Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die Maschen von Betrügern im Internet
Künstliche Intelligenz (KI) bietet enorme Möglichkeiten. Das wissen auch Kriminelle. Wie sie arbeiten und wie man sich schützen kann, erklärt die Polizei bei einem Vortrag in Neusäß.
Die Entwicklung ist enorm. Dabei ist der Begriff künstliche Intelligenz (KI) dem breiten Publikum noch gar nicht lange geläufig. Gerade einmal knapp zwei Jahre ist es her, dass ChatGPT erstmals weltweit für Schlagzeilen sorgte, weil das Programm in wenigen Sekunden etwa ganze Aufsätze verfassen kann. Inzwischen gibt es etliche andere Programme, die in der Lage sind menschliches Lernen und Denken auf den Computer zu übertragen. Das wissen auch Kriminelle. Bei einem Vortrag in Neusäß erklärten Spezialisten der bayerischen Polizei, worauf es bei der digitalen Jagd nach Verbrechern ankommt.
Die bayerische Polizei hat für Wirtschaftsunternehmen eine zentrale Ansprechstelle für den Bereich
Manche Firmen haben schon Millionen verloren.
Cybercrime, also Kriminalität im Internet, geschaffen. Dort arbeiten die beiden Kriminalhauptkommissare Andreas Brosche und Andreas Bauer, die in Neusäß Einblick in ihre Arbeit gaben. So berichteten sie etwa von einem Münchener Unternehmen, das zum Opfer von digitaler Kriminalität wurde. Am Ende verlor die Firma knapp 1,4 Millionen Euro. Wie gingen die Verbrecher vor?
In diesem Fall wurden sogenannte Phishing-Mails verschickt. Der Begriff Phishing ist ein Neologismus von „fishing“, dem englischen Wort für „Angeln“. Dabei handelt es sich um betrügerische E-Mails, Textnachrichten, Telefonanrufe oder Websites, die darauf abzielen, Menschen dazu zu verleiten, schädliche Computerprogramme herunterzuladen oder vertrauliche Informationen weiterzugeben. Im Fall des Münchener Unternehmens wurden sämtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter per Mail angeschrieben. Als einer der Angeschriebenen auf den verschickten Link klickte, gelang er auf eine Webseite der Betrüger. Ohne das zu ahnen, gab der Mitarbeiter dort vertrauliche Daten ein – und die Betrüger hatten Zugriff auf E-Mails des Unternehmens. So gelang es ihnen schließlich eine Überweisung von knapp 1,4 Millionen
Euro auf ihr Konto umzuleiten. „Als das auffiel, konnten wir nicht mehr viel machen“, sagte Polizist Brosche. Dem Unternehmen war erst nach mehreren Wochen klar geworden, dass das Geld offenbar an das falsche Konto überwiesen wurde.
Beispiele wie dieses hatten die Kommissare bei ihrem Vortrag zuhauf. Dabei können nach Angaben der Polizisten nur etwa 34 Prozent der Fälle im Bereich Cyberkriminalität aufgeklärt werden. Darunter sind allerdings auch weitaus weniger komplexe Betrugsfälle, etwa bei Verkaufsplattformen wie Ebay. Professionelle Verbrecher bleiben meist im Verborgenen. Mal legen Sie Unternehmen lahm, indem sie deren Webseiten mit Anfragen bombardieren. Mal sammeln sie auf illegalen Wegen belastendes Material und versuchen Lösegeld zu erpressen, oder ergaunern sich im Internet unter falscher Identität teure Produkte.
Deshalb rät die Polizei zu einigen Maßnahmen, die zu mehr Sicherheit in der digitalen Welt führen. Einfach umzusetzen ist sicher diese: ein sicheres Passwort wählen. Wie das aussieht? „Merksprüche sind ratsam“, sagte Polizist Bauer. Wer sich zum Beispiel einen Satz wie „Meinen Kaffe trinke ich immer um 5 nach 9 Uhr“, merkt, kann daraus ein sicheres Passwort ableiten. Das besteht dann aus den ersten Buchstaben der Wörter, den Zahlen und im besten Fall aus Sonderzeichen. Beim Beispielsatz ergibt sich etwa: „MKtiiu/5/n/9/U“. Wichtig ist dabei, das Passwort auf verschiedenen Plattformen zu wechseln. Ebenso rät die Polizei zu Wachsamkeit bei E-Mails. Erscheint ein Absender merkwürdig oder fordert vertrauliche Daten, sollte man misstrauisch werden.
Bei allen Gefahren wurden beim Vortrag in Neusäß aber auch die riesigen Chancen der digitalen Welt dargestellt. So berichtete etwa Christian Strohmayr, Geschäftsführer der Neusässer Agentur bewegt.content, davon, wie er und seine Kollegen im beruflichen Alltag künstliche Intelligenz nutzen. Die hilft etwa beim Aufbau von Webseiten, erstellt Präsentationen oder liefert Ideen für Kampagnen. Auch ganze Videos lassen sich inzwischen durch KI erstellen. Als Beispiel zeigte Strohmayr ein kurzes Begrüßungsvideo, in der er die Gäste auf Spanisch begrüßte – ohne die Sprache selbst zu sprechen. Dabei übersetzte die KI nicht einfach einen auf deutsch gesprochenen Text, sondern schaffte ein ganz neues Video samt Ton.