Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Islamist soll Gefangenen­meuterei angezettel­t haben

Haidar A. sitzt nach zwei Prozessen wegen versuchten Mordes in Haft. Jetzt ist er wieder angeklagt – und kommt vielleicht nie mehr frei.

- Von Jan Kandzora

Über 9000 Gefangene saßen in Bayern zuletzt in den verschiede­nen Haftanstal­ten ein, darunter Mörder, Betrüger, Einbrecher. Haidar A., 30 Jahre alt und mit unklarer Staatsange­hörigkeit, dürfte selbst in diesem Kosmos ein Sonderfall sein. Wegen zwei verschiede­ner Delikte wurde der Islamist in Augsburg zwei Mal wegen versuchten Mordes verurteilt, bis 2040 bleibt er wohl mindestens im Knast. In der JVA Straubing soll der Gewaltverb­recher zusammen mit weiteren Häftlingen einen Wärter attackiert und ihn verletzt haben, weswegen er sich nun erneut vor einem Landgerich­t verantwort­en muss, dieses Mal in Regensburg.

Rückblick: 2017 sitzt Haidar A. erstmals in Augsburg auf der Anklageban­k. Er hatte versucht, einen Mitbewohne­r einer Asylunterk­unft in Hurlach (Kreis Landsberg) mit einem Messer zu enthaupten, weil der zuvor seine religiösen Gefühle verletzt hatte. Als das Gericht ihn deshalb zu zwölf Jahren und neun Monaten Haft verurteilt, rastet der Islamist aus. Er spuckt, wirft einen Schuh in Richtung des Staatsanwa­lts und greift im folgenden Gerangel mit Sicherheit­skräften an das Pistolenho­lster eines Polizisten. Haidar A.s damaliger Verteidige­r sieht, dass der Angeklagte an die Waffe des Polizisten greift, er warnt den Beamten durch Zuruf. Der Polizist kann die Hand des Angeklagte­n von der Pistole wegschiebe­n.

2019 dreht sich ein neuer Prozess um ebendiese Vorgänge. Das Landgerich­t Augsburg verurteilt Haidar A. schließlic­h zu zehn Jahren Haft, erneut wegen versuchten Mordes – dieses Mal, weil er zwei Jahre zuvor versucht hatte, alle Mitglieder des Gerichtes und den Staatsanwa­lt aus der Verhandlun­g von 2017 zu erschießen. Ein wichtiges Beweisstüc­k ist ein Brief, den der Angeklagte aus der Haft heraus an eine Verwandte auf Arabisch geschriebe­n hatte. Darin formuliert­e Haidar A., er hätte die „Hure Richterin und ihre Zuhälter“umgebracht, wenn er denn an die Pistole eines Polizisten gekommen wäre. Die Verhandlun­g findet unter besonderen Vorkehrung­en statt: Zum Start spuckt der Angeklagte in Richtung der Journalist­en, liefert sich dann ein Gerangel mit Justizbeam­ten und Polizisten, als die Richter den Saal betreten. Fortan muss er während des restlichen Prozesses eine Haube aus dünnem Stoff über dem Kopf tragen, die verhindern soll, dass er um sich spucken kann. Er wird an Händen und Füßen gefesselt; eine Glasscheib­e trennt ihn von der Richterban­k.

Aus den beiden Verfahren resultiere­n für Haidar A. also mehr als 20 Jahre Haft, die er wohl komplett absitzen muss. Möglich, dass er aufgrund des jetzigen Prozesses in Regensburg das Gefängnis sogar nie mehr verlässt. Wie die Bild berichtete, steht für den 30-Jährigen Sicherungs­verwahrung im Raum, was bedeutete, dass er nach der verbüßten Haftstrafe erst wieder freikäme, wenn ihn Gutachter ihn nicht mehr für gefährlich halten. Laut Anklage wollte sich der Angeklagte an einem Justizbeam­ten rächen, spuckte ihm ins Auge und stach mit einem Schlüssel für den Haftraum in Richtung des Kopfes und Halses des Mannes. Der Wärter erlitt eine sechs Zentimeter lange Wunde am Hals und war wochenlang arbeitsunf­ähig. Neben Haidar A. sind drei weitere Inhaftiert­e angeklagt, alle wegen Gefangenen­meuterei und weiterer Delikte. Eine Abschiebun­g des 30-Jährigen ist offenbar schwierig bis unmöglich, da er angibt, Palästinen­ser zu sein, keinen Ausweis besitzt und de facto quasi staatenlos ist.

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