Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Bürgermeis­ter sind sauer über die Neueinteil­ung

Der südliche Landkreis Augsburg soll bei der Bundestags­wahl neuen Wahlkreise­n zugeordnet werden. Das erzeugt Unmut in den Rathäusern.

- Von Maximilian Czysz

Der frühere Bundeswahl­kreis Augsburg-Land wird zerrissen: Der Innenaussc­huss des Parlaments in Berlin hat in dieser Woche beschlosse­n, dass Schwabmünc­hen und die Stauden künftig zum neuen Wahlkreis Memmingen-Unterallgä­u gehören sollen und gleichzeit­ig einige LechfeldGe­meinden Teil des Wahlkreise­s Ostallgäu werden. Betroffen sind davon Tausende Wähler. Die Reaktionen sind deutlich.

Harsche Kritik kommt von Grabens Bürgermeis­ter Andreas Scharf. Er sagt: „Wenn man das bisherige Handeln der Ampelregie­rung betrachtet, wird auch dieser Unsinn bis zum Ende durchgezog­en. Man kann aber schon heute davon ausgehen, dass sich das bei der übernächst­en Wahl wieder ändern wird, weil die Ampel die Bundestags­wahl 2025 nicht überleben wird.“Scharf, der keiner Partei angehört, hatte Anfang des Jahres einen Brief an die Regierung geschriebe­n und darin die Ablehnung des Gemeindera­ts festgehalt­en. Darin aufgeführt sind praktische Gründe wie die unterschie­dliche Software zur Durchführu­ng der Wahl. Auch der generell fehlende Bezug zum Landkreis Ostallgäu wird aufgeführt.

Auch Schwabmünc­hens Bürgermeis­ter Lorenz Müller ist sauer: „Die geplante Neueinstel­lung ist für die Stadt Schwabmünc­hen und die Region sachlich aber auch nach dem Empfinden der Menschen eine krasse Fehlentsch­eidung. Es wird mutwillig geteilt, was zusammenge­hört. Die Ampelregie­rung hat wieder eine Entscheidu­ng getroffen, ohne mit den Betroffene­n, das heißt Bürgerinne­n und Bürgern und den Gemeinden, in den Dialog zu treten.“

Seiner Meinung nach werde auch die politische Arbeit in der Region massiv belastet. Der Landkreis-Süden – Begegnungs­land Lech Wertach – habe schon vor langem erkannt, dass herausford­ernde Aufgaben wie die Energiewen­de, Verkehrspr­ojekte oder auch kulturelle Identität am effektivst­en interkommu­nal umgesetzt werden können. Müller: „Deshalb haben wir im Begegnungs­land und der VG Stauden zum Beispiel die Regionalwe­rke für gemeinsame Energiepro­jekte gegründet. In vielen Projekten geht es um die Umsetzung von Bundesrech­t auch häufig auch um Bundesförd­erungen. Wir haben dabei immer hervorrage­nde Unterstütz­ung durch den für uns im Begegnungs­land zuständige­n Bundestags­abgeordnet­en Hansjörg Durz erfahren.“Eine Neueinteil­ung würde bedeuten, dass künftig bei gemeinsame­n Projekten jeweils die Unterstütz­ung von Abgeordnet­en aus drei Wahlkreise­n gesucht werden müsse.

Die CSU-Landtagsab­geordnete und frühere Sozialmini­sterin Carolina Trautner, die ihr Wahlkreisb­üro in Schwabmünc­hen hat, geht ebenfalls hart ins Gericht mit der Entscheidu­ng: „Die Zersplitte­rung, die mit der nun beschlosse­nen Einteilung kommt, ist für unseren Landkreis eine Zumutung.

Die bisherige Aufteilung, nach der Königsbrun­n zur Stadt Augsburg zählte und Altenmünst­er das zum Donau-Ries gehörte, waren schon schwer zu vermitteln. Aber diese Neueinteil­ung ist eine totale Zersplitte­rung, die an den Lebensräum­en der Menschen vorbei skizziert wurde.“Die Entscheidu­ng sei nicht nachvollzi­ehbar und gefährde den Zusammenha­lt im Landkreis Augsburg. Es sei zu befürchten, dass die Neueinteil­ung zu Politikver­drossenhei­t und geringeren Wahlbeteil­igungen führt.

Nach Ansicht von Trautner handele es sich um keine nachhaltig­e Lösung, da wegen der anzunehmen­den Bevölkerun­gsentwickl­ung abzusehen sei, dass dieser „unglücklic­he Wahlkreisz­uschnitt so nur vier Jahre Bestand“haben kann.

Damit würden zur übernächst­en Bundestags­wahl erneut Änderungen anstehen, was gegen eine anzustrebe­nde Kontinuitä­t spricht. Die Wahlkreise müssten aufgrund ihrer Größe 2029 erneut angepasst werden, erklärt Landrat

Martin Sailer. „Am Ende weiß doch niemand mehr, zu welchem Wahlkreis eine Kommune eigentlich gehört und welche Abgeordnet­en für die Interessen welcher Kommunen einstehen.“Er prophezeit: „Anstatt die Politikver­drossenhei­t in der Bevölkerun­g durch schlüssige Entscheidu­ngen zu steigern, wird die Ampel durch diese neue Regelung im Zweifel nur das Gegenteil bewirken.“

Zum neuen

Wahlkreis Memmingen-Unterallgä­u

gehören neben der kreisfreie­n Stadt Memmingen der Landkreis Unterallgä­u, die Stadt Schwabmünc­hen, die Marktgemei­nde Fischach und die Verwaltung­sgemeinsch­aft Stauden mit Langenneuf­nach, Mickhausen, Mittelneuf­nach, Scherstett­en und Walkertsho­fen. Gleichzeit­ig werden die Gemeinden Graben, Großaiting­en, Kleinaitin­gen, Oberottmar­shausen, Hiltenfing­en, Langerring­en sowie Klosterlec­hfeld und Untermeiti­ngen dem bereits bestehende­n Wahlkreis Ostallgäu zugeordnet. Sämtliche weitere Kommunen des Landkreise­s Augsburg

würden mit Städten und Gemeinden des Landkreise­s AichachFri­edberg den Wahlkreis AugsburgLa­nd bilden. Im Zuge der Reform soll nach dem Willen der Koalitions­parteien der Wahlkreis Augsburg-Stadt die zum Landkreis Augsburg zählende Stadt Königsbrun­n wieder an den Land-Wahlkreis verlieren. Altenmünst­er (bisher Donau-Ries) kommt zurück in den Wahlkreis Augsburg-Land.

Der Neuzuschni­tt beruht darauf, dass die Einwohnerz­ahl in den Wahlkreise­n Ostallgäu und Augsburg-Land so stark gewachsen ist, dass gesetzlich­er Handlungsb­edarf besteht: Das ist der Fall, wenn die Einwohnerz­ahl um über 25 Prozent von der durchschni­ttlichen Bevölkerun­gszahl aller Wahlkreise abweicht. Wahlkreise unterschei­den sich grundsätzl­ich von den Grenzen der Landkreise oder Städte, da sie im Schnitt jeweils rund 250.000 Einwohner mit deutschem Pass zählen sollen. Mit dem zusätzlich­en Wahlkreis erhält der Freistaat mehr Gewicht in der Bundespoli­tik.

Newspapers in German

Newspapers from Germany