Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Hula Hoop auch noch mit 82 Jahren
Der Schauspieler Jochen Buss zeigt in der ausverkauften Neusässer Stadthalle das Stück „Weiße Turnschuhe“. Die Rolle ist ihm auf den Leib geschrieben.
Die Rolle ist dem 82-jährigen Jochen Busse auf den Leib geschrieben. Er spielt den alten, aber sehr beweglichen Günther: 75 Jahre alt und kerngesund. Vier Ehen hat er hinter sich, die Partnerinnen wie auch sein Hund sind alle auf dubiose Weise gestorben. „Keine Zigaretten, keinen Alkohol und gelegentlich eine attraktive Frau“, rät Günther seinem jungen Nachbarn Max (Florian Odendahl), wenn sie vom Joggen zurückkommen. Immer dieselbe Frau findet Günther einfach ermüdend und schwingt dabei lässig mit einem Hula-Hoop die Hüften. Dafür gab es vom bewundernden Publikum in der ausverkauften Stadthalle Neusäß reichlich Szenenapplaus.
Umgeben von allerlei Trimmgeräten, einem Boxsack und einem Kühlschrank voller EnergyDrinks, ja sogar einem Schwebebalken lebt der rüstige Senior in seiner Muckibude im fünften Stock (vom Nachbarn „Matterhorn“genannt) ohne Aufzug jedoch mit einem Regal mit drei Paar weißer Turnschuhe.
Doch gerade das ist das Problem für seinen Sohn Kai (Claus ThullEmden), der vor dem finanziellen Ruin steht, weil er das Familienunternehmen
an die Wand gefahren hat. Aber Kai hat dafür natürlich eine Lösung parat: Er hat für Günther Pflegestufe vier beantragt. Ehe Günther widersprechen kann, steht die Prüferin Sylvia (herrlich resolut: Simone Pfennig) von der Krankenkasse vor der Tür. Und Günther nimmt notgedrungen die Herausforderung an. Dabei hat er allergrößte Probleme, vom fitten Oldie zum siechenden, schwerhörigen Kranken zu mutieren. Und Max, sein Nachbar, kapiert erst einmal gar nichts von dem, was abgeht.
Als Jochen Busse für einen Augenblick alleine ist, setzte er sich an den Bühnenrand und erklärt dem Publikum: „In eigener Sache: Sie glauben gar nicht, wie anstrengend diese Rolle ist.“
Wie Busse mit Schlabberlatz den eingebildeten Kranken spielt, ist schon arg komisch bei einem eigentlich ernst zu nehmenden Thema. Überhaupt gibt es in diesem Theaterstück von René Heinersdorff, das gespickt ist mit Situationskomik und komischen Dialogen, viel zu lachen. Mit viel Tempo und Wortwitz hat das muntere Quartett, das bestens aufeinander eingespielt ist, das bunt gemischte Publikum ausgezeichnet unterhalten. Bis zum Ende. Doch das wird nicht verraten.