Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Was ist gemeinsames Glück?
Am 14. Februar ist Valentinstag. Alle sind auf der Suche nach dem Schlüssel zu einer glücklichen Partnerschaft. Wir fragten bei Paaren nach, die schon lange zusammen sind.
Am Valentinstag machen sich viele Verliebte romantische Geschenke und verbringen einen besonderen Abend miteinander. Der Trend aus den USA hat sich auch bei uns immer mehr verbreitet, sodass am 14. Februar die meisten Männer ihrer Liebsten zumindest Blumen oder Pralinen schenken. Kleine Geschenke zeigen ja die Wertschätzung, heißt es. Aber wie ist das bei älteren Paaren, die schon jahrzehntelang zusammen sind und den Valentinstag kaum feiern? In der Annahme, dass die Senioren doch wissen müssten, wie eine lange, glückliche Partnerschaft gelingt, hörten wir uns unter den Besuchern des Seniorenfaschings der Stadt Neusäß um.
Fragt man die Generation 60 plus nach dem Valentinstag, erntet man überwiegend Kopfschütteln: „Haben wir noch nie was gemacht“, sagt auch das Ehepaar Pöllmann aus Westheim, das erst kürzlich diamantene Hochzeit gefeiert hat – das sind 60 gemeinsame Ehejahre. „Hochzeitstag und Geburtstage haben wir schon immer gefeiert und sind meistens schön essen gegangen“, sagt Günter Pöllmann.
Nach dem Geheimnis einer so langen Ehe gefragt, sagt er: „Wir haben immer wenig gestritten, es hat einfach gepasst.“Vielleicht trug dazu auch die klare Ansage des ehemaligen Bundesliga-Faustballspielers gleich zu Beginn der jungen Liebe bei: „Ich habe ihr klipp und klar gesagt: Ich bin Sportler, mindestens dreimal die Woche bin ich da gebunden, wenn du das nicht willst, lassen wir es gleich bleiben.“Lore Pöllmann sagt lachend: „Und ich habe brav alles mitgemacht.“
Das befreundete Ehepaar Georg und Gerda Landherr, die Nachbarn der Pöllmanns, sagen über das Eheglück: „Es ist gut, wenn jeder sein Hobby hat.“Bei Georg Landherr ist es der Computer, bei Gerda Landherr Handarbeiten. Sie erinnert sich noch gut an einen Fauxpas, der ihr in jüngeren Jahren passiert ist: „Mein Mann brachte mir einen großen Blumenstrauß mit und stellte ihn in eine Vase. Ich habe ihn aber stundenlang nicht bemerkt“, erzählt sie. „Heute würde ich mich verdächtig machen, wenn ich mit Blumen ankäme“, wirft ihr Mann ein und lacht. Einen echten Tipp haben die beiden Paare nicht. „Nur eins, über Geld streiten, das sollte man nicht“, meint Georg Landherr.
„Man sollte nie ohne Versöhnung einschlafen“, sagt eine 74-jährige Witwe aus Neusäß. Sie war 49 Jahre mit ihrem Mann verheiratet und legte keinen großen Wert auf Geschenke und Blumen. „Mein Mann hat mich das ganze Jahr über unterstützt und geschätzt, das war mir viel wichtiger“, sagt sie. Wer überwiegend garstig und unleidlich sei und nicht zur Stelle, wenn man den Partner braucht, könne es auch nicht mit Blumen am Valentinstag wieder wettmachen. Sie trifft auch eine Unterscheidung zwischen Streit und Kommunikation: „Wer dem anderen sagt, was er denkt und wenn er auch mal anderer Meinung ist, ist das ja kein Streiten.“
Sie habe ihrem Mann immer alles gesagt, „da gab’s keine Unklarheiten“. Sich über einen längeren Zeitraum anzuschweigen, findet sie furchtbar.
Dass ihr Mann ihr auch nach 35 gemeinsamen Ehejahren zu allen Anlässen Blumen schenkt und ihr am Valentinstag das Frühstück macht, freut Erika Pehmer aus Neusäß. „Das gehört sich doch so, und es freut sich doch jeder über eine kleine Aufmerksamkeit“, meint sie.
Brigitte Herbst war 58 Jahre mit ihrem Mann glücklich verheiratet, bis er vor nicht allzu langer Zeit nach schwerer Krankheit starb. „Wir hatten ein gutes Leben zusammen und haben es in vollen Zügen genossen“, sagt sie. Sie seien viel ausgegangen und fortgefahren, und es gab zum Hochzeitstag und Geburtstag auch Geschenke. „Aber keine Blumen, da hat er gesagt, die verwelken ja nur, stattdessen brachte er mir tatsächlich einen Kopfsalat“, erzählt sie lachend. Und wie fand sie das? „Das fand ich prima, er hatte ja recht, von dem Salat hatten wir wenigstens was. Wir haben genügend andere tolle Sachen gemacht, da brauchte ich wirklich keine Blumen.“
Brigitte Herbst ist in Begleitung ihrer Schwester und ihres Schwagers: Das Ehepaar Lisie und Reinhold Miller lebt in Augsburg und steht ebenfalls kurz vor der diamantenen Hochzeit. 58 Jahre sind die beiden verheiratet, und die Festtage haben sie immer gefeiert, meistens mit der Familie und einem schönen Essen. Für eine lange Ehe brauche es Toleranz, meint Reinhold Miller. Wenn einer temperamentvoller sei, sei es gut, wenn der andere gelassen bleibe. Er schaffte sich immer seinen Ausgleich in seinem Schrebergarten. Besonders mit Kindern werde es in einer Partnerschaft automatisch turbulenter, „aber Streiten bringt nichts, erst recht nicht mehr in unserem Alter“.
Erinnerungen an 58 gemeinsame glückliche Ehejahre