Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Dorsch will sich seinen Platz zurückerob­ern

Der Mittelfeld­spieler ist derzeit unzufriede­n mit seinen Einsatzzei­ten beim FC Augsburg. Das lag auch an einer Verletzung. Doch jetzt ist der 26-Jährige bereit für den Konkurrenz­kampf.

- Von Marco Scheinhof

Niklas Dorsch setzt sich an den Pokertisch. Es ist schon recht spät geworden bei der Casino-Night des FC Augsburg. Um 21.30 Uhr ist Dorsch an der Reihe. Der 26-Jährige greift sich die Karten, wirkt selbstbewu­sst. Zu Recht? Nicht unbedingt, wie die nächsten Minuten zeigen. Dorsch bleibt zwar länger im Spiel, die Finalrunde aber erreicht er nicht. Kein Glück im Spiel also. Dafür endlich wieder auf dem Fußballpla­tz?

Dorschs Karriere ist ein stetes Auf und Ab. Immer wieder werfen ihn Verletzung­en zurück. Schlüsselb­ein gebrochen, mehrfach den Mittelfuß, Dorsch musste schon häufiger aussetzen. Zuletzt fehlte er wegen einer Schambeine­ntzündung knapp drei Wochen. Dorsch aber hat sich immer wieder zurück gekämpft. So auch jetzt wieder. Er stand bereits wieder zweimal im Kader, bekam aber keine Spielzeit. Dennoch sagt er am Dienstagab­end: „Ich bin zufrieden, wie es sich entwickelt hat.“Zumindest mit der Genesung.

Zwischenze­itlich war er unruhig geworden. Weil er nicht genau wusste, wo die körperlich­en Probleme herkamen. Schon nach dem Spiel in Heidenheim, dem ersten unter Jess Thorup, hatten die Beschwerde­n Ende Oktober begonnen. Im Rückenbere­ich und der Hüfte hatte er Schmerzen. Dorsch nahm Tabletten, um überhaupt trainieren und spielen zu können. Besser wurde es nicht. Er ging zu verschiede­nen Ärzten, bis endlich die Diagnose am Anfang dieses Jahres feststand: Schambeine­ntzündung. Eine langwierig­e Problemati­k. Mittlerwei­le hat er einen Arzt gefunden, der ihm helfen kann. „Wir haben einen guten Plan entwickelt, ich fühle mich Tag für Tag besser“, sagt Dorsch. Wichtig für ihn: Die in die Adduktoren ausstrahle­nden Schmerzen werden eingedämmt.

Seit zwei Wochen kann Dorsch wieder mit voller Intensität trainieren. Er sieht sich bereit für Einsätze.

Trainer Jess Thorup war zuletzt noch anderer Meinung. Der Däne vertraute im Mittelfeld auf andere Akteure, vor allem auf den erst kurzfristi­g verpflicht­eten Kristijan Jakic. Der Kroate ist Dorschs Hauptkonku­rrent. Dorsch aber sagt: „Ich bin bereit zu spielen und habe das Signal auch dem Trainer gegeben.“

Der Austausch mit dem Dänen sei nach wie vor gut. Die beiden kannten sich bereits aus einer kurzen gemeinsame­n Zeit in Belgien. Thorup hatte Dorsch damals geholt, er setzte ihn auf der etwas offensiver­en Position im zentralen Mittelfeld ein. Beim FCA hat Dorsch in der Mehrzahl der Spiele

auf der sechs agiert. „Dort fühle ich mich am wohlsten“, sagt der 26-Jährige, der aber auch betont, dass ihm das derzeitige taktische System mit vier zentralen Positionen im Mittelfeld entgegenko­mme. Weil er flexibel sei. „Ich habe Vertrauen in den Trainer, dass er die richtige Entscheidu­ng trifft“, sagt Dorsch. Er habe die Chance, sich jeden Tag im Training für Einsätze am Wochenende anzubieten. „Wenn es am Ende der Woche nicht reicht, wird es seinen Grund haben“, sagt er. Dass er zuletzt keine Einsatzzei­t bekommen habe, „zeigt mir, dass ich im Training vielleicht nicht genug gezeigt habe“. Dorsch sucht die Gründe für wenig Spielzeit zunächst bei sich selbst. Er weiß aber auch, dass die Konkurrenz beim FCA mittlerwei­le groß ist. „Wenn man sich verstärkt, ist das ein Signal, dass vorher nicht alles so gelaufen ist, wie man es sich gewünscht hat. Da muss auch ich mich hinterfrag­en, ob ich irgendwas hätte besser machen können“, sagt er.

Dorsch ist ehrgeizig, er will sich seinen Platz zurückhole­n. Auch deshalb habe er schon frühzeitig wieder mit dem Training begonnen, obwohl er noch Schmerzen hatte. „Ich wollte zeigen, dass ich wieder da bin“, sagt er. Und: „Ich habe wie jeder Spieler den Anspruch, zu spielen. Ich habe oft solide Leistungen gebracht, der Konkurrenz­kampf ist erhöht, ich bin bereit dafür.“Womöglich wird er bereits am Sonntag (19.30 Uhr) gegen den SC Freiburg gebraucht, sollte Jakic den gesperrten Jeffrey Gouweleeuw in der Innenverte­idigung ersetzen.

Die schwache Partie in Mainz erlebte er 90 Minuten lang von außen mit. Für ihn sei es schwer, zuschauen zu müssen. Gerade in Partien, in denen er das Gefühl hat, helfen zu können. „Mit der Leistung können wir nicht einverstan­den sein“, sagt Dorsch. „Wenn ein starker Gegner nach Augsburg kommt, sind wir von der ersten Sekunde an hellwach und bereit, über Grenzen zu gehen. Gegen Gegner auf Augenhöhe haben wir es zuletzt nicht geschafft, unser Potenzial auszuschöp­fen“, sagt er. Das sei ein Problem, seit er in Augsburg ist. Auch deshalb gelinge es nicht, sich im Mittelfeld festzusetz­en. Stattdesse­n schmilzt der Vorsprung nach unten. „Wir sollten schon gewarnt sein. Wir haben jetzt aber ein anderes Gefühl und eine andere Stimmung“, erklärt der 26-Jährige.

Aber noch immer Schwierigk­eiten, wenn es um die Spielgesta­ltung geht. „Wir haben Probleme gegen Mannschaft­en auf Augenhöhe, die uns den Ball geben. Wir müssen die richtige Mischung aus eigenem Ballbesitz und der Arbeit gegen den Ball finden“, sagt Dorsch. Der 26-Jährige hat noch einen Vertrag bis Juni 2026. Zufrieden ist er momentan mit seinen Einsatzzei­ten nicht. Ist also ein früherer Abschied denkbar? „Kein Spieler ist zufrieden, wenn er auf der Bank sitzt. Für mich ist wichtig, dass ich alles versucht habe. Wenn das der Fall ist und ich trotzdem nicht spiele, wird das seine Berechtigu­ng haben“, sagt er. Dann müsse man in die offene Kommunikat­ion gehen. Womöglich sind die Ansichten zu unterschie­dlich, womöglich könnte eine Trennung helfen. So weit aber ist es längst nicht. Sein Vertrauen in Jess Thorup sei nach wie vor groß, betont Dorsch.

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Foto: Christian Kolbert Niklas Dorsch hat sich bei der Casino-Night am Pokertisch versucht.

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