Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Schlechte Aussichten für Kiffer
Ab 1. April sind Anbau und Abgabe von Cannabis teilweise legal. Doch in Bayern sollen die geltenden Regeln superstreng ausgelegt werden.
In Aschheim bei München hat vor wenigen Tagen Europas größter Hanfladen eröffnet, nun soll dort auch noch Cannabis angebaut und verarbeitet werden. Doch bevor aus Aschheim „Haschheim“wird, wie eine Boulevardzeitung bereits munter titelte, will die Gemeinde noch rasch einen Spielplatz errichten. Laut neuem Gesetz nämlich muss ein Mindestabstand von 100 Metern zu Spielplätzen und Ähnlichem eingehalten werden: aus der Marihuana-Traum.
Mag das Beispiel von Aschheim auch eine besondere Blüte sein, eines ist klar: Bayern soll nach der vom Bundestag beschlossenen Teil-Legalisierung von Cannabis zum 1. April für Kiffer ein schwieriges Pflaster bleiben. Das hat Ministerpräsident Markus Söder (CSU) schon angekündigt und ist dafür sogar bereit, seine Pläne für die Entbürokratisierung in Rauch aufgehen zu lassen. Zumindest in diesem Bereich: Für Cannabis-Konsum nämlich sollen in Bayern die geltenden Regeln penibelst ausgelegt werden.
Polizei und Justiz sollen einschreiten, wo es noch möglich ist. Im Gesundheitsministerium wird derweil eine Kontrolleinheit aufgebaut, die die entstehenden Klubs genau unter die Lupe nehmen soll. Hintergrund: Neben dem privaten Anbau ist die Abgabe vorerst nur über nicht gewinnorientierte Anbauvereinigungen oder CannabisKlubs möglich. Diese Klubs müssen eine Reihe von Vorschriften einhalten. Unter anderem darf ein Mitglied maximal 50 Gramm im Monat bekommen, zwischen 18 und 21 sind es höchstens 30 Gramm. Man werde die Anbauvereinigungen genauestens unter die Lupe nehmen und bei der „Erteilung von Erlaubnissen das Gesetz so streng wie möglich auslegen“, sagte ein Ministeriumssprecher gegenüber unserer Redaktion. Die Klubs würden regelmäßig vor Ort überprüft. Dabei werde dann auch der Gehalt des Wirkstoffes THC in den Cannabisprodukten überprüft. Erlaubt sind höchstens zehn Prozent.
Die Bundesregierung will mit der Teil-Legalisierung den unkontrollierten Handel und Konsum über den Schwarzmarkt eindämmen und damit der Organisierten Kriminalität eine Einkommensquelle abschneiden. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will zudem den Jugendschutz erhöhen. Er bezeichnet die bisherige Kontrollpolitik als gescheitert. Es gebe „viel Kontrolle, viele Verurteilungen, einen boomenden Schwarzmarkt und keinen Erfolg“, so der Minister.
Die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) hält dagegen und verweist auf die gesundheitlichen Risiken. „Ärzte warnen vor den medizinischen Gefahren des Cannabis-Konsums, gerade für junge Menschen. Die Legalisierung wurde erst kürzlich aus Medizinerkreisen als ein ‚Feldversuch in der Gesellschaft‘ bezeichnet. Ich sage, wir dürfen mit der Gesundheit keine Experimente machen. Deswegen stemmt sich Bayern weiter gegen die Legalisierung von Cannabis.“Kritik gibt es aber auch aus dem anderen politischen Lager. Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) hält das Gesetz zur Cannabis-Legalisierung für handwerklich schlecht gemacht: „Der nun vorliegende Entwurf ist Murks.“Die Kontrollen der CannabisKlubs seien für die Behörden nicht praktikabel umzusetzen.
Die bayerische Staatsregierung sieht Chancen, die Teil-Legalisierung zusammen mit anderen Ländern im Bundesrat zumindest zu verzögern. Das würde den Bayern mehr Zeit geben, ihre Kontrolleinheit aufzubauen. Details wie Personalstärke, Kosten und rechtliche Voraussetzungen sind einen Monat vor der Legalisierung nicht geklärt. Bundesgesundheitsminister Lauterbach setzt weiter auf den 1. April als Stichtag. „Ich bleibe zuversichtlich.“