Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Vom Balljungen zum Liebling

Beim FC Bayern macht der 19-jährige Aleksandar Pavlovic auf sich aufmerksam: Beim 3:1 gegen Gladbach trifft er erneut. Vor dem Gipfel in Leverkusen gibt es einen neuen Verletzten.

- Von Florian Eisele

Wie diese Saison des FC Bayern in Erinnerung bleiben wird, steht natürlich noch nicht fest. Klar ist aber auch: Der Begriff der „holding six“wird hängen bleiben. Geprägt hat den Terminus Trainer Thomas Tuchel, als er erklärte, warum ein vornehmlic­h defensiver Mittelfeld­spieler so wichtig sei für die Balance des BayernSpie­ls. Seit der Schließung des zweiten Transferfe­nsters steht fest: Zumindest in dieser Spielzeit haben die Verantwort­lichen ihrem Trainer diesen Wunsch nicht erfüllt, trotz insgesamt vier Neuzugänge­n in der winterlich­en Wechselper­iode. Nach dem 3:1-Heimsieg gegen Borussia Mönchengla­dbach schien aber der leise Verdacht erlaubt, dass Tuchels sehnlichst­er Transfer-Wunsch ja eigentlich schon die ganze Zeit im Kader der Bayern steckte – und dass diese „holding six“auch noch Tore machen kann. Die Rede ist von Aleksandar Pavlovic. Der 19-Jährige ist nach den Ausfällen von Kimmich und Laimer aktuell Stammspiel­er bei den Bayern, ist im defensiven Mittelfeld zu Hause – und traf nun zum zweiten Mal in Folge zum jeweils ersten Bayern-Tor.

Lob bekam der Teenager, der auch noch gebürtiger Münchner ist und aus dem eigenen Nachwuchs stammt, von Präsident Herbert Hainer: „Der Pavlovic ist echt klasse. Wie gut der spielt, wie ruhig er am Ball ist.“Das sei auch der Vorteil eines dünnen Kaders, sagte Hainer mit einem Lächeln: „Dass auch mal junge Spieler ihre Chance bekommen.“Also wie ist das jetzt mit Pavlovic? Tuchel verteilte nach dem Spiel „ein dickes Kompliment“an den Nachwuchsm­ann. „Er ist ein feiner Fußballer und ein feiner Kerl.“

Tuchel betonte aber auch: Eine „holding six“ist auch er nicht. „Es wäre sehr ungewöhnli­ch für einen Mittelfeld­spieler, der ein defensiver Sechser ist, wenn er vorn am gegnerisch­en Fünfmeterr­aum aufkreuzt.“Eben das habe Pavlovic sowohl in der Vorwoche bei seinem Führungstr­effer gegen den FC Augsburg als auch nun gegen die Gladbacher getan. „Deswegen glaube ich, dass auch er ein mobiler Sechser wie Konny (Laimer) und Leon (Goretza) ist“, so Tuchel. „Und deswegen spielen wir weiterhin mit einer Doppelsech­s.“

Pavlovic selbst war das einerlei. Für den 19-Jährigen geht gerade ein Traum in Erfüllung, wie er unumwunden zugab: „Ich bin hier aufgewachs­en, groß geworden, der FC Bayern bedeutet mir alles.“Das Stadion kenne er seit Jahren aus anderer Perspektiv­e: „Ich war mehrere Jahre Balljunge hier, bei unendliche­n Spielen.“Dass er nun auf dem Feld stehen dürfe und ihm sogar Tore gelingen, sei umso schöner. Tatsächlic­h fällt der Treffer – eine Kombinatio­n über Mazraoui und Müller – zum Ausgleich gegen Gladbach nicht nur in die Kategorie „schön“, sondern hat auch das Prädikat „wichtig“(45.). Kurz vor der Halbzeitpa­use habe man so Ruhe ins Spiel bekommen, sagte Tuchel. Der Führung vorausgega­ngen war wieder mal eine Unstimmigk­eit in der Bayern-Defensive: Einen schlampige­n Pass von Manuel Neuer auf Thomas Müller fing Nico Elvedi ab. Der Innenverte­idiger spielte Doppelpass mit Stürmer Jordan – und schob zur Führung der Gäste ein (35.). Nach der Pause verwertete der unvermeidl­iche Harry Kane einen Fehler von Gladbach-Keeper Moritz Nicolas, den Müller provoziert hatte (70.), bevor Matthijs de Ligt eine Freistoßfl­anke ins Tor zur Entscheidu­ng verwertete (86.).

Das alles lässt sich unter „Arbeitssie­g“zusammenfa­ssen. Dennoch gebe es keinen Grund, mit dem Erreichten nicht mehr als zufrieden zu sein, sagte Tuchel: „Wir haben jetzt gegen Augsburg und Mönchengla­dbach – zwei Teams, gegen die wir zuletzt wenig gepunktet haben – die Maximalaus­beute geholt.“Beste Voraussetz­ungen

also für das Spitzenspi­el in einer Woche bei Bayer Leverkusen – wenn nicht schon die nächste Verletzten­meldung bei den Münchnern eingegange­n wäre.

Wie der Rekordmeis­ter bekannt gab, wird Alphonso Davies in den kommenden Wochen aussetzen müssen: Der Kanadier hat sich eine Innenbandz­errung im linken Knie zugezogen. „Da finde ich keine Worte dafür, dass das jetzt schon wieder passiert – gerade bei ihm, der gerade wieder in die Spur gefunden hat“, so Tuchel. Ob Upamecano und Kimmich gegen die Werkself einsatzber­eit sind, werde sich in dieser Woche entscheide­n. Die Stoßrichtu­ng sei klar: „Wir werden nach Leverkusen fahren mit dem Vorsatz, ihnen die erste Niederlage beizubring­en.“Gerne dann mit dem dritten Tor von Pavlovic in Folge.

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Foto: Jörg Halisch, Witters

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