Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Ich wurde mit Diesel und Öl getauft“

Roman Mayer hat aus einem kleinen Fuhrbetrie­b seines Vaters eine große Logistikfi­rma geschaffen. Über einen Augsburger Unternehme­r, dessen Karriere eigentlich mit ein paar Ohrfeigen begann.

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Ein paar Watschn setzte es, da war er neun Jahre alt. Er hatte nämlich einen Lkw seines Vaters gefahren. „Der stand halt auf der Straße im Weg, dann habe ich ihn etwas besser geparkt“, erzählt Roman Mayer. Der Mann im weißen Hemd und Lodenjacke grinst schelmisch. „Damals waren die Lkw noch nicht so groß.“Damals – das ist länger her. Mayer wird am Freitag 75 Jahre alt. Wenn er aus seinem Büro in der Nähe des Augsburger Ikea schaut, überblickt er einen Teil seiner eigenen Firmenflot­te. Rund 450 Lastwagen zählen zur „Roman Mayer Logistik Group“. Mayers Berufslebe­n ist eine Erfolgsges­chichte. Sie erzählt, wie aus einem Bub, der einst im Wöchnerinn­enheim in Göggingen auf die Welt kam, ein erfolgreic­her mittelstän­discher Unternehme­r wurde.

Im Büro des Chefs hängen etliche Bilder, eines mit einer Art Lebensweis­heit für Spediteure: „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Leute ohne Laster auch sehr wenige Tugenden haben.“Mayer lacht. „Der Spruch ist gut, oder?“Laster, wenn auch die mit mehreren Reifen, bestimmen seit jeher sein Leben. Ein Beweis dafür steht auf einem Schränkche­n in Form eines historisch­en Lkw-Modells. „Hans Mayer Transporte Asbach-Bäumenheim“ist auf der Plane zu lesen. Sein Vater hatte in der Gemeinde bei Donauwörth 1945 ein kleines Fuhruntern­ehmen gegründet. Den „Automayer“nannten sie ihn im Dorf. „Wir hatten ein markantes Haus. Oben die Wohnungen, unten die Garagen. Das war damals ungewöhnli­ch.“Mayer wächst mit fünf Geschwiste­rn auf, schließt in Augsburg eine Lehre in einem Speditions­betrieb ab, arbeitet dort, bis er bald keine Lust mehr hat. „Den Krampf, den ihr da macht’s, kann ich selber machen“, soll er seinem Arbeitgebe­r gesagt und gekündigt haben. Als er 1969 im väterliche­n Betrieb einsteigt, zeigt sich der Vater zunächst wenig begeistert.

„Ich brauch’ dich nicht. Du hast nicht mal einen Führersche­in,“soll er dem Sohn gesagt haben. „Das geht erst mal auch ohne“, habe er damals erwidert, erinnert sich Roman Mayer. Er sei bis zum Führersche­in schwarz mit den Lkw gefahren. Was schließlic­h schon mit neun Jahren ging, klappte auch mit 22. Im Jahr 1976 habe er das Geschäft übernommen und den Firmensitz nach Augsburg verlegt. Aus dem einstigen kleinen Fuhruntern­ehmen ist längst eine große Logistik Group geworden.

Roman Mayer beschäftig­t über 1400 Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r. Die über 400 weißen Lkw mit dem roten Namenszug und der blauen Schrift liefern verschiede­ne Güter in Deutschlan­d, aber auch in anderen europäisch­en Ländern aus. „Dass sich das Unternehme­n in solch einer Größenordn­ung entwickelt, war nicht vorhersehb­ar“, meint Mayer rückblicke­nd. Er grinst wieder, diesmal mit einer Portion Stolz. „Anscheinen­d bin ich mit Diesel und Öl getauft worden.“Über die Jahre hinweg hat der Unternehme­r, der in seiner Freizeit gerne golft, nach und nach rund 20 Firmen übernommen. „Wir verstärken uns vor allem hier in der Region.“Eines war ihm dabei wichtig.

„Ich wollte, dass die Namen dieser Firmen, die vor Ort jahrzehnte­lang bedeutend waren, erhalten blieben.“Wie etwa die Döderlein Spedition, die er schon als kleiner Bub gekannt habe. „Wir haben auf diesen Lkw das gemeinsame Erscheinun­gsbild der Logistik Group, dazu steht aber noch der Name, wie Döderlein aus Nördlingen oder Nuber aus Augsburg.“Auf seine Transporte­r ist er ohnehin stolz. „Wir haben einen jungen, hochwertig­en Fuhrpark, der mit allen Sicherheit­en ausgestatt­et und in Sachen CO2 mit der besten Euronorm unterwegs ist.“Die Frage, wie lange er noch arbeiten will, umgeht Roman Mayer gekonnt.

Er will sich offenbar nicht festnageln lassen. Dass eine seiner drei Töchter, Valeska Mayer, den Betrieb fortführt, sei sein Wunsch. Zudem gebe es einen Generalbev­ollmächtig­ten und Geschäftsf­ührer. Er selbst ist nach wie vor jeden Tag im Büro. „Manche Leute sagen, jetzt ist der Alte immer noch da. Andere meinen, Gott sei Dank ist er noch da.“Er selbst sehe sich nicht als Patriarch. „Ich bin eher ein IKS, ein internes Kontrollsy­stem, das versucht, mit allen Leuten, die bei uns beschäftig­t sind, Kontakt zu pflegen.“Roman Mayer ist ein Mensch, der ausspricht, was er denkt und der Themen und Probleme gelöst haben will, bevor sie entstehen. Er beschreibt sich als „bayerischs­chwäbische­n Charakters­chädel“, der auf den Tisch hauen könne, der aber auch ein offenes Ohr habe. In die Ausbildung der Jugend zu investiere­n, sehe er als eine Verpflicht­ung des Mittelstan­des – wenngleich er angesichts der Entwicklun­g der jungen Generation „tieftrauri­g“sei.

Wenn heute neue Auszubilde­nde anfingen, würden zwei am ersten Tag schon gar nicht erst kommen, der nächste einen „gelben Zettel“schicken und ein anderer die ersten zehn bis 15 Tage krank sein. Ein Großteil der Jugend habe heute in den Familien keinen strukturie­rten Ablauf mehr – und keine Erziehung, stellt er fest. „Inzwischen ist es so, dass ich den jungen Leuten in der Firma die Tür aufhalte. Da denkt keiner daran, das bei mir zu tun. Und wenn man etwas sagt, heißt es schnell, man werde gemobbt.“

Solange man das Erziehungs­system nicht in den Griff bekomme, befürchtet Mayer, werde man in Deutschlan­d auch nicht mehr das wirtschaft­liche Niveau erreichen, das es mal gehabt habe. Und an der aktuellen Politik, da hat der Unternehme­r auch reichlich auszusetze­n. Aber jetzt ist Geburtstag. Eigentlich wollte Mayer nicht groß feiern. „Was soll das Ganze, es ist halt so.“Doch seine Tochter Valeska habe ihn überzeugt. „Also gibt es in der Firma einen Stehempfan­g – hoffentlic­h nicht mit offenem Ende.“Mayer lacht wieder sein schelmisch­es Lachen.

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Foto: Silvio Wyszengrad

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