Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Polizei warnt vor perfider Masche mit Sexfotos
Geschädigte werden in Videochats dazu gebracht, sich auszuziehen – und dann mit den Aufnahmen erpresst. Wie die Situation in Augsburg ist und was die Polizei rät.
Der Mann aus Augsburg wollte die Sache einfach abhaken, also überwies er das verlangte Geld, 500 Euro auf ein ausländisches Konto. Abgehakt war damit allerdings nichts. Er erhielt lediglich eine weitere Aufforderung, Geld zu zahlen, sonst würde von ihm eine Aufnahme veröffentlicht. Nicht irgendeine Aufnahme, sondern eine, die ihn beim Masturbieren zeigte. Der Augsburger hatte online eine unbekannte, junge Frau kennengelernt, ein Videogespräch über den Messenger-Dienst Skype ausgemacht. Und dann getan, was sie von ihm verlangte: sich auszuziehen „und sexuelle Handlungen an sich selbst vorzunehmen“, wie es die Polizei später formulierte. Kurz darauf erhielt er eine Nachricht, dass dies aufgenommen worden sei; der Mann wurde erpresst. Eine perfide Masche – und kein Einzelfall in der Stadt.
In Ermittlerkreisen wird das Vorgehen der Täter „Sexpressung“oder „Sextortion“genannt; deutschlandweit wurden nach Angaben der Landeskriminalämter in den vergangenen Jahren Tausende Menschen Opfer des kriminellen Vorgehens, wie verschiedene Medien zuletzt berichteten. Oft wird die Erpressung wie im Augsburger Fall angebahnt: Die Betroffenen lernen üblicherweise zunächst eine fremde Person über soziale Netzwerke kennen, werden zu sexuellen Handlungen in einem Videochat überredet, die durch das Gegenüber aufgezeichnet werden könnten.
Doch es gibt durchaus andere Varianten der Maschen; manchmal werden etwa einfach massenweise sogenannte Spammails scheinbar wahllos versandt, ebenfalls mit der Behauptung, dass die Täter beziehungsweise Täterinnen kompromittierende Aufnahmen des Empfängers besitzen würden. Tatsächliche Videoaufzeichnungen liegen in diesen Fällen also in der Regel nicht einmal vor. Dennoch kann es passieren, dass Opfer angesichts der Drohung, dass angebliche Aufnahmen veröffentlicht werden, Geldbeträge an die Täter zahlen. Die Drahtzieher sind nach Erkenntnissen der Ermittler oft in Banden organisiert, operieren vom Ausland aus oder nutzten sogenannte Bots, um ihre Erpresserschreiben per E-Mail zu verteilen.
Im Raum Augsburg gab es in den vergangenen Jahren eine Reihe von Fällen, nicht nur jenen des Mannes von 2021, der 500 Euro zahlte. 13 Fälle listet das Polizeipräsidium in seinem Zuständigkeitsgebiet für die Jahre 2019 bis 2022 auf, Zahlen für 2023 liegen noch nicht vor. Man rechne aber für das vergangene Jahr mit einer Zunahme von Fällen, teilt ein Sprecher der Ermittlungsbehörde mit. In einem Fall zahlte ein Opfer 5000
Euro. Die Polizei rät, in Onlineportalen keine Freundschaftsanfragen von fremden Personen anzunehmen und nicht vorschnell in einen Videochat zu gehen.
Auf keinen Fall solle man Entblößungen oder intimen Handlungen in Videochats zustimmen, wenn man Personen erst seit Kurzem kenne. Ratsam sei es dazu, den Virenschutz auf den Geräten auf aktuellem Stand zu halten – manche Schadprogramme können Webcams aktivieren und die Nutzer damit jederzeit filmen. Wenn man bereits erpresst werde, sollte man kein Geld zahlen; die Erpressung höre damit meist nicht auf. Stattdessen rät die Polizei, den Betreiber der Seite zu kontaktieren, um das Bildmaterial löschen zu lassen – und Anzeige zu erstatten. Das tat schließlich auch der Mann aus Augsburg, der zunächst 500 Euro überwiesen hatte.