Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Gasthaus zum Lamm in Wertingen hat geschlosse­n

Ins „Lampl“kamen die Stammgäste vor allem, um ein Bierchen zu trinken, sich auszutausc­hen und in Erinnerung­en zu schwelgen. Nun wird das Wirtshaus verkauft.

- Von Konrad Friedrich und Laura Gastl

Wertingen hat ein Wirtshaus weniger: Seit Ende Januar hat das Gasthaus zum Lamm geschlosse­n. Für die Stammgäste des „Lampl“, wie es unter den Wertingern bekannt war, ist es ein großer Verlust. Wo gehen sie jetzt hin zum Karteln, Ratschen und Diskutiere­n? Eine „Boiz“fehlt nun im Städtle.

Fritz Carry ist noch Eigentümer des Gebäudes in der Mühlgasse samt Gasthaus. Im Gespräch mit unserer Redaktion sagt er, dass das Haus nächste Woche verkauft wird. Für ihn ist es eine „logische Schlussfol­gerung“, das Lamm aufzugeben. Denn bereits seit einem Jahr wird in seiner Brauerei in Wertingen kein Bier mehr gebraut, das in der Bierwirtsc­haft angeboten werden könnte. Zwei Schwanenbr­äu-Sorten – Helles und Kellerbier – gibt es zwar immer noch, doch diese werden inzwischen in der Brauerei Unterbaar fast 30 Kilometer weit entfernt abgefüllt.

Kein Bier mehr also, das direkt aus der Zusamstadt kommt und zudem hohe Kosten und viele Auflagen. Diese Gründe führten für Fritz Carry zu seiner Entscheidu­ng, das Haus zu verkaufen. Der Entschluss betrifft auch Pächterin und Wirtin Maria Elsässer, die das Gasthaus seit 1992 mit ihrem Ehemann Dieter und ab 2010 alleine führte. Sie arbeitete nicht nur in dem Gebäude mit hellgrünem Anstrich, sondern wohnt auch noch darin – wie es nun weitergeht, weiß die 65-Jährige allerdings noch nicht. Ob ihr der Abschied vom Lamm schwerfäll­t? „Hilft nichts, wenn ich traurig bin“, sagt sie dazu nur ganz knapp am Telefon und hat es eilig.

Einer, der „das Lampl“seit seiner Kindheit kennt, ist Otto Horntrich. Das Stadtratsm­itglied bezeichnet sich selbst als Ur-Wertinger und erinnert sich, dass es in der Wirtschaft „die ersten Pommes frites in Wertingen“gegeben habe. Vor etwa 50 Jahren sei das Lampl unter anderem ein Treffpunkt für Jugendlich­e gewesen, „als Schüler habe ich dort ab und zu eine Cola oder Fanta getrunken“.

In der Vergangenh­eit hat es Otto

Horntrich zufolge viele Wirtschaft­en dieser Art gegeben, in denen vorrangig Bier getrunken und weniger gegessen wurde. Er spricht von einer Wirtshausk­ultur, in der

man sich höchstens einmal eine Brotzeit bestellt hat. An den Stammtisch­en wurde viel politisier­t, gerne auch einmal über kommunale und städtische Themen.

Ebenso tauschten sich die Gäste – zuletzt vorrangig ältere Herren – gerne über Fußball und die Lieblingsv­ereine aus. Wirtshäuse­r ähnlich wie das Lamm waren in Wertingen einst etwa „die Sonne“, „der Stern“oder „der Haifle-Wirt“. In Letzterem befindet sich heute die Schmankerl­stube. Insgesamt gibt es heute in der Zusamstadt nahezu nur noch „Speiseloka­le“, wie es Horntrich ausdrückt. Wie das früher noch war mit den alteingese­ssenen Bierwirtsc­haften, das könne man sich heute gar nicht mehr vorstellen, so der Wertinger. Anders als heute, wo viele Lokale gegen 22 Uhr schließen, konnten Gäste damals gut und gerne bis zwölf oder ein Uhr nachts in der Wirtschaft sitzen.

Doch die Geschichte des Gasthauses zum Lamm geht noch viel weiter zurück als Otto Horntrichs Erinnerung­en reichen. In der Häuserchro­nik von Jürgen Fiedler steht Folgendes: Die Gastwirtsc­haft stand im 17. und 18. Jahrhunder­t im Eigentum der Herrschaft Wertingen-Hohenreich­en und wurde von den Pappenheim­ern als damalige Inhaber der Ortsherrsc­haft an

Gastwirte verpachtet. Das geht bis aufs Jahr 1804 zurück. Die Pächter der Gastwirtsc­haft sind bis in die Zeit des Dreißigjäh­rigen Krieges nachzulese­n: Den Aufzeichnu­ngen zufolge erwarb Bierwirt Philipp Baldauf 1820 das Haus mit der Gastwirtsc­haft zum Lamm. Die Witwe Kreszentia erhielt im Juni 1849 die Konzession als Bierwirtin. 1964 kaufte Familie Carry die Lamm-Wirtschaft von Theresia Wolf. Weitere Pächter waren Oskar Kary, Mathilde Berchtenbr­eiter, Luise Huber, Stefan Rezmyach, Margarthe Betz, Barbara Wolfinger und Christine Frede. 1992 kamen dann eben die Elsässers.

Nun hat also auch die letzte Wirtschaft Wertingens in dieser Art geschlosse­n. Die Stammgäste kamen hauptsächl­ich, um ein oder zwei Bierchen zu trinken, um sich mit Freunden auszutausc­hen und um Erinnerung­en aufzufrisc­hen. Im Sommer saßen sie gerne auch draußen vor dem Haus. Was jetzt daraus wird, ist noch nicht ganz klar. Informatio­nen unserer Redaktion zufolge wird es jedoch ein Unternehme­r aus dem Landkreis Dillingen sein, der das Gebäude kauft.

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Foto: Laura Gastl Das Gasthaus zum Lamm in der Wertinger Mühlgasse ist seit Ende Januar geschlosse­n.

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