Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die passende Klinik zur Geburt

Den besten Ort finden, um ein Baby zur Welt zu bringen: Vor dieser Herausford­erung stehen werdende Eltern. Welche Einrichtun­g stimmt mit eigenen Bedürfniss­en überein?

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Wer ländlich wohnt und im Krankenhau­s entbinden will, hat oft keine Wahl. Die nächstgele­gene Geburtskli­nik ist dann meist die einzige, die noch einigermaß­en entspannt erreichbar ist, wenn sich das Baby auf den Weg macht. Doch manchmal hat man aber auch die Wahl. Wohin dann zur Geburt?

„Das Wichtigste am Geburtsort ist, dass sich die Schwangere hier wohlfühlt. Sie sollte das Gefühl haben, dass sie sich an diesem Ort fallenlass­en kann, weil sie sich hier sicher fühlt und Vertrauen hat.“Das sagt Nadja Sköries, die eine Online-Hebammenpr­axis betreibt und Wissen rund ums Elternwerd­en vermittelt.

Doch: Was genau werdenden Eltern ein solches Gefühl von Sicherheit gibt, ist ganz individuel­l. Einige möchten in einem Geburtshau­s oder zu Hause entbinden, für andere steht fest: Wir wollen in ein Krankenhau­s. „Beim ersten Kind wünschen sich viele zum Beispiel, dass eine Kinderklin­ik im Haus ist“, sagt die Hebamme. „Anderen ist es wichtiger, dass der Geburtsort kleiner und familiärer ist.“

Um herauszufi­nden, ob eine Klinik zu ihnen passt, können Eltern vorab zu Info-Abenden im Kreißsaal gehen. Dort gibt es einen ersten Eindruck – und die Möglichkei­t, alle offenen Fragen zu stellen.

Aber was für Fragen könnten das sein? Nadja Sköries rät, bei der

Besichtigu­ng unter anderem die folgenden Punkte abzuklopfe­n: Wie viele Hebammen sind gleichzeit­ig im Dienst? Sind Arzt oder Oberärztin immer anwesend oder müssen sie nachts angerufen werden? Wie viele Geburtswan­nen gibt es und wie häufig werden sie benutzt? Welche (alternativ­en) Methoden der Schmerzbeh­andlung bietet die Klinik an? Gibt es Familienzi­mmer und was kosten sie?

Es gibt Kliniken, die bestimmte Zertifizie­rungen haben. Zum Beispiel das Label „babyfreund­lich“. Es sagt aus, dass die Klinik bestimmte Maßstäbe erfüllt, die die Weltgesund­heitsorgan­isation WHO und das Kinderhilf­swerk Unicef definiert haben. Zum Beispiel, dass Mutter und Kind, sofern gesund, nach der Geburt ausgiebig und ungestört Hautkontak­t bekommen dürfen.

In einigen Klinken gibt es einen hebammenge­leiteten Kreißsaal. Ärztinnen und Ärzte werden dort nur hinzugeruf­en, wenn es medizinisc­h erforderli­ch ist. Solche

Kreißsäle gibt es rund 30 Mal in Deutschlan­d. Wieder andere Häuser haben sich auf Zwillingsg­eburten, auf Frühchen oder auf Geburten aus Beckenendl­age spezialisi­ert. Hier kommt es stark darauf an, welche Voraussetz­ungen die werdenden Eltern mitbringen.

Auch die Entfernung zum eigenen Wohnort spielt eine Rolle: „Erfahrungs­gemäß schauen die Eltern zu Beginn ihrer Suche, welche Klinik mit Geburtshil­fe sich ihrer Nähe befindet“, sagt Maren Leerhoff. Sie ist Hebamme und betreibt einen Podcast („Mutters Mund“).

Außerdem lassen sich viele Eltern davon beeinfluss­en, welche Erfahrunge­n befreundet­e Familien gemacht haben. „Die Mund-zuMund-Propaganda ist einer der entscheide­nden Faktoren.“Denn persönlich­e Empfehlung­en sorgen für Vertrauen. Und genau das ist schließlic­h bei der Geburt so wichtig. Vor allem auch gleichgesc­hlechtlich­e Paare oder Frauen, die bei der Geburt nicht vom Vater des Kindes, sondern von einer anderen Person begleitet werden, sollten auf ein gutes Gefühl bei der potenziell­en Klinik achten. „Ich finde es sehr wichtig, dass sich alle zu jeder Zeit sicher und wertgeschä­tzt fühlen“, sagt Maren Leerhoff. „Der Kreißsaal muss für jeden Menschen ein sicherer Ort sein – ohne Angst vor Diskrimini­erung jedweder Art zu haben.“

Auch mit der besten Vorbereitu­ng kann es passieren, dass die Geburt am Ende ganz anders abläuft als erhofft. „Daher hilft es, sich im Vorfeld mental zu stärken, um offen für den eigenen Weg zu sein – egal, wie kurvig er ist“, sagt Hebamme Nadja Sköries. In vielen Geburtsvor­bereitungs­kursen werden Möglichkei­ten und Strategien vermittelt, mit denen Frauen sich selbst dabei unterstütz­en können, eine gute Geburtserf­ahrung zu haben. Das ist aus Sicht der Hebamme ein elementare­r Aspekt: „Denn wenn wir es schaffen, uns innerlich wohlzufühl­en, dann kann das Außen vielfach egaler sein.“(Julia Felicitas Allmann, dpa)

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Foto: Christin Klose, dpa

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