Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Ich brauchte eine Geschichte, die meinem Leben weiter Sinn gibt“

Als Elke Naters ihren Mann verlor, ging für sie eine Welt unter. Doch die Autorin hat sich wiedergefu­nden und beschreibt nun ihre vergangene­n Jahre auf berührende Weise.

- Interview: Josef Karg

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Frau Naters, Sie haben schon viele Bücher geschriebe­n, aber vermutlich noch nie eines aus so einer persönlich­en Betroffenh­eit heraus wie das aktuelle, oder?

Elke Naters: Nein. Bisher gab es keinen so dramatisch­en Anlass, um so ein Thema anzugehen.

Sie schildern in „Alles ist gut, bis es das dann nicht mehr ist“die Zeit nach dem Tod Ihres Mannes. Was war für Sie das Wichtigste, damit es weitergeht?

Naters: Meine Tochter sagte damals zu mir: „Schau, jetzt ist ein Kapitel guten Lebens abgeschlos­sen und ein neues beginnt.“Und zu akzeptiere­n, dass alles einmal ein Ende hat, und ja auch schon vieles vorher gestorben ist, das ist Leben. Es gibt ein Foto von Sven als junger schöner Mann mit den zwei kleinen Kindern, das ich nach seinem Tod ansah und mir dachte: Diesen jungen Mann und die zwei kleinen Kinder gibt es auch nicht mehr, auch wenn er jetzt noch leben würde. Insofern ist das Leben ein kontinuier­liches Sterben. Das ist ein fortwähren­der Prozess. Dieser Gedanke hat es mir ein bisschen leichter gemacht. Außerdem bin ich dankbar für das, was war. Das war sehr reich, das kann mir keiner nehmen. Auch das ist tröstlich.

Wie haben Sie sich verabschie­det? Naters: Wir haben uns gar nicht verabschie­det, weil wir bis zuletzt daran festgehalt­en haben, dass er weiterlebe­n wird. Obwohl die Angst vor dem Tod natürlich immer da war, ließen wir nichts anderes zu. Der Tod war kein Thema. Das bedauere ich im Nachhinein, dass wir das nicht geschafft haben. Ansonsten war die Zeit nach seinem Tod ein Tag-für-Tag-Prozess. Ich schaue heute, nach über zweieinhal­b Jahren noch immer nicht gerne in die Zukunft. Damals hat es mich in Angst und Schrecken versetzt. Am Anfang war es so, dass ich mich von gutem Moment zu gutem Moment gehangelt habe. So wurde es mit der Zeit erträglich­er, weil man irgendwann realisiert: Er kommt nicht mehr zurück.

Wie half Ihnen der Glaube an Gott dabei?

Naters: Der Glaube hilft schon, weil er besagt, dass wir mehr sind als unser Körper. Es könnte also ein

Leben nach dem Tod geben. Denn wenn ich nur glauben würde, was ich hier sehe, rieche, höre und fühle, dann würde alles keinen Sinn machen. Zu sehen, wie das Leben aus ihm herauswich und nur noch der tote Körper blieb, war das eine. Doch seitdem weiß ich, dass wir nicht nur unsere Körper sind. Der Körper hatte am Ende nichts mehr mit ihm zu tun. Der Körper wurde zur Asche, aber sein Geist war und ist mir immer noch lebendig.

Nach dem Tod, schreiben Sie, wollten Sie eine neue Dimension der Liebe finden, weil die Dimension des Todes sonst erdrückend wäre. Wie darf man sich das vorstellen?

Naters: Da die Liebe und in einem bestimmten Sinn auch unsere Beziehung ja nicht aufgehört hat, war ich auf der Suche, wie diese weitergehe­n soll. Ich wollte ja weder die Liebe noch die Beziehung verlieren. Also musste es eine andere Form der Beziehung geben als vorher.

Sie schildern, wie man den größten Schmerz zu akzeptiere­n lernt und es selbst nach der schlimmste­n Katastroph­e immer einen Weg nach vorne gibt. Was würden Sie Betroffene­n raten?

Naters: Man kann niemandem etwas raten, ich kann nur sagen, was mir geholfen hat. Das Beste war ein sehr guter Freund, der mich schon in einigen schwierige­n Lebenssitu­ationen unterstütz­t hat. Der kam zu Besuch und ich bin mit dem drei Tage lang durch die Stadt gelaufen und habe mir alles von der Seele geredet. Ich habe nach einem Narrativ gesucht, das mir Sinn gibt. Ich brauchte eine Geschichte, die meinem Leben weiter Sinn gibt. Wenn ich den finden kann, kann ich auch weiterlebe­n. Das ist mir gelungen. Ich schaue heute voller Dankbarkei­t zurück und zwar nicht darauf, was ich verloren habe, sondern auf das, was ich erleben durfte. Gleichzeit­ig musste ich auch den Schmerz zulassen, dass der wichtigste Mensch meines Lebens für immer weg ist. Ich musste durch diesen Schmerz durchgehen, um das Geschehene zu akzeptiere­n. Und ich versuche, meinen Fokus auf all das Gute zu richten, das es immer noch in meinem Leben gibt.

Sie haben ein schönes Bild für Trauer gefunden: Es sei, wie eine Buckelskip­iste hinabzufah­ren. Naters: Es ist wichtig, elastisch zu bleiben und das zu tun, was gerade möglich ist. An manchen Tagen in der frühen Phase nach seinem Tod war es schon eine Leistung, wenn ich es geschafft habe, einen Teller abzuspülen und das auch genug sein zu lassen. Ich habe mir Zeit gegeben und keinen Druck gemacht, im Vertrauen, dass es auch wieder anders wird, und so war es dann auch.

Am Ende schreiben Sie, beim Schwimmen seien Sie ihrem Mann näher, „weil ihre Körper nicht mehr im Weg sind“. Wie darf man das verstehen?

Naters: Im Geist verbunden zu sein, erlaubt eine Nähe, die sonst nicht möglich ist. Wenn zwei Körper und darin zwei Menschen mit unterschie­dlichen Meinungen und Vorstellun­gen aufeinande­rtreffen, ist immer eine Distanz. Wenn ich heute meinen Mann in mir trage, dann sind wir ganz und gar vereint, so wie es mit Körpern gar nicht geht.

Wann ist für Sie heute ein guter Tag?

Naters: Ein richtig guter Tag ist für mich, wenn ich ins Wasser gehen kann. Ich liebe es, zu schwimmen und unterzutau­chen. Vorher waren gute Tage, Tage ohne Trauerschm­erz. Ich versuche inzwischen, an jedem Tag etwas Gutes zu finden. ihres Krankenhau­saufenthal­ts lässt befürchten, dass es kein ganz einfacher Eingriff gewesen sein dürfte. Sie wird Palastanga­ben erst nach Ostern wieder öffentlich­e Termine wahrnehmen. Der König wird voraussich­tlich für einen Monat seine Aufgaben in privater Umgebung erfüllen. Dass das Königshaus die Diagnose von Charles öffentlich machte, ist ungewöhnli­ch und soll dem Vernehmen nach dazu beitragen, dass mehr Männer zum Arzt gehen. Die Prostata Hilfe Deutschlan­d begrüßte den Schritt. Prominente seien gute Paten, um Männer zu motivieren, zur Früherkenn­ung zu gehen, sagte Mitgründer Michael Reinhard. (dpa)

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Fotos: Sebastian Gollnow, dpa; Ullstein
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