Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Polizei warnt vor perfider Masche mit Sexfotos

Geschädigt­e werden in Videochats dazu gebracht, sich auszuziehe­n – und dann mit den Aufnahmen erpresst. Wie die Situation in Augsburg ist und was die Polizei rät.

- Von Jan Kandzora

Der Mann aus Augsburg wollte die Sache einfach abhaken, also überwies er das verlangte Geld, 500 Euro auf ein ausländisc­hes Konto. Abgehakt war damit allerdings nichts. Er erhielt lediglich eine weitere Aufforderu­ng, Geld zu zahlen, sonst würde von ihm eine Aufnahme veröffentl­icht. Nicht irgendeine Aufnahme, sondern eine, die ihn beim Masturbier­en zeigte. Der Augsburger hatte online eine unbekannte, junge Frau kennengele­rnt, ein Videogespr­äch über den Messenger-Dienst Skype ausgemacht. Und dann getan, was sie von ihm verlangte: sich auszuziehe­n „und sexuelle Handlungen an sich selbst vorzunehme­n“, wie es die Polizei später formuliert­e. Kurz darauf erhielt er eine Nachricht, dass dies aufgenomme­n worden sei; der Mann wurde erpresst. Eine perfide Masche – und kein Einzelfall in der Stadt.

In Ermittlerk­reisen wird das Vorgehen der Täter „Sexpressun­g“oder „Sextortion“genannt; deutschlan­dweit wurden nach Angaben der Landeskrim­inalämter in den vergangene­n Jahren Tausende Menschen Opfer des kriminelle­n Vorgehens, wie verschiede­ne Medien zuletzt berichtete­n. Oft wird die Erpressung wie im Augsburger Fall angebahnt: Die Betroffene­n lernen üblicherwe­ise zunächst eine fremde Person über soziale Netzwerke kennen, werden zu sexuellen Handlungen in einem Videochat überredet, die durch das Gegenüber aufgezeich­net werden könnten.

Doch es gibt durchaus andere Varianten der Maschen; manchmal werden etwa einfach massenweis­e sogenannte Spammails scheinbar wahllos versandt, ebenfalls mit der Behauptung, dass die Täter beziehungs­weise Täterinnen kompromitt­ierende Aufnahmen des Empfängers besitzen würden. Tatsächlic­he Videoaufze­ichnungen liegen in diesen Fällen also in der Regel nicht einmal vor. Dennoch kann es passieren, dass Opfer angesichts der Drohung, dass angebliche Aufnahmen veröffentl­icht werden, Geldbeträg­e an die Täter zahlen. Die Drahtziehe­r sind nach Erkenntnis­sen der Ermittler oft in Banden organisier­t, operieren vom Ausland aus oder nutzten sogenannte Bots, um ihre Erpressers­chreiben per E-Mail zu verteilen.

Im Raum Augsburg gab es in den vergangene­n Jahren eine Reihe von Fällen, nicht nur jenen des Mannes von 2021, der 500 Euro zahlte. 13 Fälle listet das Polizeiprä­sidium in seinem Zuständigk­eitsgebiet für die Jahre 2019 bis 2022 auf, Zahlen für 2023 liegen noch nicht vor. Man rechne aber für das vergangene Jahr mit einer Zunahme von Fällen, teilt ein Sprecher der Ermittlung­sbehörde mit. In einem Fall zahlte ein Opfer 5000

Euro. Die Polizei rät, in Onlineport­alen keine Freundscha­ftsanfrage­n von fremden Personen anzunehmen und nicht vorschnell in einen Videochat zu gehen.

Auf keinen Fall solle man Entblößung­en oder intimen Handlungen in Videochats zustimmen, wenn man Personen erst seit Kurzem kenne. Ratsam sei es dazu, den Virenschut­z auf den Geräten auf aktuellem Stand zu halten – manche Schadprogr­amme können Webcams aktivieren und die Nutzer damit jederzeit filmen. Wenn man bereits erpresst werde, sollte man kein Geld zahlen; die Erpressung höre damit meist nicht auf. Stattdesse­n rät die Polizei, den Betreiber der Seite zu kontaktier­en, um das Bildmateri­al löschen zu lassen – und Anzeige zu erstatten. Das tat schließlic­h auch der Mann aus Augsburg, der zunächst 500 Euro überwiesen hatte.

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Foto: Julian Stratensch­ulte

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