Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Zum Glück konnte Oma helfen

Zwei Jahre ist es her, dass Russland sein Nachbarlan­d Ukraine angegriffe­n hat. Olexanders Leben hat sich seitdem sehr verändert. Nach der Flucht lebt der 13-Jährige jetzt bei seiner Oma.

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Früher lebte der Junge Olexander mit seiner Familie in Mariupol in der Ukraine. Vor rund zwei Jahren aber wurde das Land von Russland angegriffe­n. Seitdem herrscht dort Krieg. Für den 13-Jährigen hat sich das Leben seitdem stark verändert. Er hat in der Zeit viel erlebt. Davon hat der Junge Reportern bei einem Treffen in der Stadt Kiew erzählt.

In den ersten Tagen des Krieges versteckte­n sich Olexander und seine Mutter im Keller ihres Hauses. Anfangs hatten sie noch Kontakt zu Oma Ljudmyla. Die wohnt Hunderte von Kilometer entfernt. Bald aber gab es keinen Strom mehr in Mariupol, Telefon und Internet funktionie­rten nicht mehr. Die Familie musste fliehen und verlor den Kontakt zur Oma.

Auf der Flucht wurde Olexander am Auge verletzt und kam alleine in ein Krankenhau­s. Kurze Zeit später erreichte Oma Ljudmyla ein Anruf: Es war ihr Enkel Olexander. „Oma, hol mich hier ab“, hat Olexander damals gesagt. Inzwischen war er in einem Krankenhau­s in Donezk. Die ukrainisch­e Stadt liegt in einem von Russland kontrollie­rten Gebiet und ist weit weg von seinem eigentlich­en Zuhause.

Oma Ljudmyla machte sich auf den Weg, ihren Enkel zurückzuho­len. Olexander konnte es gar nicht abwarten, bis seine Oma endlich da war. Denn Donezk wurde ständig beschossen. „Ich habe auf die Oma an der einen Haltestell­e gewartet, aber sie ist an einer anderen ausgestieg­en“, erzählt Olexander. Dann rief das Krankenhau­s an und sagte, seine Oma sei bereits da. Olexander rannte zurück: „Ich habe sie einfach nur umarmt und

nichts gesagt“, erinnert er sich. Oma Ljudmyla und Olexander übernachte­ten zunächst zusammen in einem Hotel in Donezk. Sie hatten Glück, denn: „Einen Tag nach der Abreise wurde das Hotel getroffen und komplett zerstört“, sagt Darja Kasjanowa von SOS Kinderdörf­er weltweit. Die Hilfsorgan­isation hatte Oma Ludmyla auf ihrem Weg unterstütz­t.

Mittlerwei­le lebt Olexander bei seiner Oma in einem Teil der

Ukraine, der nicht von russischen Truppen besetzt ist. Am Anfang fiel es ihm sehr schwer, sich wieder an das Leben in dem friedliche­n Ort zu gewöhnen. „Immer wenn es Donner gab, habe ich mich sehr erschrocke­n“, sagt der Junge. Inzwischen geht er aber wieder zur Schule. „Ich bin in der achten Klasse und habe eine Menge Freunde“, erzählt er. Im Winter machten sie oft Schneeball­schlachten. Sein großer Traum ist, dass der Krieg endet. „Und dass meine Mama gefunden wird.“Bis heute weiß die Familie nicht, wo Olexanders Mutter ist.

Eine ähnliche Geschichte wie Olexander haben auch viele andere ukrainisch­e Kinder erlebt. Tausende wurden nach Russland oder in besetzte Gebiete verschlepp­t. In Russland sollen sie neue Familien finden. Die russische Regierung sagt, sie wolle den Kindern helfen und sie vor dem Krieg schützen. Hunderte Kinder sollen mittlerwei­le zu ihren richtigen Familien zurückgeke­hrt sein, so wie Olexander. Er hat sogar vor einem speziellen Gericht für Kriegsverb­rechen von seinem Fall erzählt. (Andreas Stein, dpa)

 ?? Foto: Alea Horst/SOS Kinderdörf­er weltweit, dpa ?? Oma Ljudmyla hat Olexander zu sich nach Hause geholt. Denn da ist es deutlich sicherer für den Jungen.
Foto: Alea Horst/SOS Kinderdörf­er weltweit, dpa Oma Ljudmyla hat Olexander zu sich nach Hause geholt. Denn da ist es deutlich sicherer für den Jungen.

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