Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Bürgermeister sind sauer über die Neueinteilung
Der südliche Landkreis Augsburg soll bei der Bundestagswahl neuen Wahlkreisen zugeordnet werden. Das erzeugt Unmut in den Rathäusern.
Der frühere Bundeswahlkreis Augsburg-Land wird zerrissen: Der Innenausschuss des Parlaments in Berlin hat in dieser Woche beschlossen, dass Schwabmünchen und die Stauden künftig zum neuen Wahlkreis Memmingen-Unterallgäu gehören sollen und gleichzeitig einige LechfeldGemeinden Teil des Wahlkreises Ostallgäu werden. Betroffen sind davon Tausende Wähler. Die Reaktionen sind deutlich.
Harsche Kritik kommt von Grabens Bürgermeister Andreas Scharf. Er sagt: „Wenn man das bisherige Handeln der Ampelregierung betrachtet, wird auch dieser Unsinn bis zum Ende durchgezogen. Man kann aber schon heute davon ausgehen, dass sich das bei der übernächsten Wahl wieder ändern wird, weil die Ampel die Bundestagswahl 2025 nicht überleben wird.“Scharf, der keiner Partei angehört, hatte Anfang des Jahres einen Brief an die Regierung geschrieben und darin die Ablehnung des Gemeinderats festgehalten. Darin aufgeführt sind praktische Gründe wie die unterschiedliche Software zur Durchführung der Wahl. Auch der generell fehlende Bezug zum Landkreis Ostallgäu wird aufgeführt.
Auch Schwabmünchens Bürgermeister Lorenz Müller ist sauer: „Die geplante Neueinstellung ist für die Stadt Schwabmünchen und die Region sachlich aber auch nach dem Empfinden der Menschen eine krasse Fehlentscheidung. Es wird mutwillig geteilt, was zusammengehört. Die Ampelregierung hat wieder eine Entscheidung getroffen, ohne mit den Betroffenen, das heißt Bürgerinnen und Bürgern und den Gemeinden, in den Dialog zu treten.“
Seiner Meinung nach werde auch die politische Arbeit in der Region massiv belastet. Der Landkreis-Süden – Begegnungsland Lech Wertach – habe schon vor langem erkannt, dass herausfordernde Aufgaben wie die Energiewende, Verkehrsprojekte oder auch kulturelle Identität am effektivsten interkommunal umgesetzt werden können. Müller: „Deshalb haben wir im Begegnungsland und der VG Stauden zum Beispiel die Regionalwerke für gemeinsame Energieprojekte gegründet. In vielen Projekten geht es um die Umsetzung von Bundesrecht auch häufig auch um Bundesförderungen. Wir haben dabei immer hervorragende Unterstützung durch den für uns im Begegnungsland zuständigen Bundestagsabgeordneten Hansjörg Durz erfahren.“Eine Neueinteilung würde bedeuten, dass künftig bei gemeinsamen Projekten jeweils die Unterstützung von Abgeordneten aus drei Wahlkreisen gesucht werden müsse.
Die CSU-Landtagsabgeordnete und frühere Sozialministerin Carolina Trautner, die ihr Wahlkreisbüro in Schwabmünchen hat, geht ebenfalls hart ins Gericht mit der Entscheidung: „Die Zersplitterung, die mit der nun beschlossenen Einteilung kommt, ist für unseren Landkreis eine Zumutung.
Die bisherige Aufteilung, nach der Königsbrunn zur Stadt Augsburg zählte und Altenmünster das zum Donau-Ries gehörte, waren schon schwer zu vermitteln. Aber diese Neueinteilung ist eine totale Zersplitterung, die an den Lebensräumen der Menschen vorbei skizziert wurde.“Die Entscheidung sei nicht nachvollziehbar und gefährde den Zusammenhalt im Landkreis Augsburg. Es sei zu befürchten, dass die Neueinteilung zu Politikverdrossenheit und geringeren Wahlbeteiligungen führt.
Nach Ansicht von Trautner handele es sich um keine nachhaltige Lösung, da wegen der anzunehmenden Bevölkerungsentwicklung abzusehen sei, dass dieser „unglückliche Wahlkreiszuschnitt so nur vier Jahre Bestand“haben kann.
Damit würden zur übernächsten Bundestagswahl erneut Änderungen anstehen, was gegen eine anzustrebende Kontinuität spricht. Die Wahlkreise müssten aufgrund ihrer Größe 2029 erneut angepasst werden, erklärt Landrat
Martin Sailer. „Am Ende weiß doch niemand mehr, zu welchem Wahlkreis eine Kommune eigentlich gehört und welche Abgeordneten für die Interessen welcher Kommunen einstehen.“Er prophezeit: „Anstatt die Politikverdrossenheit in der Bevölkerung durch schlüssige Entscheidungen zu steigern, wird die Ampel durch diese neue Regelung im Zweifel nur das Gegenteil bewirken.“
Zum neuen
Wahlkreis Memmingen-Unterallgäu
gehören neben der kreisfreien Stadt Memmingen der Landkreis Unterallgäu, die Stadt Schwabmünchen, die Marktgemeinde Fischach und die Verwaltungsgemeinschaft Stauden mit Langenneufnach, Mickhausen, Mittelneufnach, Scherstetten und Walkertshofen. Gleichzeitig werden die Gemeinden Graben, Großaitingen, Kleinaitingen, Oberottmarshausen, Hiltenfingen, Langerringen sowie Klosterlechfeld und Untermeitingen dem bereits bestehenden Wahlkreis Ostallgäu zugeordnet. Sämtliche weitere Kommunen des Landkreises Augsburg
würden mit Städten und Gemeinden des Landkreises AichachFriedberg den Wahlkreis AugsburgLand bilden. Im Zuge der Reform soll nach dem Willen der Koalitionsparteien der Wahlkreis Augsburg-Stadt die zum Landkreis Augsburg zählende Stadt Königsbrunn wieder an den Land-Wahlkreis verlieren. Altenmünster (bisher Donau-Ries) kommt zurück in den Wahlkreis Augsburg-Land.
Der Neuzuschnitt beruht darauf, dass die Einwohnerzahl in den Wahlkreisen Ostallgäu und Augsburg-Land so stark gewachsen ist, dass gesetzlicher Handlungsbedarf besteht: Das ist der Fall, wenn die Einwohnerzahl um über 25 Prozent von der durchschnittlichen Bevölkerungszahl aller Wahlkreise abweicht. Wahlkreise unterscheiden sich grundsätzlich von den Grenzen der Landkreise oder Städte, da sie im Schnitt jeweils rund 250.000 Einwohner mit deutschem Pass zählen sollen. Mit dem zusätzlichen Wahlkreis erhält der Freistaat mehr Gewicht in der Bundespolitik.