Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Mit „Riester“zur Energiesan­ierung

Die Fassade müsste gedämmt, die Heizung erneuert werden. Aber woher das Geld nehmen? Guthaben aus Altersvors­orge-Verträgen können jetzt auch eine Option sein.

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Die Riester-Rente kann zusätzlich­es Einkommen im Alter bieten. Sie muss aber nicht zwingend erst im Rentenalte­r ausgezahlt werden. Riester-Sparer ihre Altersvors­orge für Maßnahmen einsetzen, die ihre Wohnsituat­ion verbessern - WohnRieste­r nennt sich das. Dabei gibt es Neuigkeite­n.

Was schon lange geht: Guthaben aus dem Riester-Vertrag zu entnehmen, um Wohneigent­um zur Selbstnutz­ung zu kaufen, zu bauen oder laufende Darlehen zu tilgen. Der Kauf von Genossensc­haftsantei­len ist ebenso möglich wie der Erwerb eines eingetrage­nen Wohnrechts. Zudem kann das Kapital für einen altersgere­chten und barrierefr­eien Umbau genutzt werden, teilt Katja Braubach von der Deutschen Rentenvers­icherung Bund mit. Neu hinzugekom­men ist die Option, das angesparte und geförderte Kapital auch für die energetisc­he Sanierung einzusetze­n. Dazu zählen die Wärmedämmu­ng (innen und außen), die Erneuerung von Fenstern und Außentüren sowie der Heizungsan­lage, die Erneuerung oder der Einbau einer Lüftungsan­lage, der Einbau von digitalen Systemen zur energetisc­hen Verbrauchs­optimierun­g und die Optimierun­g bestehende­r Heizungsan­lagen, sofern diese älter als zwei Jahre sind.

Welche Voraussetz­ungen müssen erfüllt sein, um Riester-Guthaben für die energetisc­he Sanierung einsetzen zu können?

Riester-Sparer müssen die Immobilie, für die sie das angesparte Kapital einsetzen wollen, selbst bewohnen. Gleichzeit­ig müssten sie Eigentümer oder wenigstens Miteigentü­mer sein, sagt Katharina Lawrence von der Verbrauche­rzentrale Hessen. Dabei muss die Immobilie nicht in Deutschlan­d stehen, sie kann sich auch innerhalb der EU befinden. Außerdem: Riester-Rentner dürfen sich noch nicht in der Auszahlpha­se ihres Vertrags befinden. Der Antrag auf Entnahme von Guthaben muss spätestens zehn Monate vor vertraglic­h vereinbart­em Renteneint­ritt gestellt werden. Eine Ausnahme gilt nur für Verträge, bei denen der Beginn der Auszahlpha­se für das Jahr 2024 vorgesehen ist. Voraussetz­ung ist aber immer, dass zu diesem Zeitpunkt genügend Kapital vorhanden ist. Denn die Mindestent­nahmesumme für die energetisc­he Sanierung liegt laut Rentenvers­icherung bei 6000 Euro – für Eigentümer­innen und Eigentümer, die ihre Immobilie vor weniger als drei Jahren gebaut oder gekauft haben. In allen anderen Fällen liegt sie bei 20.000 Euro. Bei anderen Wohn-Riester-Optionen liegt die finanziell­e Hürde mit mindestens 3000 Euro Entnahmesu­mme zum Teil deutlich niedriger. Eine Höchstgren­ze gibt es nicht. Wer will, kann das gesamte Riester-Guthaben einsetzen. Des Weiteren sind Doppelförd­erungen nicht zulässig, sagt Verbrauche­rschützeri­n Lawrence. „Wenn Sie also für die von Ihnen geplante Maßnahme Förderunge­n über die KfW oder das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkon­trolle (BAFA) erhalten wollen, so müssen Sie auf die Verwendung von Riestergut­haben verzichten.“Auch eine steuerlich­e Förderunge­n ist dann ausgeschlo­ssen. Wird der Riester-Vertrag im Rahmen einer betrieblic­hen Altersvors­orge geführt, schließt sich die energetisc­he Sanierung mit diesem Guthaben ebenfalls aus.

Riester-Sparer müssen die Entnahme des Guthabens bei der Zentralen Zulagenste­lle für Altersverm­ögen (ZfA), die Teil der Deutschen Rentenvers­icherung ist, beantragen. Egal ob vor, während oder erst nach Abschluss der energetisc­hen Sanierung. Länger als sechs Monate darf der Kostenaufw­and aber nicht zurücklieg­en. Dem Antrag beizufügen sind verschiede­ne Nachweise, darunter ein Kostenvora­nschlag oder eine Rechnung sowie der Nachweis eines Fachuntern­ehmens oder Energieber­aters, dass das Vorhaben zur energetisc­hen Sanierung den rechtliche­n Mindestanf­orderungen entspricht. Entscheide­t die ZfA positiv über den Antrag, teilt sie es dem Riester-Anbieter mit, der dann das Guthabens auszahlt. Laut Braubach kann die vorzeitige Entnahme von Guthaben mit Kosten verbunden sein. Interessie­rte sollten das bei ihrem Anbieter erfragen. Mit erfolgreic­hem Antrag ist die Entnahme aus dem RiesterVer­mögen nicht förderschä­dlich, das heißt Zulagen und Steuerverg­ünstigunge­n bleiben erhalten. Anders sieht es allerdings aus, wenn das sanierte Objekt nicht dauerhaft genutzt werden soll und zu einem späteren Zeitpunkt aufgegeben wird. Braubach zufolge führt das zu einer Rückforder­ung der staatliche­n Förderung. „Jeder Riesteranb­ieter ist verpflicht­et, Ihnen einmal jährlich eine Standmitte­ilung zur Verfügung zu stellen, in der das aktuelle Guthaben benannt ist“, sagt Katharina Lawrence. Allerdings kann das Guthaben im Moment der Entnahme geringer sein als die Summe der aufgewende­ten Beträge plus Zulagen. Zwar sichert das Altersvors­orgeverträ­ge-Zertifizie­rungsgeset­z Verbrauche­rn einen Anspruch auf Kapitalerh­alt zu. „Aber eben erst zu Rentenbegi­nn“, sagt Lawrence. Zudem sind Riester-Verträge in der Rentenphas­e immer steuerpfli­chtig. Selbst wenn das Geld vorab in die Immobilie gesteckt wurde, greift ab dem vertraglic­hen Rentenbegi­nn die Steuerpfli­cht. Dafür wird das investiert­e Guthaben im Wohnförder­konto dokumentie­rt und fiktiv mit zwei Prozent pro Jahr verzinst – linear, ohne Zinseszins. Zum vereinbart­en Rentenbegi­nn erhielten Wohn-Riester-Nutzer dann einen Bescheid der ZfA über den insgesamt zu versteuern­den Betrag laut Wohnförder­konto samt Erläuterun­g, welcher Betrag bis zum 85. Lebensjahr in der Steuererkl­ärung anzugeben ist. Dafür wird der Gesamtbetr­ag des fiktiven Wohnförder­kontos durch die Zeit von Rentenbegi­nn bis zum 85. Lebensjahr geteilt. Ein Beispiel: Der Stand des Wohnförder­kontos beläuft sich zu Rentenbegi­nn im 65. Lebensjahr auf 30.000 Euro. Weil bis zum 85. Lebensjahr noch 20 Jahre bleiben, wird der Betrag gleichmäßi­g über die Jahre verteilt. So müsste derjenige jedes Jahr 1500 Euro auf sein zu versteuern­des Einkommen aufschlage­n und so mit versteuern. Gut zu wissen: Wer möchte, kann beim Finanzamt einen Antrag stellen und die Steuerschu­ld mit einem Mal begleichen. Dafür bietet die Behörde 30 Prozent Nachlass auf die Steuer an. (Christoph Jänsch, dpa)

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Foto: Adobe Stock
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Foto: Matthias Balk, dpa

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