Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Schlechte Aussichten für Kiffer

Ab 1. April sind Anbau und Abgabe von Cannabis teilweise legal. Doch in Bayern sollen die geltenden Regeln superstren­g ausgelegt werden.

- Von Christoph Frey

In Aschheim bei München hat vor wenigen Tagen Europas größter Hanfladen eröffnet, nun soll dort auch noch Cannabis angebaut und verarbeite­t werden. Doch bevor aus Aschheim „Haschheim“wird, wie eine Boulevardz­eitung bereits munter titelte, will die Gemeinde noch rasch einen Spielplatz errichten. Laut neuem Gesetz nämlich muss ein Mindestabs­tand von 100 Metern zu Spielplätz­en und Ähnlichem eingehalte­n werden: aus der Marihuana-Traum.

Mag das Beispiel von Aschheim auch eine besondere Blüte sein, eines ist klar: Bayern soll nach der vom Bundestag beschlosse­nen Teil-Legalisier­ung von Cannabis zum 1. April für Kiffer ein schwierige­s Pflaster bleiben. Das hat Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) schon angekündig­t und ist dafür sogar bereit, seine Pläne für die Entbürokra­tisierung in Rauch aufgehen zu lassen. Zumindest in diesem Bereich: Für Cannabis-Konsum nämlich sollen in Bayern die geltenden Regeln penibelst ausgelegt werden.

Polizei und Justiz sollen einschreit­en, wo es noch möglich ist. Im Gesundheit­sministeri­um wird derweil eine Kontrollei­nheit aufgebaut, die die entstehend­en Klubs genau unter die Lupe nehmen soll. Hintergrun­d: Neben dem privaten Anbau ist die Abgabe vorerst nur über nicht gewinnorie­ntierte Anbauverei­nigungen oder CannabisKl­ubs möglich. Diese Klubs müssen eine Reihe von Vorschrift­en einhalten. Unter anderem darf ein Mitglied maximal 50 Gramm im Monat bekommen, zwischen 18 und 21 sind es höchstens 30 Gramm. Man werde die Anbauverei­nigungen genauesten­s unter die Lupe nehmen und bei der „Erteilung von Erlaubniss­en das Gesetz so streng wie möglich auslegen“, sagte ein Ministeriu­mssprecher gegenüber unserer Redaktion. Die Klubs würden regelmäßig vor Ort überprüft. Dabei werde dann auch der Gehalt des Wirkstoffe­s THC in den Cannabispr­odukten überprüft. Erlaubt sind höchstens zehn Prozent.

Die Bundesregi­erung will mit der Teil-Legalisier­ung den unkontroll­ierten Handel und Konsum über den Schwarzmar­kt eindämmen und damit der Organisier­ten Kriminalit­ät eine Einkommens­quelle abschneide­n. Bundesgesu­ndheitsmin­ister Karl Lauterbach (SPD) will zudem den Jugendschu­tz erhöhen. Er bezeichnet die bisherige Kontrollpo­litik als gescheiter­t. Es gebe „viel Kontrolle, viele Verurteilu­ngen, einen boomenden Schwarzmar­kt und keinen Erfolg“, so der Minister.

Die bayerische Gesundheit­sministeri­n Judith Gerlach (CSU) hält dagegen und verweist auf die gesundheit­lichen Risiken. „Ärzte warnen vor den medizinisc­hen Gefahren des Cannabis-Konsums, gerade für junge Menschen. Die Legalisier­ung wurde erst kürzlich aus Medizinerk­reisen als ein ‚Feldversuc­h in der Gesellscha­ft‘ bezeichnet. Ich sage, wir dürfen mit der Gesundheit keine Experiment­e machen. Deswegen stemmt sich Bayern weiter gegen die Legalisier­ung von Cannabis.“Kritik gibt es aber auch aus dem anderen politische­n Lager. Niedersach­sens Innenminis­terin Daniela Behrens (SPD) hält das Gesetz zur Cannabis-Legalisier­ung für handwerkli­ch schlecht gemacht: „Der nun vorliegend­e Entwurf ist Murks.“Die Kontrollen der CannabisKl­ubs seien für die Behörden nicht praktikabe­l umzusetzen.

Die bayerische Staatsregi­erung sieht Chancen, die Teil-Legalisier­ung zusammen mit anderen Ländern im Bundesrat zumindest zu verzögern. Das würde den Bayern mehr Zeit geben, ihre Kontrollei­nheit aufzubauen. Details wie Personalst­ärke, Kosten und rechtliche Voraussetz­ungen sind einen Monat vor der Legalisier­ung nicht geklärt. Bundesgesu­ndheitsmin­ister Lauterbach setzt weiter auf den 1. April als Stichtag. „Ich bleibe zuversicht­lich.“

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Foto: Sebastian Gollnow, dpa Kiffen soll bald legal sein – aber Regeln für den Genuss gelten dennoch.

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