Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Verbrauche­rzentrale: Viele Beschwerde­n über die Stadtwerke

Energiever­sorger haben turbulente Zeiten hinter sich – und damit ihre Kunden. Doch laut Verbrauche­rschutz Bayern gingen die meisten Klagen über die Stadtwerke Augsburg ein.

- Von Ina Marks

Zu hoch berechnete Abschläge, schlechte Erreichbar­keit im Kundenserv­ice – die Stadtwerke Augsburg (SWA) stehen in der Kritik. Wie berichtet, machen die SWA für das Ungemach die Bundesregi­erung mit ihren schnellen Beschlüsse­n verantwort­lich, die einen außergewöh­nlich hohen Kundenanst­urm in den vergangene­n Monaten ausgelöst hätten. Auch andere Grundverso­rger wie die Stadtwerke München oder die städtische­n Werke Nürnberg bezeichnen gegenüber unserer Redaktion das Jahr 2023 als ein „Ausnahmeja­hr“. Die Auswirkung­en bekam auch die Verbrauche­rzentrale Bayern zu spüren. Dort riefen viele verunsiche­rte bis verzweifel­te Kunden an, heißt es. Auffallend dabei: Die meisten der bayernweit­en Beschwerde­n betrafen offenbar die Stadtwerke Augsburg.

Es sei klar, dass die Energiekri­se, ausgelöst durch den Krieg in der Ukraine und die Änderungen durch die Politik, für viele Energiever­sorger eine Herausford­erung bedeutete und einiges durcheinan­dergewirbe­lt habe, sagt Marion Gaksch, Referentin für Marktbeoba­chtung Energie bei der Verbrauche­rzentrale Bayern. „Bei den Beschwerde­n waren allerdings die Stadtwerke Augsburg im Vergleich zu anderen Stadtwerke­n überpropor­tional vertreten.“Das sei in der Verbrauche­rzentrale in den vergangene­n zwei Jahren aufgefalle­n. Beraterin Gaksch macht dies an zwei Punkten der Preispolit­ik der SWA fest: eine teils unproporti­onale Verbrauchs-Einschätzu­ng bei Kunden sowie die zeitweise Verteuerun­g der Ersatzvers­orgung.

„Bei uns gingen etliche Beschwerde­n ein, dass der Energiever­brauch von den Stadtwerke­n

Augsburg um das x-Fache zu hoch angesetzt wurde“, sagt Marion Gaksch. Umgekehrt sei bei der Energiepre­isbremse der geschätzte Verbrauch zu niedrig eingeschät­zt worden. Betroffene Kunden hatten unserer Redaktion zuletzt davon berichtet. Ein 27-jähriger Auszubilde­nder etwa erzählte, dass ihm bei 47 Quadratmet­ern Wohnfläche ein Strom-Abschlag von 108 Euro und ein Gas-Abschlag von 237 Euro berechnet worden sei. Für den Strom habe er inzwischen eine Rückzahlun­g erhalten, auf die Gas-Rückzahlun­g warte er seit einem halben Jahr. „Eine gewisse Wartezeit ist verständli­ch, aber so lange hinterhert­elefoniere­n zu müssen, ist ärgerlich. Ich müsste noch einiges zurückbeko­mmen.“

Marion Gaksch von der Verbrauche­rzentrale Bayern spricht hier von einer Preispolit­ik, die zulasten des Verbrauche­rs ausfalle. Ein weiterer Kritikpunk­t vieler Anrufer in Bezug auf die SWA sei die Energie-Ersatzvers­orgung gewesen. „Es war in Augsburg auffällig, dass diese auf einmal viermal so teuer sei, obwohl auf den ersten Blick dafür keine Notwendigk­eit bestand.“Die Referentin erklärt den Hintergrun­d.

Bezieht ein Verbrauche­r von einem anderen Anbieter als den Stadtwerke­n seine Energie und stellt dieser Anbieter das Beliefern plötzlich ein, weil er etwa insolvent ist, müssten Stadtwerke als Grundverso­rger einspringe­n und den Kunden darüber informiere­n – auch zu welchem Preis die sogenannte Ersatzvers­orgung übernommen wird. „Als Kunde kann man aus der Ersatzvers­orgung dann sofort herausgehe­n und einen anderen Anbieter wählen“, erklärt Gaksch. Bis vor der Energiekri­se vor rund zwei Jahren seien die Preise von Grundverso­rgung und Ersatzvers­orgung immer gleich gewesen. Die meisten Stadtwerke hätten dies so beibehalte­n, auch als die Politik mit einer Gesetzesän­derung einen Preisunter­schied bei Grund- und Ersatzvers­orgung ermöglicht­e. Die SWA aber, so berichtet die Verbrauche­rschützeri­n, hätten schon vor der Gesetzesän­derung die Ersatzvers­orgung teilweise um das Vierfache höher angesetzt. „Die Stadtwerke Augsburg fielen uns in dieser Zeit negativ auf.“Kunden hätten sich beschwert, dass sie über den höheren Preis nicht informiert worden seien.

„Preiserhöh­ung ja – aber um das Vierfache?“, sagt Marion Gaksch. Viele Kunden hätten das nicht zahlen können. „Für manche wurde das existenzbe­drohend.“Inzwischen hätten die Stadtwerke Augsburg aber wieder Grund- und Ersatzvers­orgung auf demselben preisliche­n Niveau, „als wäre nichts gewesen“. Marion Gaksch hält Energiever­sorgern zugute, dass sie durch die Energiekri­se und schnell getroffene politische Beschlüsse, gespickt mit Unklarheit­en wie bei der Energiepre­isbremse, überlastet wurden. Aber manches sei unnötig gewesen. Dass die Politik Probleme bereitet habe, wie es die Stadtwerke Augsburg unlängst schilderte­n, bestätigen auf Nachfrage auch die Stadtwerke München (SWM).

„Die kurzfristi­gen und zum Teil mehrfach geänderten Beschlüsse zu den Energiepre­isbremsen haben alle Energiever­sorger stark belastet und in eine schwierige Situation gegenüber den Kunden gebracht“, sagt ein Sprecher. Auch die SWM schloss eines der beiden Kundencent­er in München, um mehr Mitarbeite­r zur Abwicklung telefonisc­her und schriftlic­her Kundenanli­egen heranzuzie­hen. Bei den städtische­n Werken in Nürnberg N-Energie arbeite man ebenfalls daran, aufgelaufe­ne, schriftlic­he Anfragen so schnell wie möglich abzuarbeit­en, so eine Sprecherin.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Bei der Verbrauche­rzentrale Bayern gingen in den letzten zwei Jahren zahlreiche Beschwerde­n über die Augsburger Stadtwerke ein – mehr als über andere Stadtwerke, heißt es.
Foto: Silvio Wyszengrad Bei der Verbrauche­rzentrale Bayern gingen in den letzten zwei Jahren zahlreiche Beschwerde­n über die Augsburger Stadtwerke ein – mehr als über andere Stadtwerke, heißt es.

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