Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Ist KI der kompetentere Kollege?
Künstliche Intelligenz erleichtert Unternehmen die Arbeit mit Bildern und Texten. Noch sei die Technik ausbaufähig, erzählen Verantwortliche aus dem Landkreis Augsburg.
„Die künstliche Intelligenz wird kommen, die können wir nicht vermeiden“, sagt Bernd Siegmund, Geschäftsführer der Firma Siegmund in Oberottmarshausen. KI wird vermehrt in Geräte und Programme integriert, die in Unternehmen eingesetzt werden. Siegmund und die Wertachklinik in Schwabmünchen gewähren Einblicke in ihre Erfahrungen mit der Technik.
Beispiel Wertachklinik: In einem kleinen Raum steht ein Schreibtisch, voll mit Computerbildschirmen zur Sichtung der Röntgenaufnahmen. Ein Fenster ermöglicht den Blick auf den Patiententisch des Computertomografen im Nebenraum, damit die Türe während des Röntgens geschlossen bleiben kann. Das Büro des Leiters der Radiologie, Dr. Egbert Knöpfle, befindet sich ein paar Türen weiter. Das CT-Gerät der Wertachklinik in Schwabmünchen ist mit einem KI-gestützten Bildverarbeitungsprogramm ausgestattet. „Das nimmt im Wesentlichen das Rauschen“, sagt Knöpfle über dessen Funktion.
Um den Zusammenhang zwischen Bildqualität und Dosierung der Röntgenstrahlen zu veranschaulichen, erklärt Knöpfle: „Wenn Sie im Dunkeln ein Handyfoto machen, ist es entweder grieselig oder unscharf und was müssen Sie machen? Mehr Licht – bei uns ist es die Dosis“. Um Patienten keinem zu hohen Maß an gesundheitsschädigender Strahlung auszusetzen, überarbeitet das Programm die Auflösung der CT-Bilder. Ein Bild setzt sich aus den Daten eines wenige Millimeter dicken, waagrechten Körperabschnittes zusammen, der um 360 Grad geröntgt wurde. Folglich werden keine ganzen Körperteile geröntgt, sondern nur einzelne Schichten. Eine schlechte Bildqualität kann durch das Programm verbessert werden.
„Eine Optimierung ist wahnsinnig schwierig, Sie wissen gar nicht, was im Hintergrund passiert“erinnert sich Knöpfle an die Einarbeitung in das neue Gerät vor fast zwei Jahren. Zu diesem Zeitpunkt war es einer der ersten KI-gestützten Computertomografen in Deutschland. Aktuell müssten es laut Knöpfle knapp ein Dutzend sein. Er kooperiert mit dem Hersteller und erklärt: „Ich teste, welche Berechnungsmodi am besten sind für die Untersuchungen.“Diese Erkenntnisse werden vom Hersteller übernommen, damit die Umstellung auf das Gerät für Radiologen
zukünftig einfacher wird. Künstliche Intelligenz könne in ferner Zukunft qualitative Bilder erstellen und benennen, um welchen Befund es sich hierbei höchstwahrscheinlich handelt. Diese Entwicklung wirft laut Knöpfle eine entscheidende Frage auf: „Kann die künstliche Intelligenz auf die gesamte Patientenakte zugreifen oder greift sie nur auf das zu, was ich ihr sage.“Gibt der Mensch die Kontrolle an die KI ab oder wird er sie behalten?
Ortswechsel: Das Bürogebäude von Siegmund bietet geräumige und lichtdurchflutete Arbeitsplätze. Der Plan der Geschäftsleitung ist, zukünftig in allen Bereichen künstliche Intelligenz zu nutzen. Zur Entlastung und als Kontrollinstanz. Dafür wird in jeder Abteilung ein freiwilliger Mitarbeiter beauftragt, sich mit den Einsatzmöglichkeiten auseinanderzusetzen, um seine Kollegen anschließend einarbeiten zu können. Einer davon ist 3D-Artist Jonas Färber aus der Marketingabteilung.
Färber hat einen Film über das Unternehmen erstellt, eine Mischung aus Videoschnipsel und einem animierten Roboter als Erzähler. Dafür hat er ChatGPT, einem KI-basierten Chatprogramm, drei Grundfragen über das Unternehmen gestellt. „Dadurch bekommt man erste Ansätze von der KI, aber man muss schon immer nacharbeiten“, erklärt er. Den überarbeiteten Text gibt er in einen KISprachgenerator ein, der den Text vertont. Das Video wurde abschließend von einem KI-Programm überarbeitet, das Zwinkern und Lippenbewegung des Roboters zur Sprache synchronisiert. „KI ist immer so ein bisschen verschwommen“, kritisiert er die Bildqualität, die bei einer händischen Retusche pixelgenau umsetzbar wäre.
Zukünftig werde KI den Menschen nicht ersetzen können, davon ist Siegmund-Programmierer Fabio Steinberger überzeugt. Im Büroalltag gibt es oft Kundenkontakt. „Wenn ein Kunde anruft und sauer ist“, nennt Steinberger als Beispiel, „versteht die KI das einfach nicht.“
Die LEW-Gruppe setzt bereits an verschiedenen Stellen Technologien und Methoden ein, bei denen KI zum Einsatz kommt – etwa bei der Smartifizierung des Stromnetzes oder bei Wasserkraftwerken. So konzentriere sich ein Projekt
auf die Entwicklung eines Prognosemodells, das mithilfe von KI-Verfahren die Durchfluss- und Leistungsvorhersage von Wasserkraftwerken verbessert, erklärt LEW-Pressesprecher Ingo Butters. Damit sollen Effizienz und Wirtschaftlichkeit erhöht werden und somit ein zusätzlicher Beitrag zur nachhaltigen Energieerzeugung. In Schulungen werde den Mitarbeitenden das Know-how im Umgang mit KI-basierten Methoden und Werkzeugen vermittelt.
Der Einsatz von KI variiert je nach Unternehmen. Bei Amazon am Standort Graben werden laut Pressesprecher Michael Schneider Hunderte von KI-gesteuerten Transportrobotern eingesetzt, welche den Mitarbeitenden Laufwege abnehmen. Bei Topstar in Langenneufnach kommt laut ITLeiter Markus Mertel ein KI-gestütztes Warenwirtschaftsprogramm zum Einsatz. Der Mutterkonzern, der von Ritter GmbH in Schwabmünchen, Avantor, hat eine neue Abteilung gegründet. „Der Konzern möchte sich da weiterentwickeln, ist da gerade in der Startphase“, sagt InfrastrukturAdministrator Alfred Mekker. Geschäftsführer Niko Stammel von Schöffel sieht im Einzelhandel bis jetzt noch keine Einsatzmöglichkeiten von KI.
Amazon setzt KI-gesteuerte Transportroboter ein.