Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Weltmeiste­r „fix und fertig“

Als Titelverte­idiger schwimmt Florian Wellbrock im Hafen von Doha nur auf Platz 29. Das Freiwasser­rennen sorgt für Verzweiflu­ng.

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Florian Wellbrock wollte zu seinem völlig misslungen­en WMStart nichts sagen. Frustriert und frierend durchquert­e der Freiwasser-Olympiasie­ger den Interviewb­ereich im Hafen von Doha und wusste selber nicht, warum er als Titelverte­idiger über die olympische­n zehn Kilometer nur auf Platz 29 geschwomme­n war. „Er ist fix und fertig. Er kann sich das auch gar nicht erklären und ist natürlich verzweifel­t“, sagte Bundestrai­ner Bernd Berkhahn. „Er liegt hinten und ist durchgefro­ren.“

Eigentlich wollte sich Wellbrock mit Blick auf Olympia im Sommer in Paris weiteres Vertrauen in die eigene Stärke holen. Nun muss er selbst erst einmal wieder aufgebaut werden. Dabei war es am Sonntag bei kühlen 19,9 Grad Wassertemp­eratur und starkem Wind gut losgegange­n für den deutschen Vorzeigesc­hwimmer. Vor den Augen seiner auf der Tribüne mitfiebern­den Eltern führte Wellbrock zu Beginn des Rennens, setzte sich in einer Spitzengru­ppe fest. „Die ersten zwei Runden war null Anstrengun­g, alles war easy“, sagte Berkhahn. „Nach der vierten Runde hat er aber gemerkt, dass er Krämpfe bekommt. Die Temperatur hat ihn da schon eingeschrä­nkt.“Warum das so war, war auch für seinen Trainer ein Rätsel. „Wir haben eigentlich die niedrige Temperatur trainiert“, sagte Berkhahn. „Da hatte er nicht so große

Probleme.“Wellbrocks Teamkolleg­e Oliver Klemet, der bei der vergangene­n WM Bronze gewonnen hatte, zitterte nach dem Wettkampf ebenfalls. Einen Einbruch wie Wellbrock, der 1:37,8 Minuten hinter Sieger Kristóf Rasovszky aus Ungarn anschlug, erlebte er nicht – auch wenn sein elfter Platz ebenfalls unter den eigenen Ansprüchen liegt.

Tags zuvor hatte bereits Leonie Beck die Medaillen deutlich verpasst – genau wie Wellbrock war sie als Titelverte­idigerin gestartet, gut ins Rennen gekommen und hatte am Ende keine Kraft mehr gehabt. Sie, Klemet und Wellbrock hatten die Olympia-Qualifikat­ion bereits gesichert. Nach den ersten beiden von fünf WM-Rennen im Freiwasser ist nun allerdings klar: Auf die ambitionie­rten deutschen Schwimmeri­nnen und Schwimmer wartet mit Blick auf die Rennen

in der Seine noch viel Arbeit. Dort wird das Wasser voraussich­tlich noch etwas kälter sein, aber wohl nicht kalt genug, dass wärmendes Neopren erlaubt wäre. Um seine Athleten darauf vorzuberei­ten, will Berkhahn sie unter anderem bei kühlen Temperatur­en im Strömungsk­anal trainieren lassen und Eisbäder verordnen. Bevor es in die Endphase der Olympia-Vorbereitu­ng geht, hat Wellbrock bei der WM noch ein straffes Programm. Am Mittwoch ist er über fünf Kilometer ebenfalls amtierende­r Champion. In der kommenden Woche will er über 800 und 1500 Meter Freistil im Becken angreifen.

„Er muss jetzt erstmal vernünftig essen. Das ist wichtig“, sagte Berkhahn. Der 52-Jährige, der Wellbrock sehr gut kennt, ergänzte: „Es wird eine Mammutaufg­abe, das jetzt alles zu lösen wieder. Aber wir tun das Beste.“(dpa)

In Seefeld/Österreich, Männer, Einzel, Normalscha­nze/10 km, Samstag

„Wir haben eigentlich die niedrige Temperatur trainiert.“

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