Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Solidarität für den rollenden Protest
Mit etwa 400 Fahrzeugen haben Landwirte, Handwerker und Unternehmer in Schwabmünchen ihrem Unmut Luft gemacht.
Der geht als nasser und über weite Strecken auch recht milder Monat in die Statistik ein. Der erste Monat des meteorologischen Winters, der die Monate Dezember, Januar und Februar umfasst, zeigte sich zunächst winterlich, und zeitweise schneite es kräftig und zum Teil lang anhaltend. In vielen Regionen Deutschlands bildete sich eine Schneedecke. Besonders viel Schnee fiel dabei im Alpenvorland und in den Alpen, aber auch in unserer Region lagen so einige Zentimeter Schnee. In den Nächten gab es Frost, am kältesten war es mit minus 17,7 Grad in der Nacht zum 4. Dezember. Auch tagsüber blieben die Temperaturen teilweise unter dem Gefrierpunkt. Ab dem 9. Dezember stellte sich die Wetterlage aber um, und atlantische Tiefdruckgebiete übernahmen die Regie. In der Folge wurde es deutlich milder. Die Temperaturen
lagen gelegentlich um, im letzten Monatsdrittel auch nicht selten über der 10-Grad-Marke. Die höchste Temperatur wurde mit 12,2 Grad am 25. Dezember gemessen. Von Weihnachten bis Silvester setze sich bei uns trockenes und zeitweise auch freundliches Wetter durch. Trotz der kalten Witterung am Monatsanfang und insgesamt 15 Nächten mit Frost lag die mittlere Temperatur am Ende mit 3,3 Grad um 2,5 Grad über dem langjährigen Mittel der Jahre 1991 bis 2020. Neben milder Luft brachten die Tiefdruckgebiete aber auch viel Regen und zeitweise stürmischen Wind. Insgesamt kamen bei uns 85,3 Liter pro Quadratmeter zusammen. Im Vergleich zum Klimamittel fiel damit 72 Prozent mehr Niederschlag. Die Sonne schien im Dezember knapp 63 Stunden. Damit übertraf die Sonnenscheindauer ihr Soll um 17 Prozent.
Eine Demonstration dieser Größenordnung dürfte Schwabmünchen bislang nicht erlebt haben. Im Rahmen der Protestwoche zog am Dienstagabend ein kilometerlanger Konvoi aus Traktoren und Lastwagen durch die Stadt.
Die Versammlungsstrecke ging durch die Schwabmünchner Innenstadt und verursachte im gesamten Bereich spürbare Verkehrsbehinderungen. Einsatzkräfte der Polizei waren vor Ort, um die Versammlung zu begleiten und die Beeinträchtigungen im Rahmen des Möglichen zu minimieren. Zu einem Verkehrschaos sei es nicht gekommen, teilte die Polizei mit. Die Einsatzkräfte vor Ort unter der Leitung der Polizeiinspektion Schwabmünchen stellten insgesamt einen reibungslosen Verlauf ohne Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten fest.
Auf Plakate, Schilder und Tafeln hatten viele beteiligte Landwirte ihre Kritik geschrieben: „Ist der Bauer ruiniert, wird klimaschädlich importiert“, „Stirbt der Bauer, stirbt das Land“, „Wir machen Euch satt, doch die Regierung macht uns platt“oder „Deutschland hat einen Fachkräftemangel in der Politik“. Befürchtungen, wie es den Landwirten in Zukunft ergehen könnte, zeigte symbolisch ein Sarg mit einem Skelett. Darauf stand: „Zum Gedenken an die deutschen Bauern.“
Deutlich wurde die Kritik an der aktuellen Regierung: Eine Ampel baumelte zum Beispiel an einem aufgebauten Galgen. Auf Bannern war zu lesen: „Zieht der Ampel den Stecker“oder „Die Ampel muss weg“. Ein Landwirt aus dem Unterallgäu hatte an den seinen Traktor ein großes Schild montiert. Darauf stand in Neonfarben: „Gesetze und Regeln ohne Verstand. Erst stirbt der Bauer dann das Land!“An einem schwarz-rot-gelb besprühten Unfallfahrzeug auf einem Tieflader prangten die Porträtbilder von Bundeskanzler Olaf Scholz und den Ministern Annalena Baerbock und Robert Habeck.
Schon weit vor Beginn des Korsos war klar, dass die Zahl der Teilnehmer größer wird als erwartet. „Wir hatten anfangs mit 100 Teilnehmern gerechnet, bekamen dann aber Zusagen von 300 Landwirten“, so Helmut Kugelmann. Am Ende waren es – laut Polizeiangaben 400 Fahrzeuge, die von Nord nach Süd durch die Stadt zogen. Und es machten sich nicht nur Landwirte auf den Weg. Auch viele Lastwagen und Transporter, vorwiegend aus dem Bau- und Gastrogewerbe, fuhren mit. Da deutlich mehr Fahrzeuge als angenommen an der Versammlung teilnahmen, wurde die Versammlung laut Polizei erst gegen 21 Uhr anstatt wie geplant um 20 Uhr beendet. Die Versammlung löste sich dann aber schnell auf.
Doch nicht nur auf den Straßen war viel los. Auch links und rechts der Fahrbahn wurde mitprotestiert. Hunderte Menschen beklatschen die Landwirte, zeigten mit erhobenen Daumen ihre Solidarität. Einige hatten auch Schilder dabei, die ähnlich wie die Plakate an den Fahrzeugen des Korsos immer dieselbe Grundbotschaft mitteilten: Kritik an der Politik der Bundesregierung.
Auch die Politik aus der Region war vor Ort. Schwabmünchens Bürgermeister Lorenz Müller war mit den Landtagsabgeordneten Carolina Trautner (CSU) und Anton Rittel (Freie Wähler) ebenso auf der Rednerbühne am Festplatz wie Bundestagsmitglied Hansjörg Durz (CSU), davor fanden sich einige Stadträte Schwabmünchens ein. Die Politiker verzichteten dabei auf Reden. „Heute geht es um
Lob von den anwesenden Politikern
die Bauern, daher sollen die sprechen“, stellte Lorenz Müller klar. Die taten das dann auch via Megafon.
Martin Mayr, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands (BBV) zeigte auf, dass es der Landwirtschaft nicht nur um die Fahrzeugsteuer und die gestrichene Dieselsubvention geht. „Die bringt das Fass nur zum Überlaufen“, so Mayr. Es wurden noch weitere Regierungsentscheidungen aufgezählt, die den Landwirten „das Leben und Arbeiten immer schwerer machen“.
Vor der Rednerbühne gab es von den anwesenden Politikern zuallererst Lob für die Veranstaltung. „Es ist erstaunlich. Was hier aktiviert wurde, ist überwältigend“, sagte Anton Rittel. Carolina Trautner drückte ihre Hoffnung aus, „dass der Bund begriffen hat, dass eine Grenze erreicht wurde. Die Kürzungen müssen zurückgenommen werden“, so die Landtagsabgeordnete.
Als Bundestagsmitglied ist Hansjörg Durz am nächsten an den Entscheidungen der Ampelkoalition. „Man sieht im ganzen Land die Verunsicherung der Menschen. Die Menschen machen sich Sorgen“, sagte Durz, der Neuwahlen für die beste Lösung hält. „Unsere Republik bräuchte eine neue Regierung“, stellte er dar. (mit mcz)