Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Armut: Wo ist Platz für eine Tafel?
Bisher wurden bedürftige Bewohner aus Gersthofen von den Tafeln in Neusäß und Augsburg versorgt. Jetzt soll gehandelt werden, aber es gibt eine Hürde zu überwinden.
Genügend Helfer sind da, auch die Finanzierung steht, doch es fehlt ein geeigneter und bezahlbarer Raum in Gersthofen. Es soll eine Tafel gegründet werden, bei der sich Bedürftige mit Lebensmitteln versorgen können. Bisher müssen Gersthoferinnen und Gersthofer mit einem Berechtigungsschein zu den Tafeln nach Augsburg oder Neusäß fahren. Die Neugründung in Gersthofen soll in enger Abstimmung und Kooperation mit der Tafel Augsburg erfolgen.
Heinz Schaaf, Vorsitzender der Gersthofer Kolpingsfamilie, ist mit den Planungen für eine neue Tafel in der Stadt vertraut. Die Kolpingfamilie sei bei der Gründung vornedran, werde aber von den Kirchen, der Stadt und den Rotariern unterstützt. Ziel sei, dass eine Tafel in Gersthofen einmal in der Woche Lebensmittel verteilen wird. Die
Zahl der Menschen, bei denen das Geld für den Einkauf nicht mehr reicht, wird in der Stadt größer. Daher habe man sich entschlossen, diese Initiative zu starten, sagt Schaaf. Die Gersthofer Tafel soll eine Ausgabestelle der Augsburger Tafel werden, wie es zum Beispiel in Oberhausen oder in Stadtbergen in der Bismarckstraße eine gibt. Schaaf sagt, man wolle die Erfahrung der Augsburger nutzen, die für die Organisation nötig sei. Dort gebe es auch eine hauptamtliche Kraft, die unterstützen kann.
Die Frage, ob es genug Ehrenamtliche in Gersthofen für die Essensausgabe geben wird, macht Schaaf keine Sorgen. Mehr schon die Suche nach einem geeigneten Raum, die sich bisher schwierig gestaltet. Mehrere Objekte wurden schon geprüft, seien jedoch aus verschiedenen Gründen, wie zum Beispiel einer zu hohen Miete, ausgeschieden. Weitere Voraussetzungen für einen Einzug der Tafel seien Barrierefreiheit, sanitäre Anlagen,
Toiletten, Nähe zum Zentrum und gute Erreichbarkeit mit dem öffentlichen Nahverkehr. Mieter soll dann die Tafel Augsburg sein. Schaaf sagt, man bräuchte ungefähr 80 Quadratmeter und einen Sozialraum für die Ehrenamtlichen. Wer geeignete Räumlichkeiten wisse, könne sich gerne an ihn wenden, so Schaaf (E-Mail: info@kolping-gersthofen.de oder Mobil 0151/11691289).
Vonseiten der Stadt gibt es Unterstützung für die Pläne. Es sei gut, die Wege für Bedürftige möglichst kurz zu halten, heißt es auf Nachfrage aus dem Rathaus. Bereits beim sozialen runden Tisch im November 2023 habe Bürgermeister Michael Wörle die Hilfe der Stadt beim Projekt „Tafel Gersthofen“zugesichert: Beispielsweise bei der Suche nach einer Immobilie – die Stadt prüft unter anderem eigene Liegenschaften – oder finanziellen Mitteln. Hierzu ist die Stadt laut Sprecher Kai Schwarz unter anderem im Austausch mit
Vertretern der Kirchengemeinden und der Kolpingfamilie Gersthofen. Zudem habe die städtische Stiftung „Hilfe in Not Gersthofen“Unterstützung bei der Erstausstattung der Tafel in Gersthofen versprochen, sagt Schwarz. Doch wie groß ist eigentlich der Bedarf in der Stadt mit rund 24.000 Einwohnern? Aktuell geht man von rund 200 berechtigten Gersthofer Bürgerinnen und Bürgern aus, die regelmäßig das Angebot der Augsburger Tafel nutzen könnten.
Mit Hürden bei der Suche nach einem geeigneten Raum steht die Stadt Gersthofen nicht allein da. Auch in Neusäß war es längere Zeit schwierig, einen geeigneten Standort zu finden. Die Neusässer Tafel ist schließlich vom Notburgaheim in Westheim zur Philippuskirche umgesiedelt. Lange hatten die Ehrenamtlichen vergeblich nach einer neuen Ausgabestelle gesucht, da die alte zu klein geworden war und die Situation im Altenheim aufgrund der Ansteckungsgefahr während der Coronapandemie zu heikel wurde. Der evangelische Kirchenvorstand und Pfarrerin Stefanie Heiß hatten der Tafel die ungenutzten Räume letztlich angeboten. Zudem hat die Tafel seitdem mehr Platz und mehr Lagerfläche.
Wie angespannt die Situation bei den Tafeln in der Region Augsburg derzeit ist, zeigt der Aufnahmestopp, den der Verein Tafel Augsburg mit seinen bisher fünf Ausgabestellen seit 25. Januar erlassen hat. Es würden derzeit keine neuen Ausweise mehr ausgestellt, heißt es auf der Homepage des Vereins. Der Ausweis wird sonst übergeben, wenn ein Nachweis der Bedürftigkeit in Form eines HartzIV-Bescheides oder eines Rentenbescheids vorgelegt werden kann. Die Chancen, dass in Gersthofen eine Tafel an den Start gehen wird, schätzt Schaaf generell als sehr gut ein. „Da bin ich recht optimistisch, dass wir das mittelfristig hinbekommen.“