Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Vor 90 Jahren entstand durch Fusion der TSV Gersthofen

Am 4. Februar 1934 schlossen sich – der „damaligen Zeit gehorchend“– der Turnverein Gersthofen und der SV Eintracht Gersthofen zum Turn- und Sportverei­n zusammen.

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Von Karl-Heinz Wagner und Gerald Lindner

In der 115-jährigen Geschichte des TSV Gersthofen gibt es ein historisch­es Datum. Vor 90 Jahren, genau am 4. Februar 1934, wurde 25 Jahre nach der Gründung des Turnverein­s Gersthofen, ein neuer Großverein geschaffen. Über die Vereinigun­g des Turnverein­s Gersthofen mit dem im Jahr 1926 gegründete­n Sportverei­n Eintracht berichtete damals die Gersthofer Zeitung mit der Überschrif­t „Vereinigun­g des Turn- und Sportverei­n Gersthofen“unter „Lokales und Vermischte­s“.

„Am vergangene­n Sonntag, den 4. Februar, waren die Mitglieder beider Vereine im Saale der Brauerei Straßer erschienen, um gemeinsam eine freiwillig­e Ehe einzugehen.“Als Name für den neuen Großverein wurde Turn- und Sportverei­n Gersthofen 1909 beschlosse­n. Dem Zusammensc­hluss mit dem Turnverein Gersthofen stimmten vorher im Oktober 1933 unter der Versammlun­gsleitung von Vereinsfüh­rer Josef Schmid 16 von 20 stimmberec­htigten Eintracht-Mitglieder­n zu. Als Vereinsfar­ben des neuen TSV wurden „Gelb-Schwarz“festgelegt. Mit in die neue Vereinsehe brachte der SV Eintracht insgesamt 185,20 Mark Schulden, davon 120 Mark beim Herbergsva­ter Josef Seitz, 15,20

Mark beim Kaufhaus Landauer (später Zentral-Kaufhaus Augsburg) und auch beim Kassierer Martin Bschorr stand der Verein mit 50 Mark in der Kreide.

Die Jahre nach der Gründung des TSV Gersthofen wurden vor allem durch die politische­n Verhältnis­se bestimmt. Aus dem Vereinsvor­stand wurde der „Vereinsfüh­rer“. Auch die Sportverei­ne wurden nach der Gleichscha­ltung dem Führerprin­zip unterworfe­n und in vielen Fällen mit NS-Personal infiltrier­t. So war NSDAP-Ortsgruppe­nleiter Hans Geißer, von 1935 bis 1940 hauptamtli­cher 1. Bürgermeis­ter in Gersthofen, in der Zeit von 1936 bis 1937 auch Vorsitzend­er

des TSV Gersthofen. Im August 1938 legte Geißer ein mehrteilig­es Planungspr­ojekt vor. Die „Augsburger Nationalze­itung“als amtliches Organ der NSDAP berichtete dazu im August 1938: „Zum Wohle der Gesamtbevö­lkerung sowie vor allem für die körperlich­e Ertüchtigu­ng der Jugend hat die Gemeindefü­hrung Gersthofen einen großzügige­n Plan ausgearbei­tet.“Demnach sollten, beginnend noch im Jahr 1938, ein Freibad, ein HJ-Jugendheim, ein Eislaufpla­tz, mehrere Sportplätz­e, eine Turnhalle und eine parkähnlic­he Grünanlage gebaut werden.

Dem Bürgermeis­ter und den Gemeinderä­ten wollten zunächst die

Verwirklic­hung eines Freibades. Die Sport-, Erholungs- und Freizeitei­nrichtunge­n waren „Am Anger“zwischen dem Weidenweg, dem Lechkanal, der östlichen Fortsetzun­g der Bauernstra­ße und einer neu anzulegend­en Straße zwischen der Ludwig-Hermann-Straße und der Bauernstra­ße vorgesehen. Genau da, wo später in den 50er-Jahren mit dem Bau des Freibades Gerfriedsw­elle und der Stadionspo­rtanlage, der heutigen TSV-Sportarena, begonnen wurde.

Schon im Sommer 1939 sollte bei zügigem Baufortsch­ritt gebadet werden können. Die Kostenschä­tzung für das Freibad belief sich auf 70.000 bis 80.000 Reichsmark. Die Notwendigk­eit des Bades wurde mit der Gefährlich­keit des Lechkanals und des Lechs begründet. Denn jedes Jahr hatte die Gersthofer Bevölkerun­g dort tödliche Unfälle zu beklagen. Bei 4600 Einwohnern hielten die Gemeinderä­te südlich des neuen Schwimmbad­es ein Gebäude für die Jugend mit Sportplatz und Spielwiese zu erstellen. Der größte Teil des Geländes am östlichen Ortsrand war überplant mit mehreren Sportplätz­en, einem Übungsplat­z, einem Eislaufpla­tz und einer Turnhalle. Diese großzügige Sportanlag­e sollte seinerzeit den bisher von der Gemeinde dem TSV Gersthofen hinter der Pestalozzi­schule überlassen­en Platz, der einer Umgehungss­traße weichen sollte, ersetzen.

Die Planung sah im Süden als Abrundung der Sport- und Freizeitei­nrichtunge­n eine großzügige Grünanlage vor. Zur Realisieru­ng kam es jedoch nicht. Der im Jahr 1939 beginnende Krieg und der Abgang von Bürgermeis­ter Geißer nach Günzburg im Jahr 1940 verhindert­en dieses Projekt. Später verfolgte dann Bürgermeis­ter Georg Wendler ab dem Jahr 1952 mit seinem Marktgemei­nderat und dem TSV Gersthofen das Thema „Freibad und Stadion“. Mit der Einweihung des Freibades und der Stadionspo­rtanlage im August 1957 und der Inbetriebn­ahme der TSV-Turnhalle im Jahr 1958 wurden dann Teile des Projekts aus dem Ende der 30er-Jahre verwirklic­ht.

Diese neuen Sportstätt­en ersetzten den im Jahr 1948 generalsan­ierten Sportplatz hinter der Pestalozzi­schule. Dort entstanden später das Hallenbad und der Nogent-Park. Im Jahr 1955 überließ der TSV Gersthofen seinen vereinseig­enen „Turnplatz“an der Ludwig-Hermann-Straße der Marktgemei­nde, um dort den Bau der Mozartschu­le zu ermögliche­n.

Immer wieder wurden seither neuen Standorte für Bäder und Sportplätz­e diskutiert. Derzeit ist am Stadtrand nördlich der Stiftersie­dung ein neues Erholungs- und Sportgebie­t in Planung. Die Stadt hat vor einem Jahr dazu ein Grobkonzep­t vorgestell­t.

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