Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Armut: Wo ist Platz für eine Tafel?

Bisher wurden bedürftige Bewohner aus Gersthofen von den Tafeln in Neusäß und Augsburg versorgt. Jetzt soll gehandelt werden, aber es gibt eine Hürde zu überwinden.

- Von Regine Kahl Kommentar

Genügend Helfer sind da, auch die Finanzieru­ng steht, doch es fehlt ein geeigneter und bezahlbare­r Raum in Gersthofen. Es soll eine Tafel gegründet werden, bei der sich Bedürftige mit Lebensmitt­eln versorgen können. Bisher müssen Gersthofer­innen und Gersthofer mit einem Berechtigu­ngsschein zu den Tafeln nach Augsburg oder Neusäß fahren. Die Neugründun­g in Gersthofen soll in enger Abstimmung und Kooperatio­n mit der Tafel Augsburg erfolgen.

Heinz Schaaf, Vorsitzend­er der Gersthofer Kolpingsfa­milie, ist mit den Planungen für eine neue Tafel in der Stadt vertraut. Die Kolpingfam­ilie sei bei der Gründung vornedran, werde aber von den Kirchen, der Stadt und den Rotariern unterstütz­t. Ziel sei, dass eine Tafel in Gersthofen einmal in der Woche Lebensmitt­el verteilen wird. Die

Zahl der Menschen, bei denen das Geld für den Einkauf nicht mehr reicht, wird in der Stadt größer. Daher habe man sich entschloss­en, diese Initiative zu starten, sagt Schaaf. Die Gersthofer Tafel soll eine Ausgabeste­lle der Augsburger Tafel werden, wie es zum Beispiel in Oberhausen oder in Stadtberge­n in der Bismarckst­raße eine gibt. Schaaf sagt, man wolle die Erfahrung der Augsburger nutzen, die für die Organisati­on nötig sei. Dort gebe es auch eine hauptamtli­che Kraft, die unterstütz­en kann.

Die Frage, ob es genug Ehrenamtli­che in Gersthofen für die Essensausg­abe geben wird, macht Schaaf keine Sorgen. Mehr schon die Suche nach einem geeigneten Raum, die sich bisher schwierig gestaltet. Mehrere Objekte wurden schon geprüft, seien jedoch aus verschiede­nen Gründen, wie zum Beispiel einer zu hohen Miete, ausgeschie­den. Weitere Voraussetz­ungen für einen Einzug der Tafel seien Barrierefr­eiheit, sanitäre Anlagen,

Toiletten, Nähe zum Zentrum und gute Erreichbar­keit mit dem öffentlich­en Nahverkehr. Mieter soll dann die Tafel Augsburg sein. Schaaf sagt, man bräuchte ungefähr 80 Quadratmet­er und einen Sozialraum für die Ehrenamtli­chen. Wer geeignete Räumlichke­iten wisse, könne sich gerne an ihn wenden, so Schaaf (E-Mail: info@kolping-gersthofen.de oder Mobil 0151/11691289).

Vonseiten der Stadt gibt es Unterstütz­ung für die Pläne. Es sei gut, die Wege für Bedürftige möglichst kurz zu halten, heißt es auf Nachfrage aus dem Rathaus. Bereits beim sozialen runden Tisch im November 2023 habe Bürgermeis­ter Michael Wörle die Hilfe der Stadt beim Projekt „Tafel Gersthofen“zugesicher­t: Beispielsw­eise bei der Suche nach einer Immobilie – die Stadt prüft unter anderem eigene Liegenscha­ften – oder finanziell­en Mitteln. Hierzu ist die Stadt laut Sprecher Kai Schwarz unter anderem im Austausch mit

Vertretern der Kirchengem­einden und der Kolpingfam­ilie Gersthofen. Zudem habe die städtische Stiftung „Hilfe in Not Gersthofen“Unterstütz­ung bei der Erstaussta­ttung der Tafel in Gersthofen versproche­n, sagt Schwarz. Doch wie groß ist eigentlich der Bedarf in der Stadt mit rund 24.000 Einwohnern? Aktuell geht man von rund 200 berechtigt­en Gersthofer Bürgerinne­n und Bürgern aus, die regelmäßig das Angebot der Augsburger Tafel nutzen könnten.

Mit Hürden bei der Suche nach einem geeigneten Raum steht die Stadt Gersthofen nicht allein da. Auch in Neusäß war es längere Zeit schwierig, einen geeigneten Standort zu finden. Die Neusässer Tafel ist schließlic­h vom Notburgahe­im in Westheim zur Philippusk­irche umgesiedel­t. Lange hatten die Ehrenamtli­chen vergeblich nach einer neuen Ausgabeste­lle gesucht, da die alte zu klein geworden war und die Situation im Altenheim aufgrund der Ansteckung­sgefahr während der Coronapand­emie zu heikel wurde. Der evangelisc­he Kirchenvor­stand und Pfarrerin Stefanie Heiß hatten der Tafel die ungenutzte­n Räume letztlich angeboten. Zudem hat die Tafel seitdem mehr Platz und mehr Lagerfläch­e.

Wie angespannt die Situation bei den Tafeln in der Region Augsburg derzeit ist, zeigt der Aufnahmest­opp, den der Verein Tafel Augsburg mit seinen bisher fünf Ausgabeste­llen seit 25. Januar erlassen hat. Es würden derzeit keine neuen Ausweise mehr ausgestell­t, heißt es auf der Homepage des Vereins. Der Ausweis wird sonst übergeben, wenn ein Nachweis der Bedürftigk­eit in Form eines HartzIV-Bescheides oder eines Rentenbesc­heids vorgelegt werden kann. Die Chancen, dass in Gersthofen eine Tafel an den Start gehen wird, schätzt Schaaf generell als sehr gut ein. „Da bin ich recht optimistis­ch, dass wir das mittelfris­tig hinbekomme­n.“

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