Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Was wollen die Gegner des Bahnausbaus?
Eine Neubaustrecke für die Bahnlinie Ulm-Augsburg an der A8 befürworten Josef Stöckle und Heiko Mohr von der Bürgerinitiative Bischt nicht. Mit einer Protestaktion am Samstag in Adelsried beziehen sie Stellung.
Der Bahnausbau zwischen Ulm und Augsburg sorgt immer wieder für hitzige Debatten im Augsburger Land. Zwischen den beiden Städten sollen zwei zusätzliche Gleise für den Fernverkehr zwischen Paris und Bratislava verlegt werden. Das Milliardenprojekt hat Befürworter, Gegner und eine Vielzahl an Meinungen hervorgebracht. Wo soll die Strecke verlaufen? Wie viele Gleise sind nötig, und braucht Zusmarshausen einen Bahnhalt? Auch Heiko Mohr aus Adelsried und Josef Stöckle aus Wollbach befassen sich mit dem Thema. Sie kommen zu dem Schluss, dass gar keine Neubaustrecke gebaut werden sollte. Besser sei es, die Bestandsstrecke optimal zu sanieren, sagen sie. Mit einer öffentlichen Protestaktion am Samstag, 2. März, an der Autobahnkirche in Adelsried wollen sie mit ihrer Bürgerinitiative auf diesen Standpunkt aufmerksam machen. Los geht es um 19 Uhr.
Das Aktionsbündnis Bahn Bürgerinitiativen Deutschland (ABBD) hat für diesen Abend unter dem Motto „Bürgerbahn statt Größenwahn“deutschlandweit zu Mahnfeuern und Mahnwachen aufgerufen. Es geht darum, für eine bessere Bahnpolitik zu demonstrieren. Veranstalter der Aktion in Adelsried sind die Ortsgruppen Adelsried, Wollbach, Streitheim und Horgau von der Bürgerinitiative Schwabentrasse (Bischt) und der Bürgerverein Hirblingen. Bei Einbruch der Dunkelheit soll der Verlauf von zwei Trassenvarianten der Neubaustrecke an der A8 mithilfe von Fackeln ausgeleuchtet werden. Die Organisatoren rechnen mit etwa 150 Teilnehmern. Auch in Limbach und Bubesheim (Kreis Günzburg) und zwischen Straß und Steinheim (Kreis Neu-Ulm) finden am Samstagabend Protestaktionen statt.
Noch steht nicht fest, welche Trasse am Ende gebaut wird. Die Planer der Bahn hatten ursprünglich vier Varianten entwickelt, die auf unterschiedlichen Wegen von Ulm nach Augsburg führen. Weitere Vorschläge kamen hinzu. Untervarianten entstanden. Andere wurden nicht mehr weiterverfolgt.
Das Wichtigste für die Planer: Die Zugfahrt zwischen Ulm und Augsburg muss in 26 Minuten zu schaffen sein. Zudem darf die Steigung der Strecke acht Promille nicht überschreiten, damit auch Güterzüge die Gleise nutzen können.
Doch Heiko Mohr, Sprecher der Bischt-Ortsgruppe Adelsried, und sein Mitstreiter der Wollbacher Ortsgruppe, Josef Stöckle, sind sich einig: Am vernünftigsten sei es ihrer Meinung nach, überhaupt keine Neubaustrecke zwischen Ulm und Augsburg zu bauen. Zuerst müsse man sich auf die Sanierung der Bestandsstrecke konzentrieren. Erst seit Kurzem werde öffentlich thematisiert, wie marode die Bahnstrecken nach Jahren des Sparens heute sind, sagt Heiko Mohr.
Die 160 Jahre alte Bestandsstrecke zwischen Ulm und Augsburg wird nach heutigen Plänen 2030 als Hochleistungskorridor modernisiert: Oberleitungen, Stellwerke, Gleise und Weichen sollen dabei erneuert, der Schallschutz verbessert und die Bahnhöfe barrierefrei ausgebaut werden. Dass außer dieser Kernsanierung der Bestandsstrecke noch der Bau einer Neubaustrecke möglich sei, glaubt Josef Stöckle nicht.
Heiko Mohr erklärt: „Wir sind keine Bahnverweigerer. Nur jetzt eine Neubautrasse an der A8 zu bauen, das bringt uns nichts.“Die Adelsrieder seien mit der A8 schon sehr belastet. Zudem sei der Ort bei der Weiterentwicklung die Fläche betreffend eingeschränkt. Eine Bahnstrecke an der Autobahn verschärfte die Situation. Ein drittes Gleis an der Bestandsstrecke würde Heiko Mohr befürworten. Wenn es darum geht, mehr Kapazitäten auf die Schiene zu bringen, seien beispielsweise Doppelstockzüge eine Idee, sagt Heiko Mohr. Auch eine bessere Taktung der Regionalbahnen liege ihm am Herzen. Die Bahn solle sich auf ihre Tugenden besinnen: Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit, eine regelmäßige Wartung der Züge, all das würde zu mehr Akzeptanz in der Bevölkerung führen.
Josef Stöckle erzählt, dass der geplante Bahnausbau ihm in den vergangenen Jahren schon einiges an Zeit und Engagement abverlangt habe. Heute ist er mit Blick auf die politische und die finanzielle Lage im Land überzeugt: „Diese
Autobahntrasse wird nicht kommen.“Heiko Mohr und Josef Stöckle warnen vor dem Flächenverbrauch und dem CO2-Verbrauch, der beim Bau einer Neubaustrecke entstehe. Wie kann die Verkehrswende also gelingen? Heiko Mohr sagt: „Sie kann nur gelingen, wenn sich die Bahn auf ihre Tugenden konzentriert.“Zudem müsse der öffentliche Nahverkehr ausgebaut werden. Er sollte an einem zentralen Punkt zusammenlaufen, an dem eine Anbindung an den Fernverkehr besteht. Josef Stöckle fügt hinzu, dass jeder sein Verhalten ändern müsse.
Das Projekt befindet sich gerade im Raumordnungsverfahren. Anfang Mai sollen Ergebnisse vorliegen, die Grundlage für die Auswahl einer Vorzugstrasse sind.