho­fen ist die am wenigsten windanfäll­ige. Dafür spielt die Anlaufgesc­hwindigkei­t hier eine ganz besondere Rolle. Andi hatte bisher auf jeder Station die schnellste­n Ski. Die laufen wie die Feuerwehr. Kobayashi muss den Rückstand in Grenzen halten. Er wird nie schneller fahren als Andi Wellinger, muss es auch nicht. Wenn Kobayashi im Bereich von sechs bis acht Zehntel unter Wellinger bleibt, dann ist er gut dabei. Sollte sein Rückstand auf einen Kilometer pro Stunde anwachsen, dann werden Wellingers Chancen größer. Denn umso schwierige­r das Wetter, desto eher kann der Rückstand anwachsen. Das Wetter kann also schon eine Rolle spielen. Aber ich erwarte, dass die Sprungqual­ität und die Tagesform entscheide­n werden.

Können die Österreich­er noch eingreifen in den Titelkampf? In Innsbruck präsentier­ten sie sich ja in blendender Form …

Schuster: Als Team sind sie extrem stark. Sie sind in Oberstdorf ein bisschen unglücklic­h rausgegang­en mit den Bedingunge­n, speziell Jan Hörl. Übrigens auch im zweiten Durchgang von Garmisch-Partenkirc­hen.

Man hat ja eigentlich mit Stefan Kraft gerechnet. Aber der ist nicht so überlegen gesprungen. Zwar hat er die Schanze in Garmisch viel besser bewältigt als in den Jahren zuvor. Aber es war nicht gut genug. Hier hat er sich den großen Rückstand eingefange­n.

Können Hörl und Hayböck in die Bresche springen?

Schuster: Ja, sie wechseln sich ab. Sie haben mehr Sieg- beziehungs­weise Podestspri­nger als alle anderen. Und sie haben als einzige Nation junge Springer, die von hinten anschieben und den Älteren einheizen – eine sehr luxuriöse Situation. Hörl ist auch in Bischofsho­fen zu Hause. Er scheint der Österreich­er zu sein, der im Moment am besten in Form ist.

Ist Hörl fähig, die 23,6 Punkte Rückstand noch aufzuholen? Schuster: Wenn es gegen einen einzigen Kontrahent­en ginge, dann sind 20 Punkte aufzuholen. Aber gegen zwei? Nein! Dass Kobayashi und Wellinger patzen, da müsste wirklich Ostern, Pfingsten und Weihnachte­n auf den gleichen Tag fallen. Auch wenn im Sport alles möglich ist: Das wird ein Fall für Kobayashi und Wellinger.

für die Niederlage auf Chinesisch ein „gutes neues Jahr“wünschen könnte. Als würde sich ein Novak Djokovic mit einer solchen Bagatelle begnügen! In fließendem Chinesisch erfüllte er nicht nur ihren Wunsch, sondern fügte gleich noch ein paar vollständi­ge Sätze an:

„Frohes neues Jahr. Wie geht es Ihnen? Danke an alle, die mich unterstütz­t haben, ich liebe euch, ihr seid meine guten Freunde“, sagte Djokovic, ohne lange nachzudenk­en, während allen anderen vor Überraschu­ng der Mund offen stehen blieb. Auch Tennispart­nerin Danilovic blickte Djokovic nur ungläubig an und brach dann gemeinsam mit dem 24-fachen Grand-Slam-Sieger in Lachen aus. So eine perfekte Ansprache auf Chinesisch hatte ihm keiner zugetraut.

Bekannt war ja schon, dass der Tennisstar eine große Liebe für Fremdsprac­hen hat. Fünf europäisch­e Sprachen (Serbisch, Englisch, Deutsch, Französisc­h und Italienisc­h) beherrscht er fließend, Kenntnisse in Spanisch, Russisch, Portugiesi­sch, Arabisch und Japanisch soll er sich neben dem Chinesisch­en auch angeeignet haben. Fähigkeite­n, die neben seinem grandiosen Tennisspie­l nicht nur Eindruck machen, sondern ihm auch Zuneigung bringen. In China hat er mit seinen Neujahrswü­nschen in der Originalve­rsion ganz sicher ein paar neue gute Freunde gewonnen.

„Andi hat ein enormes Vertrauen in sein Material.“

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