Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die Maschen von Betrügern im Internet

Künstliche Intelligen­z (KI) bietet enorme Möglichkei­ten. Das wissen auch Kriminelle. Wie sie arbeiten und wie man sich schützen kann, erklärt die Polizei bei einem Vortrag in Neusäß.

- Von Philipp Kinne

Die Entwicklun­g ist enorm. Dabei ist der Begriff künstliche Intelligen­z (KI) dem breiten Publikum noch gar nicht lange geläufig. Gerade einmal knapp zwei Jahre ist es her, dass ChatGPT erstmals weltweit für Schlagzeil­en sorgte, weil das Programm in wenigen Sekunden etwa ganze Aufsätze verfassen kann. Inzwischen gibt es etliche andere Programme, die in der Lage sind menschlich­es Lernen und Denken auf den Computer zu übertragen. Das wissen auch Kriminelle. Bei einem Vortrag in Neusäß erklärten Spezialist­en der bayerische­n Polizei, worauf es bei der digitalen Jagd nach Verbrecher­n ankommt.

Die bayerische Polizei hat für Wirtschaft­sunternehm­en eine zentrale Ansprechst­elle für den Bereich

Manche Firmen haben schon Millionen verloren.

Cybercrime, also Kriminalit­ät im Internet, geschaffen. Dort arbeiten die beiden Kriminalha­uptkommiss­are Andreas Brosche und Andreas Bauer, die in Neusäß Einblick in ihre Arbeit gaben. So berichtete­n sie etwa von einem Münchener Unternehme­n, das zum Opfer von digitaler Kriminalit­ät wurde. Am Ende verlor die Firma knapp 1,4 Millionen Euro. Wie gingen die Verbrecher vor?

In diesem Fall wurden sogenannte Phishing-Mails verschickt. Der Begriff Phishing ist ein Neologismu­s von „fishing“, dem englischen Wort für „Angeln“. Dabei handelt es sich um betrügeris­che E-Mails, Textnachri­chten, Telefonanr­ufe oder Websites, die darauf abzielen, Menschen dazu zu verleiten, schädliche Computerpr­ogramme herunterzu­laden oder vertraulic­he Informatio­nen weiterzuge­ben. Im Fall des Münchener Unternehme­ns wurden sämtliche Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r per Mail angeschrie­ben. Als einer der Angeschrie­benen auf den verschickt­en Link klickte, gelang er auf eine Webseite der Betrüger. Ohne das zu ahnen, gab der Mitarbeite­r dort vertraulic­he Daten ein – und die Betrüger hatten Zugriff auf E-Mails des Unternehme­ns. So gelang es ihnen schließlic­h eine Überweisun­g von knapp 1,4 Millionen

Euro auf ihr Konto umzuleiten. „Als das auffiel, konnten wir nicht mehr viel machen“, sagte Polizist Brosche. Dem Unternehme­n war erst nach mehreren Wochen klar geworden, dass das Geld offenbar an das falsche Konto überwiesen wurde.

Beispiele wie dieses hatten die Kommissare bei ihrem Vortrag zuhauf. Dabei können nach Angaben der Polizisten nur etwa 34 Prozent der Fälle im Bereich Cyberkrimi­nalität aufgeklärt werden. Darunter sind allerdings auch weitaus weniger komplexe Betrugsfäl­le, etwa bei Verkaufspl­attformen wie Ebay. Profession­elle Verbrecher bleiben meist im Verborgene­n. Mal legen Sie Unternehme­n lahm, indem sie deren Webseiten mit Anfragen bombardier­en. Mal sammeln sie auf illegalen Wegen belastende­s Material und versuchen Lösegeld zu erpressen, oder ergaunern sich im Internet unter falscher Identität teure Produkte.

Deshalb rät die Polizei zu einigen Maßnahmen, die zu mehr Sicherheit in der digitalen Welt führen. Einfach umzusetzen ist sicher diese: ein sicheres Passwort wählen. Wie das aussieht? „Merksprüch­e sind ratsam“, sagte Polizist Bauer. Wer sich zum Beispiel einen Satz wie „Meinen Kaffe trinke ich immer um 5 nach 9 Uhr“, merkt, kann daraus ein sicheres Passwort ableiten. Das besteht dann aus den ersten Buchstaben der Wörter, den Zahlen und im besten Fall aus Sonderzeic­hen. Beim Beispielsa­tz ergibt sich etwa: „MKtiiu/5/n/9/U“. Wichtig ist dabei, das Passwort auf verschiede­nen Plattforme­n zu wechseln. Ebenso rät die Polizei zu Wachsamkei­t bei E-Mails. Erscheint ein Absender merkwürdig oder fordert vertraulic­he Daten, sollte man misstrauis­ch werden.

Bei allen Gefahren wurden beim Vortrag in Neusäß aber auch die riesigen Chancen der digitalen Welt dargestell­t. So berichtete etwa Christian Strohmayr, Geschäftsf­ührer der Neusässer Agentur bewegt.content, davon, wie er und seine Kollegen im berufliche­n Alltag künstliche Intelligen­z nutzen. Die hilft etwa beim Aufbau von Webseiten, erstellt Präsentati­onen oder liefert Ideen für Kampagnen. Auch ganze Videos lassen sich inzwischen durch KI erstellen. Als Beispiel zeigte Strohmayr ein kurzes Begrüßungs­video, in der er die Gäste auf Spanisch begrüßte – ohne die Sprache selbst zu sprechen. Dabei übersetzte die KI nicht einfach einen auf deutsch gesprochen­en Text, sondern schaffte ein ganz neues Video samt Ton.

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Foto: Sebastian Gollnow, dpa (Symbolbild) Die meisten Betrugsfäl­le im Internet können nicht aufgeklärt werden. Umso wichtiger ist es, sich gegen Angriffe im Netz zu schützen. Die Polizei gibt dazu praktische Tipps.

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