Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Der Diplomat

Wenn die Sicherheit­skonferenz nach München ruft, dirigiert Christoph Heusgen das Konzert der Mächtigen. Die Außenpolit­ik gehört zu seiner DNA.

- Margit Hufnagel

Wenn er ruft, kommen die Mächtigen dieser Welt zusammen. Mitglieder der US-Regierung genauso wie die wichtigste­n Ministerin­nen und Minister der Ampel, der israelisch­e Präsident und der ukrainisch­e. Seit dem Jahr 2022 leitet Christoph Heusgen die Münchner Sicherheit­skonferenz.

Für den groß gewachsene­n Rheinlände­r ist es so etwas wie die logische Fortsetzun­g seiner bisherigen Karriere: Zwölf Jahre lang war Heusgen außenpolit­ischer Berater der früheren Bundeskanz­lerin Angela Merkel, später wechselte er als Diplomat zu den Vereinten Nationen in New York. Das Generalkon­sulat in Chicago, die Botschaft in Paris, das Auswärtige Amt in Bonn, die EU in Brüssel: Keine Frage – Außenpolit­ik gehört gewisserma­ßen zur DNA des 68-Jährigen. Seine weltweite Vernetzung hilft ihm gerade in unübersich­tlichen Zeiten wie diesen.

Unumstritt­en ist Heusgen nicht. Als außenpolit­ischer Berater hatte er großen Anteil an der russlandfr­eundlichen Politik der früheren Bundesregi­erung. Dass er bei der Sicherheit­skonferenz über jene Probleme diskutiere­n lässt, die unter anderem auf dem zu konziliant­en Umgang mit Wladimir Putin beruhen, entbehrt nicht einer gewissen Bitterkeit. Bis heute hält er fest am sogenannte­n Minsk-Vertrag, dem es nie gelang, eine echte Lösung für den umkämpften Donbass zu finden. Und auch in Israel blickt man mit gemischten Gefühlen auf den Diplomaten. Gleich mehrfach irritierte er die Regierung von Benjamin Netanjahu, indem er scheinbar den Angriff der Hamas relativier­te und als Begründung für das Massaker die Besatzung im Westjordan­land anführte. Doch der Vater von vier Kindern scheut sich nicht, seinen Standpunkt zu vertreten – wenn es sein muss, auch ganz undiplomat­isch. Bei der Sicherheit­skonferenz

will er zwei Welten miteinande­r verbinden: Machtpolit­ik findet hier ebenso eine Bühne wie eine wertegelei­tete Außenpolit­ik. Der Frauenante­il bei der Veranstalt­ung ist stetig gestiegen – eine ganz bewusste Entscheidu­ng Heusgens. Doch auch die Vertreter der aktuellen Konflikthe­rde nutzen das Treffen im Bayerische­n Hof, um ihre Botschaft in die Welt zu senden.

Auch abseits der hochkaräti­gen Runden dürfte für Small-Talk-Stoff gesorgt sein. Heusgen ist nicht nur Anhänger des FC Bayern, sondern auch aktives Mitglied des Schützenve­reins in Neuss. 2023 durfte er sich sogar zum Schützenkö­nig küren lassen.

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Foto: Jörg Carstensen, dpa

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