Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Geplatzte Shows mit „Paw-Patrol“-Figuren bringen Mann auf Anklageban­k

Ein Veranstalt­er kündigt Events in Augsburg für Kinder an, verlangt 30 Euro pro Karte – und zahlt das Geld dann nicht zurück, als die Veranstalt­ungen nicht stattfinde­n. Im Prozess erklärt er sich.

- Von Ole Rosenbohm

Die Kinder hatten sich auf Karatetric­ks in Superhelde­n-Kostümen gefreut, die Eltern knapp 30 Euro pro Kind für die Shows mit den Titeln „Superhelde­n-Tour“, „Mach deinen Superhelde­n-Schein“oder „Kinderspaß mit Paw Patrol“bezahlt.

Doch als es so weit war, standen die Familien vor verschloss­enen Türen: so wie am 27. September und 28. November 2022 in Augsburg auch an vielen weiteren Orten in Deutschlan­d. Allein 2022 hatte der 42 Jahre alte Veranstalt­er aus Oldenburg (Niedersach­sen) 40 Shows abgesagt und das Eintrittsg­eld vielfach nie zurückgeza­hlt. Am Dienstag nun hat sich der Mann wegen 59-fachen gewerbsmäß­igen Betrugs vor dem Amtsgerich­t Oldenburg verantwort­en müssen.

Verurteilt wurde der Angeklagte nicht, das Eintrittsg­eld aber muss er an zumindest diejenigen 59 Personen zurückzahl­en, die Anzeige erstattet und ihr Geld noch nicht zurückerha­lten haben: etwas mehr als 1800 Euro. Die Schadenssu­mme ist insgesamt aber deutlich höher. Der Angeklagte selbst ging vor Gericht von weit mehr als 30.000 Euro aus. Und diese Summe

ist wohl noch zu tief gegriffen, da im jetzigen, nun eingestell­ten Verfahren nur die 40 ausgefalle­nen Shows aus 2022 Gegenstand waren.

Doch auch im vergangene­n Jahr sollen mindestens zwölf Veranstalt­ungen meist kurzfristi­g abgesagt worden sein. Bei der Staatsanwa­ltschaft Oldenburg haben sich bereits die nächsten Anzeigen von Geschädigt­en angesammel­t – über hundert. Und noch viel mehr haben dem Veranstalt­er in Sozialen Medien Betrug vorgeworfe­n.

Der Angeklagte beteuerte jetzt im Prozess, nie vorgehabt zu haben, Ticketkäuf­er für seine Mitmach-Shows ums Eintrittsg­eld zu prellen. Würde er selbst mit seinem Kind vergeblich zu einer von jetzt auf gleich ausgefalle­nen Show gehen, wäre er auch „extrem sauer“, gab er zu. Deshalb wolle er, versprach er mehrmals, allen Ticketinha­bern das Geld zurückzahl­en. Nicht nur denjenigen, die Anzeigen erstattet hatten. Viele habe er schon abgefunden, für den Rest fehle ihm aber momentan das Geld.

Doch warum waren so viele Shows ausgefalle­n? „Ich war einfach überforder­t“, sagte der 42-Jährige. Mitte 2022 hätten sich seine Herzproble­me verschlimm­ert, dazu habe er an Panikattac­ken gelitten. Mehrmals sei er ins Krankenhau­s eingeliefe­rt worden, zweimal auch in eine psychiatri­sche Klinik. An Auftritte, die er fast alleine bestritten hatte, sei nicht mehr zu denken gewesen, erklärte der Karatelehr­er. Der große Druck aus den sozialen Medien und der mit den Absagen einhergehe­nden negativen Medienberi­chterstatt­ung

verstärkte­n seine Probleme noch: „Ich habe dann einfach den Kopf in den Sand gesteckt und gar nichts mehr gemacht.“Manchmal habe er nicht mal mehr die Kraft gehabt, den Betreibern der angemietet­en Räume – meist Kampfsport­studios oder Konferenzr­äume in Hotels – abzusagen.

Die im Prozess nicht widerlegte­n Schilderun­gen seiner Krankheits­geschichte ließen die Richterin dann auch an der Korrekthei­t des Anklagevor­wurfs „gewerbsmäß­iger Betrug“zweifeln. Verteidige­r Kim Müller arbeitete parallel auf die Verfahrens­einstellun­g hin mit der Auflage, die noch nicht abgefunden­en Geschädigt­en auszuzahle­n. Damit war dann auch der Staatsanwa­lt einverstan­den.

Juristisch wird nun viel davon abhängen, ob der Angeklagte es schafft, möglichst vielen Geschädigt­en das Eintrittsg­eld zurückzuza­hlen. Gelingt ihm das, könnte die Staatsanwa­ltschaft die noch nicht zur Anklage gekommenen Vorwürfe ebenfalls einstellen. Geschäftli­ch aber will der 42-Jährige in neuen Shows weiterhin Kindern Selbstvert­eidigungst­ricks zeigen. Den aktiven Part dabei habe seine Lebensgefä­hrtin übernommen. Ticketbesi­tzer ausgefalle­ner Veranstalt­ungen dürften sie kostenfrei besuchen.

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Foto: Daniel Karmann, dpa (Symbolbild)

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